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Odo und Lupus 01 - Demetrias Rache

Odo und Lupus 01 - Demetrias Rache

Titel: Odo und Lupus 01 - Demetrias Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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von König Pippin eingesetzter langjähriger Amtsinhaber hatte er manche Neuerung Karls entweder nicht mitbekommen oder stillschweigend ignoriert, um nicht vom Gewohnten abweichen zu müssen. In diesem Fall war er augenscheinlich mit Eifer bemüht, sich unseren Standpunkt zueigen zu machen, wenngleich auch er sich fragte, wie man zu Zeugen kommen sollte. Die Bedenken seiner Schöffen wies er mit einem barschen „Schweigt!“ und dem Hinweis zurück, dass er die durch uns vermittelten Weisungen des Königs auszuführen habe. Dann wandte er sich an die Parteien und die Versammlung, um unseren zu dritt gefassten Beschluss zu verkünden.
    Doch dazu kam es nicht.
    In diesem Augenblick erhob sich Unruhe unter den Leuten, die etwas weiter entfernt standen. Wir hörten, wie jemand aufschrie, dann folgten Rufe der Überraschung. Gleich darauf sahen wir einen Reiter, der in mäßigem Trab zum Tor herein gekommen war und sich in Richtung des Saalhauses bewegte. Auf den ersten Blick war es ein gewöhnlicher Krieger, ein gedrungener Mann in militärischer Aufmachung, mit Helm und Mantel. Er saß allerdings seltsam steif und ein wenig nach hinten geneigt im Sattel. Die Zügel hielt er straff, doch schien er beharrlich zum Himmel zu blicken und seinem Pferd allein die Richtung und das Tempo zu überlassen. Dieses Pferd …
    „Das ist ja Impetus!“, rief Odo.
    Jetzt wurde auch in der Nähe ein Schrei ausgestoßen. Es war Frau Begga, die sich ans Herz griff und dem Reiter ein paar Schritte entgegen wankte. Die knorrigen Alten bekreuzigten sich heftig.
    Hauk stürzte auf die Knie, stieß den Kopf auf den Boden und keuchte: „Er lebt! O Himmel, er ist nicht tot!“
    „Wer ist der Reiter?“, fragte ich den Grafen, der neben mir aufgesprungen war.
    „Es ist Mommo. Ja, es ist Mommo! Aber warum kehrt er zurück? Was ist mit ihm los?“
    Ringsum reckten alle die Hälse. Wir machten uns zum Saalhaus auf, das etwa zweihundert Schritte vom Gerichtsplatz entfernt liegt. Die Rücken vor mir verdeckten den Reiter. Durch eine Lücke sah ich vorn eine Gruppe vom Gesinde, die entsetzt auseinander stob. Eine Frau fiel ohnmächtig um. Männer sprangen erschrocken zur Seite. Andere bildeten eine Gasse. Impetus hatte die Richtung gewechselt und bewegte sich auf das Flüsschen zu.
    War das Mommo, der Zentgraf? Was für ein Anblick! Blaurot war sein rundes, verzerrtes Gesicht, trübe und eingesunken waren die Augen. Der Mann auf dem Pferderücken war tot. Ein Pfeil, der ihn umgebracht hatte, steckte quer im Hals, er war unter dem linken Ohr eingedrungen und unter dem rechten wieder herausgetreten.
    Hatte der Tote vorher nach hinten geneigt gesessen, so fiel er jetzt, da Impetus mit ihm auf der Uferwiese herab kam, leicht vornüber. Aber er hielt sich im Sattel. Die ruckenden Bewegungen des plumpen, steifen Körpers, die farblosen dicken Lippen, hinter denen die Zähne bleckten, waren von einer grausamen Komik. Herr Mommo schien über den Schauder zu lachen, den er uns über den Rücken jagte. So ritt er an uns vorüber, in einer Wolke von Gestank, der uns scharf in die Nasen fuhr.
    Der erste Schreck hatte den meisten die Zunge gelähmt. Jetzt schrie alles durcheinander. Frau Begga presste den Schleier vor das Gesicht und wandte sich ab. Hauk war wieder aufgesprungen und hinkte, das lahme Bein nachziehend, dem Pferd mit dem Leichnam hinterher, zum Fluss hinunter.
    Wie besessen schrie er: „Er ist ja tot! Habt ihr es gesehen? Mein Bruder ist tot! Räubergesindel hat ihn umgebracht!“
    „Man muss das Pferd aufhalten!“, rief Odo, warf die Beine und folgte Impetus.
    „Helft ihm!“, befahl der Graf seinen Leuten.
    Doch es war zu spät. Impetus mochte plötzlich bemerkt haben, dass sein früherer Herr das Reiten verlernt hatte und außerdem merkwürdig roch. Vielleicht waren es auch das Geschrei und das Hin- und Herlaufen, was den Hengst aufregte. Er warf den Kopf zurück, sprang hierhin und dorthin, buckelte und stieg hoch. Der Leichnam auf seinem Rücken machte groteske kleine Hüpfer, wurde vor, zurück und zur Seite geschleudert. Doch ließ er sich nicht abschütteln. Am Sattel und an den Steigbügeln war er mit Riemen festgebunden.
    Schließlich machte Impetus kehrt und galoppierte den Weg zum Saalhaus zurück. Odo warf sich ihm entgegen und es gelang ihm, einen Zügel zu packen. Aber er konnte das wild gewordene Pferd nicht halten, er musste laufen, glitt aus und wurde ein Stück mitgeschleift. Dabei verlor Herr Mommo nun doch den Halt, die

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