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Odo und Lupus 01 - Demetrias Rache

Odo und Lupus 01 - Demetrias Rache

Titel: Odo und Lupus 01 - Demetrias Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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Priester betreiben Zinswucher. Mönche prassen in Wirtshäusern und stellen verheirateten Frauen nach. An den Altären lagern Hunde und mancher geht nur in die Kirche, um dort zu schwatzen und Geschäfte zu machen. Hat unser Herr Jesus Christus nicht die Händler zum Tempel hinaus getrieben? Statt Gottesfurcht, Bildung und Zucht, wie wir es wünschen, finden wir Rohheit und Verwahrlosung. Ohne Hemmungen wird gemordet … aus Rache, aus Eifersucht, aus Gier nach Besitz. Schamlos wird gegen die Natur gesündigt, sogar unter den nächsten Verwandten. Man vergeht sich gegen die Witwen und Waisen und zieht den Ärmsten der Armen das Fell über die Ohren. Das dumme Volk kann sich auch von den heidnischen Bräuchen nicht trennen, es beschwört die Geister der Toten und betet immer noch Felsen, Bäume und Quellen an. Wettermacher und Wahrsager treiben ihr Unwesen. Neulich soll sogar ein Buch vom Himmel gefallen sein, das die haarsträubendsten Irrlehren enthält. Damit muss es ein Ende haben! Wir müssen handeln, meine Herren! Es genügt nicht mehr, mit den Qualen der Hölle zu drohen. Die Übeltäter und Rechtsbeuger kümmern sich nicht um das Jüngste Gericht. Deshalb müssen sie ihre Strafe auf Erden erhalten!“
    So etwa sprach der Herr Karl und ließ einen langen, strengen Blick über unsere Reihen gleiten, als wollte er über uns alle als Mitschuldige den Königsbann verhängen. Aber dann tat er etwas ganz anderes und nun wurde mir endlich klar, warum ich die Ehre hatte, zu dieser Versammlung befohlen zu sein.
    Schon sein Vater, der selige Herr Pippin, fuhr er fort, habe missi dominici ausgesandt. Diese Königsboten, als Kommissare des Herrschers seine Stellvertreter ad hoc oder mit Generalmandat, seien in die Lande des damals noch wesentlich kleineren Reiches gegangen, um dort für Recht und Ordnung zu sorgen. Zu mehreren seien sie immer gereist, gewöhnlich zu zweit, ein Adeliger und ein Mann der Kirche, um die zwei stärksten Säulen zu repräsentieren, auf denen der Staat ruhe. Diese nützliche Einrichtung habe zu Zeiten seines Vorgängers viel dazu beigetragen, die Rechtssicherheit im Reich zu erhöhen, und so sei er entschlossen, sie wieder einzuführen.
    Wir, die wir um ihn versammelt waren, sollten allesamt per verbum nostrum, ex nostri nominis auctoritate in wenigen Tagen, nach einer kurzen juristischen Vorbereitung und einer Eidleistung in der Pfalzkapelle als Königsboten hinaus ins Reich gehen!
    Kannst Du Dir vorstellen, lieber Volbertus, wie mir zumute war? Dass mir der Schweiß ausbrach und das Herz bis zum Halse klopfte? Ich, ein einfacher Diakon, bis dahin nicht mehr als ein Wasserträger des Hofgerichts – und nun Königsbote!
    Natürlich fragte ich mich gleich, wohin und mit wem ich reisen würde. Ich blickte mich vorsichtig um und versuchte, in den Gesichtern zu lesen. In meiner Nähe standen nur königliche Vasallen, aus deren Mienen Selbstbewusstsein und Genugtuung strahlten. Sie schienen das hohe Amt, das ihnen der Herrscher verlieh, als etwas zu nehmen, das ihnen zustand. Ich beneidete sie in diesem Augenblick. Das waren Krieger, kampferprobte Leute, Männer der Tat. Sie brauchten wahrhaftig nicht an sich zu zweifeln. Ich dagegen? Würde ich, ein Federfuchser und Büchermensch, einer solchen Bestimmung gewachsen sein?
    Der König nahm wieder Platz und nun trat der Herr Pfalzgraf mit einer Liste neben den Thronsessel. Er las die Namen derjenigen vor, die gemeinsam in bestimmte Mandatsgebiete, sogenannte missatica , reisen sollten. In der Mehrzahl der Fälle war das schon festgelegt. Es stellte sich auch heraus, dass die meisten der Anwesenden, darunter alle Höhergestellten, vorher Bescheid gewusst hatten, denn sie zeigten auch jetzt keine Verwunderung oder Freude oder Enttäuschung. Einige große Herren hatten sich Mandate im sonnigen Burgund, im lieblichen Aquitanien und in den freundlichen, nahen, bequem erreichbaren Gauen der Alamannen gesichert.
    Einer der jüngeren Königsvasallen, der neben mir stand, ereiferte sich darüber recht unverhohlen.
    „Sie haben den Braten schon zerlegt“, bemerkte er mit bösem Spott, sodass alle ringsum es hören konnten. „Die fettesten Happen fressen sie selber!“
    Diesen Mann muss ich Dir gleich ausführlicher beschreiben, denn er wird in meiner Erzählung die Hauptperson sein. Du ahnst schon warum!
    Stelle ihn Dir hoch gewachsen und schwarzhaarig vor, mit flinken braunen Augen und einer starken, kühn geschwungenen, an der Spitze leicht aufgebogenen

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