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Odo und Lupus 04 - Die Witwe

Odo und Lupus 04 - Die Witwe

Titel: Odo und Lupus 04 - Die Witwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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halten.“
    „Warte. Es gibt noch eine Erläuterung: ‚… versperrend den Grund, wo die Blutquelle strömt.‘ Mit dem ‚Grund‘ wird wohl das Tal des Rothari gemeint sein, der Tannengrund, wo wir hinwollen.“
    „Und wo nach schöner, alter Landessitte viel Blut fließt.“
    „Ja, aber erst in der Zukunft! Am Schluß wird sie nämlich deutlicher: ‚Wehe, furchtbare Fehde naht! Wilder Haß zündet ruchlose Tat!‘“
    „Ein Fall von Blutrache. Um so besser! Da gibt es etwas für uns zu tun, Vater! Ich fing schon an mich zu ärgern, daß wir hier über die Berge klettern … nur wegen einer läppischen Straße!“
    Als wollte die Straße, die noch nicht gebaute, ihr Recht behaupten, ging es auf einmal steil und gefährlich abwärts. Wir mußten wieder aus den Sätteln. Eines der beiden Lastpferde glitt aus, Gepäckstücke fielen herab, und es gab einen kurzen Aufenthalt. Zum Glück hatten wir vorsorglich unseren Wagen zurückgelassen. Hier wäre er schon nach kurzer Zeit mit zerbrochenen Rädern steckengeblieben.
    Als es weiterging, fiel ich etwas zurück, so daß ich die Spitze des Trupps aus den Augen verlor. Da vernahm ich auf einmal Rufe und Flüche. Ich beeilte mich, Anschluß zu gewinnen, und erreichte kurz darauf einen Felsvorsprung, von wo mein Blick auf den Eingang eines Passes fiel, etwa fünfzig Schritte unter mir. Dort sah ich Odo, Heiko, Fulk und die anderen. Sie kamen nicht weiter.
    Der Weg, an dieser Stelle nur knapp zehn Fuß breit, war durch mehrere kreuz und quer liegende, entwurzelte, übereinandergestürzte Bäume vollkommen unpassierbar geworden.
    Es sah nicht so aus, als seien die Bäume vom Himmel gefallen. Ein Sturm, wohl schon ein früherer, mußte sie umgeworfen haben. Der Boden ringsum war aufgewühlt, und das herausgerissene Wurzelwerk der Buchen und Fichten ragte seitwärts aus dem Gebüsch.
    Als ich hinabgestiegen war, fand ich alle schon wütend und stumm bei der Arbeit. Es galt, die Hindernisse so weit beiseite zu räumen, daß ein ausreichend breiter Durchgang entstand. Auch ich packte gleich mit an, hob und stemmte, schwitzte und fluchte und zerschrammte mir die Haut an den Händen. Aber sei es, daß wir, da der Tag sich schon neigte, zu hastig und planlos zu Werke gingen oder daß wir zu ungeschickt waren und uns sogar gegenseitig behinderten … nachdem wir eine Weile wie entfesselte Zyklopen geschuftet hatten, war das Gewirr von Stämmen, Kronen, Ästen und Zweigen nicht weniger undurchdringlich als vorher. Wir sahen ein, daß wir so nicht zum Ziel kamen und verschnauften.
    „Diese Unglücksbäume scheinen verzaubert zu sein!“ schimpfte Odo, während er die Tunika, die er abgelegt hatte, wieder überwarf. „Vielleicht ist es Brennholz für die Hölle. Mich würde nicht wundern, wenn die sich hier in dieser verdammten Gegend befände.“
    „Vielleicht wird uns bald heiß“, bemerkte Fulk und blinzelte argwöhnisch zu den Hängen hinauf. „Das ist bestimmt eine Falle. Sobald es dunkel wird, werden sie kommen. Banditen, Schnapphähne. Befehlt, Herr Odo, daß alle die Waffen bereithalten!“
    „Befehlt lieber, daß wir umkehren!“ heulte Rouhfaz. Der Ärmste zitterte am ganzen Leibe, teils vor Erschöpfung, teils aus Angst.
    „Zur Umkehr ist es zu spät!“ sagte Odo barsch. „Und was faselst du von Banditen, Fulk? Hätten die sich so viel Mühe gemacht, um uns aufzuhalten?“
    „Ja, glaubst du denn“, fragte ich erstaunt, „daß die Bäume nicht hier an dieser Stelle gefallen sind? Vom Sturm entwurzelt?“
    „Das glaube ich, Vater. Die Verwüstung ist künstlich gemacht. Hast du etwas entdeckt?“ rief er Heiko zu, der seitlich in das Gebüsch eingedrungen war und jetzt wieder den Kopf heraussteckte.
    „Dort hinten endet ein Hohlweg!“ rief er. „Über den haben sie die Bäume herangeschleift. Es gibt auch noch Fußspuren. Und das hier …“
    Er warf uns ein längliches Holz zu, in dem wir die abgebrochene Deichsel eines Bauernkarrens erkannten.
    „So ist alles klar“, sagte Odo. „Dazu wurden wohl an die zwanzig Knechte gebraucht. Und warum so viel Aufwand? Um vor uns die Tür zuzuschlagen. Denn was dahinter geschieht, scheint nichts für Kommissare des Königs zu sein.“
    „Meinst du, daß es Rothari selbst war?“
    „Wer sonst? Durch den Boten wußte er, daß wir kommen. Wahrscheinlich hat er uns auch die Hexe entgegengeschickt.“
    „Nein“, erwiderte ich, „das bezweifle ich. Denn mir scheint, daß wir jetzt in der Lage sind, ihren Spruch

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