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Odo und Lupus 01 - Demetrias Rache

Odo und Lupus 01 - Demetrias Rache

Titel: Odo und Lupus 01 - Demetrias Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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Herr Siegram! Glaubt Ihr, dass sie schon tot war?“
    Der Sänger starrte Odo entgeistert an. Er faltete die Hände über der Brust und bewegte die Lippen, ohne einen Laut hervorzubringen. Auch ich war erschrocken über die Kühnheit dieser Vermutung. Alle hielten den Atem an. Sogar der Wind schien stillzustehen, kein Blatt an der Esche bewegte sich.
    „Ich frage Euch, ob Ihr der Meinung seid, dass sie während Eures Vortrags schon tot war“, drängte Odo. „Äußert Euch doch! Was meint Ihr?“
    „Es wäre möglich …“, stammelte der Sänger. „Aber nein!“, rief er plötzlich. „Wie konnte sie dann …“
    „Nun?“
    „Wie konnte sie mich dann zu Versen angeregt haben? Ihr Haar …, ‚des Abendrots purpurner Schimmer‘. Und in ihren Augen ‚der Ewigkeit stiller Glanz‘ …“
    „,Der Ewigkeit stiller Glanz‘?“, rief Odo. „Aber das ist es ja. Der Tod!“
    „Der Tod?“
    „Ihr habt es bemerkt und uns allen, die wir dabei waren, mitgeteilt! Doch niemand hat richtig zugehört.“
    Ich muss gestehen, dass mich Odo in diesem Augenblick verblüffte. Da hatte er so getan, als wäre ihm alles hier nur noch lästig, als würde er am liebsten gleich weiterziehen, und auf einmal wartete er mit Überraschungen auf.
    Ich glaubte nun, dass sich ein Unwetter über Frau Begga entladen würde. Es raunte und grummelte auch schon wieder bedrohlich, doch hatte die Beweisführung aus dem poetischen Bild nicht gleich in alle diese Bauernschädel Eingang gefunden, sodass noch hin- und her gefragt wurde: „Was?“ „Wie?“ „Wer hat nicht zugehört?“ Auch Graf Hrotbert hatte nicht alles begriffen und neigte sich zu mir herüber, um sich Auskunft zu holen.
    Diese kurze Unsicherheit der Gerichtsversammlung nutzte die Zentgräfin, indem sie einer blitzschnellen Eingebung folgte. Sie trat wieder vor und rief triumphierend:
    „Aber damit hat er ja alles gestanden! Er sah voraus, was geschehen würde, denn er wusste ja, was er vorhatte! Er sah den Tod schon in ihren Augen! Es war der Tod, den er ihr selbst bereiten wollte! Recht habt Ihr, Herr Odo, er teilte es mit, aber niemand hat richtig zugehört. Sogar das Kreuz besang er, mit dessen Halsband er sie erdrosseln wollte. Hat jemals ein Mörder frecher sein Opfer verhöhnt? Wie kläglich, ihr Herren Richter, will er sich jetzt vor Euch herausreden! Mit der erfundenen Aussage eines unfreien Jünglings. Mit Behauptungen, die niemand von euch glauben wird, ihr Männer, die Ihr Frauen und Töchter habt. Seid ihr nicht alle mal in den Krieg gezogen und könnt ihr euch etwa vorstellen, eure Frauen hätten, kaum dass ihr fort wart, getanzt, gelacht und mit Fremden gescherzt? Mögt ihr mich, die ich hier selbst eine Fremde bin, so schlimm verdächtigen. Ich verzeihe es euch! Mögt ihr die Aufmerksamkeit und die Ehre, die ich einem Gast erwies, übel missdeuten. Ich habe nichts anderes verdient, da ich einen Unwürdigen auszeichnete. Aber könnt ihr wirklich hinnehmen, dass man die Tochter des Zentgrafen, die Gattin des braven und treuen Farold, die immer eine von euch war, als eine Verworfene hinstellt, die solchen geputzten Herren die Zeit vertrieb? Dieselbe, die dort auf dem Totenbett liegt? Wollte auch ich die Unfreien zu Zeugen erheben, die Mägde im Webhaus, so würdet ihr etwas anderes hören. Doch ich halte mich an das Recht, und mehr, ihr Herren Richter, verlange ich auch nicht von Euch! Obwohl sich der Mörder schon verraten hat, soll er doch seiner Tat überführt werden. Sucht das Kreuz bei ihm! Wenn er es nicht aus Habsucht nahm, dann aus Vorsicht. Vielleicht auch zur lustvollen Erinnerung an seine Untat. Warum zögert Ihr noch? Ein goldenes Kreuz mit einem Opal in der Mitte. Sie trug es, als sie ermordet wurde. Noch seid Ihr im Zweifel. Wenn Ihr es findet, werdet Ihr Klarheit haben!“
    Sie blieb stehen und wartete. Von allen Seiten wurden jetzt Rufe laut. „Durchsuchen!“, wurde gefordert.
    Vielleicht erscheint es nicht glaubhaft, doch es war dieser imponierenden Frau gelungen, die Stimmung der Richter und der Zuhörer vollständig zu ihren Gunsten zu wenden. Und das in dem Augenblick, da schon fast alles für sie verloren war!
    Odo saß wieder neben mir, schnaufte wütend und zupfte sich ganze Büschel von Haaren aus dem Schnurrbart.
    Der Sänger rief höhnisch: „Sucht, meine Herren, sucht nur! Was gilt hier die Ehre eines Skops? Schafft mein Gepäck her!“
    Tatsächlich gab Hrotbert nun den Befehl zur Durchsuchung, das war nicht mehr zu vermeiden. Man

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