Ödland - Thriller
u.a.) betriebene Fahrzeuge mehr geben, die alle eine gewisse Menge an Kohlendioxid produzieren. Gestattet sind lediglich Elektrofahrzeuge sowie Fahrzeuge mit Wasserstoffzellen, die lediglich Wasserdampf ausstoßen. Die neue, im Sinne des Umweltschutzes notwendig gewordene Direktive bestätigt die Intervention der Lobby der Wasserstoffproduzenten, die zu großen Teilen aus den früheren Erdölgesellschaften hervorgegangen sind.
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»Sie brauchen keinen Passierschein«, sagt Rudy auf Englisch zu Laurie. »Kommen Sie.«
Ohne lang zu fragen, greift er nach dem schwereren der beiden großen Koffer.
»Sind Sie sicher?« Laurie bleibt misstrauisch. »Haben Sie denn einen?«
»Ja.«
Sie folgt ihm nach draußen, geht vorsichtig über die spiegelglatte Fußgängerbrücke, die sich über die menschenleere Straßenbahnhaltestelle spannt, und überquert den ebenso spiegelglatten Platz, über den ein arktischer Wind fegt. Rudy geht schnell und blickt sich nicht um. Laurie hat Mühe, ihm zu folgen. Sie ist hungrig und müde, und ihr ist kalt. Wenn dieser Kerl da vorhat, sich als Chef aufzuspielen, wird die Sache wohl böse enden.
Ein blauer Elektrovolkswagen mit dem roten Logo von Save Ourselves parkt am Straßenrand unmittelbar neben einem Polizeiauto, dessen Besatzung von Ferne die aus dem Bahnhof kommenden Leute überwacht. Einer der Polizisten wendet sich an Rudy. Laurie wartet darauf, dass der Holländer seinen Passierschein vorzeigt, doch Rudy begnügt sich mit einem flüchtigen Handzeichen, das der Polizist mit einem Kopfnicken bestätigt.
Rudy verstaut das Gepäck im Kofferraum. Sie steigen ein, starten den Motor und rollen stumm durch die menschenleeren Straßen von Straßburg. Rudy spricht nicht ein einziges Wort. Seine ganze Aufmerksamkeit gilt den glatten Straßen und seiner vorsichtigen Fahrweise. Er würdigt Laurie, die ihn aus den Augenwinkeln heraus beobachtet, keines Blickes. Seine blauen Augen wirken traurig, sein festes Gesicht bemüht sich, hart zu wirken, strahlt aber doch eine gewisse Sanftmut aus. Er scheint nicht der Typ zu sein, der gleich alles bespringt, was sich bewegt, denkt sie. Genau davor hatte sie nämlich Angst. Ökoflüchtlinge, die alles verloren haben, sehnen sich oft nach Zuneigung, Trost und Sexualität. Doch Rudy scheint weder neugierig noch geschwätzig zu sein. Daher bemüht sich Laurie, das Eis zu brechen.
»Hat SOS Ihnen den Wagen zur Verfügung gestellt?«
»Bitte? Tut mir leid, mein Französisch ist nicht besonders gut.«
»Dann sollten Sie es lernen«, erwidert Laurie auf Englisch. »In Burkina wird Französisch gesprochen. Ich weiß nicht, ob wir mit Englisch dort sehr weit kommen.«
»Okay. Bringen Sie es mir bei?«, fragt er wiederum auf Französisch und sieht sie endlich mit einem leisen Lächeln an.
»Warum nicht? Vorausgesetzt, wir haben Zeit dafür.« Sie setzen das Gespräch auf Englisch fort. »Die Polizisten vorhin waren Ihnen offenbar sehr gewogen.«
»O ja. Ich habe einen ausgezeichneten Passierschein.«
»Von SOS?«
»Nein...« Er steckt eine Hand in die Brusttasche und zieht ein Bündel 50-Euro-Scheine halb heraus. »Das hier ist mein Passierschein.«
Laurie runzelt die Stirn.
»Haben Sie etwa einen Polizisten geschmiert?«
»Diese Leute werden heutzutage miserabel bezahlt. Mir ist aufgefallen, dass Geld ein Argument ist, mit dem man die unterschiedlichsten Türen öffnen kann.«
»Ist Ihre Entschädigung so üppig, dass Sie es sich leisten können, mit Bakschisch um sich zu werfen? Oder haben Sie im Glücksspiel gewonnen?«
»Ich bekomme weder Entschädigung noch Rente. Aber ich habe ... in gewisser Weise habe ich tatsächlich bei einem Spiel gewonnen. Allerdings bei einem tödlichen Spiel.«
»Einem tödlichen Spiel?«
»Wenn Sie möchten, erzähle ich Ihnen gern später mehr darüber. Wir sind gleich da.«
Sehr merkwürdig, denkt Laurie misstrauisch. Ökoflüchtlinge besitzen normalerweise keinen roten Heller. Wo hat der Kerl die Knete her? Hat er vielleicht eine Bank überfallen? Und warum schmiert er einen Polizisten? Der Passierschein ist immerhin umsonst - nehme ich zumindest an! Will er vielleicht seine Identität nicht preisgeben? Ist er etwa ein Gangster auf der Flucht?
Der VW fährt am Park der Orangerie vorbei. Die Grünanlage hat schwer unter dem Orkan gelitten, der im September über das Elsass hinweggefegt ist. Überall liegen ineinander verkeilte Bäume, bereits zersägte Stämme sind ordentlich
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