Ödland - Thriller
tobenden Mann zu beruhigen. »Wir müssen noch unseren Auftrag besprechen und alles Notwendige regeln. Sehen wir uns morgen?«
»Weder morgen noch irgendwann! Raus, sage ich!«
Er schiebt Laurie und Rudy in den Flur und knallt die Tür hinter ihnen zu.
»O je«, flüstert Rudy, »hat er uns jetzt wirklich rausgeschmissen, oder ist er nur ein bisschen verärgert?«
»Ich glaube, er ist nur ein bisschen verärgert. Morgen geht es ihm bestimmt besser. Aber in Zukunft sollten Sie vielleicht lieber fragen, ehe Sie einfach so über Menschen und Dinge verfügen. Ich wüsste überhaupt grundsätzlich gern Bescheid, wenn Sie die Initiative ergreifen oder eine Entscheidung treffen. Vielleicht darf ich Sie daran erinnern, dass ich diejenige bin, die die Verantwortung für das Unternehmen trägt.«
»Stets zu Diensten, gnädige Frau«, lächelt Rudy und salutiert scherzhaft.
Laurie verdreht die Augen. Der Kerl fängt an, sie ebenfalls zu nerven. Und dabei kennen wir uns gerade mal eine halbe Stunde! Das kann ja heiter werden!
Hoffnung bewahren
Malaria breitet sich in Frankreich aus
Aus der Camargue, die inzwischen trotz aller verzweifelten und zu spät erfolgten Versuche der Eindeichung unwiderruflich unter Wasser steht und sich unaufhaltsam in einen Mangrovensumpf verwandelt, kommt eine neuerliche Bedrohung auf die ohnehin schon schwer geprüften Anwohner zu: Die von Mücken übertragenen Krankheiten Denguefieber und Malaria breiten sich, begünstigt durch das in der Region herrschende feuchtwarme Klima, immer weiter aus. Aus Aigues-Mortes, Saintes-Maries, Méjanes und Port-Saint-Louis werden inzwischen bereits Hunderte von Krankheitsfällen gemeldet. Wenn nicht bald ernsthafte Maßnahmen durchgeführt werden - wovon leider auszugehen ist -, wird sich die Epidemie sehr bald bis Arles, Nîmes und Montpellier ausbreiten.
Lesen Sie unser Dossier auf < SauvonsLeSud.org >
- Denguefieber und Malaria
- Die Symptome
- Vorbeugung und erste Maßnahmen
- Krankheiten der Unterprivilegierten
- Warum unternimmt der Staat nichts?
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Am folgenden Morgen ist Markus Schumacher in der Tat ruhiger geworden. Auch Laurie fühlt sich entspannter. Am Vorabend sind all ihre Träume Wirklichkeit geworden: eine heiße Dusche, ein schmackhaftes Abendessen und ein weiches Bett - alles in einem sehr ordentlichen, unmittelbar am Kanal gelegenen Hotel mit Blick auf den Park der Orangerie, in dem sich ausschließlich Politiker und Geschäftsleute aus dem Dunstkreis des Europaparlaments oder des Europarats aufhalten. Rudy hat sich als aufmerksam und liebenswürdig erwiesen und nicht versucht, in ihrem Bett zu landen; er hat sie ganz einfach als seine Mitarbeiterin bei einem sehr speziellen Auftrag behandelt. Zwar hat er offen zugegeben, absolut nichts über Afrika oder die Wüste zu wissen, andererseits aber hat er einen fast militärisch anmutenden Pragmatismus in allen technischen und logistischen Fragen bewiesen, was Laurie hinsichtlich seiner Kompetenz sehr beruhigt hat. Rudy hat sich um die Menge des mitzunehmenden Wassers gekümmert, um Nahrungsvorräte, einen solargetriebenen Kocher, Ersatzreifen, Reparaturmaterial, Schaufeln, Anfahrbleche, eine Seilwinde, Kabeltrommeln, ein GPS, falls der Lkw nicht ohnehin über ein Navigationsgerät verfügen sollte, einen Erste-Hilfe-Koffer, Waffen, Notsignale - kurz, er hat wirklich an alles gedacht.
Und nachdem Laurie noch am Abend darauf bestand, weil sie gern klare Verhältnisse hat, bekam sie auch eine Erklärung für das Vorhandensein des Geldbündels in Rudys Brusttasche, eine haarsträubende Geschichte vom Diebstahl eines Dealerautos irgendwo im Ruhrgebiet, in dessen Handschuhfach sich - o Wunder - das viele Geld befand. Nicht eine Sekunde lang hat sie das Märchen geglaubt, allerdings wurde ihr Verdacht noch verstärkt. Ganz bestimmt hat sie es mit einem Gangster auf der Flucht zu tun, oder zumindest mit einem Ökoflüchtling, der aus schierer Not einen Einbruch oder einen Diebstahl begangen hat. Natürlich ergibt sich damit eine weitere Unwägbarkeit bei ihrer ohnehin schon recht abenteuerlichen Reise, denn wenn Rudy von der Polizei gesucht wird, sind sie auf Gedeih und Verderb der erstbesten Kontrolle ausgeliefert. Das Logo von Save OurSelves auf dem Lkw wird sie nicht schützen. Zwar hat Rudy ihr versichert, dass sein Risiko, verfolgt zu werden, nur ganz minimal ist, aber er schien Laurie nicht wirklich davon überzeugt zu sein.
Auf dem Flur vor ihren
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