Ödland - Thriller
ständigen Stromschwankungen führen dazu, dass das hauseigene Kommunikationssystem verrückt spielt - erst gestern saß Anthony in seinem Arbeitszimmer fest, weil die Sicherheitszentrale ihn für einen Einbrecher hielt und Alarm auslöste. Pamela musste ihn befreien, was ihm unter den derzeitigen Umständen ausgesprochen peinlich war.
Denn das Schlimmste in dieser langen Kette von Sorgen und Unannehmlichkeiten sind Anthonys familiäre Probleme.
Pamela will die Scheidung. Diese kleine Nutte Consuela hat ihr alles erzählt, obwohl Anthony ihr sehr deutlich zu verstehen gegeben hat, dass sie Eudora nicht lebend verlassen würde, sollte sie es je wagen, auch nur einen Ton zu sagen. Er hat immer gehofft, sie mit Angst zügeln zu können. Doch sie nutzte seine Abwesenheit, um Pamela einzuweihen, die einmal in ihrem Leben tatsächlich die Initiative ergriffen hat. Als Anthony zurückkam, war Consuela nicht mehr im Haus. Seine Frau hatte sie mit 5000 Dollar in der Tasche auf der K10 abgesetzt - und damit genau das getan, was er immer verhindern wollte. Danach wartete Pamela heulend, zerzaust und betrunken auf seine Rückkehr. Sie hatte sich mit einer halb geleerten Flasche Bourbon bewaffnet, die sie ihm über den Schädel zu ziehen versuchte. Noch nie hat Fuller sie derart wütend gesehen. Alle möglichen Dinge flogen durch das Haus, und Pamela verursachte so viel Schmutz, Splitter und umhergespritzte Flüssigkeit, dass das hauseigene Kommunikationssystem kapitulierte und nicht mal einen Reinigungsauftrag losschickte. Und jetzt will Pamela sich scheiden lassen. Natürlich wird sie versuchen, so viel wie möglich aus ihm herauszuholen, und vermutlich eine astronomische Unterhaltssumme fordern. Grabber hat ihn informiert, dass Pamela bei ihm war, er sich aber geweigert hat, ihren Fall zu übernehmen; er gab vor, nicht gegen die Interessen seines Klienten handeln zu dürfen. Pamela ist unglaublich aufgebracht und bereit, einen großen Wirbel um die Sache zu veranstalten. Allerdings ist eine Scheidung nicht unbedingt die Art von Werbung, an der Fuller derzeit gelegen ist.
Zu Hause gehen sie sich so gut wie möglich aus dem Weg, doch ab und zu geschieht es, dass sie einander begegnen. Auch eine Villa von zwölfhundert Quadratmeter Grundfläche ist kein unendliches Labyrinth. Pamela schleppt sich wie ein Zombie herum. Sie steht ununterbrochen unter Prozac4. Sobald sie Anthony zufällig zu Gesicht bekommt, flammen ihre sonst so toten Augen in blankem Hass auf. Allmählich denkt er ernsthaft daran, aus der Villa auszuziehen. Was ihn im Augenblick noch davon abhält, ist die Tatsache, dass er sich eigenhändig um Tony Junior kümmern muss. Pamela ist in ihrem Zustand dazu nicht in der Lage. Anthony wäscht seinen Sohn, zieht ihn an, gibt ihm zu essen und verabreicht ihm zu den festgesetzten Zeiten seine Medikamente. Er erträgt seine Schreie und seinen täglich spöttischer werdenden Eulenblick. Als ob der Junge Bescheid wüsste ... Während Anthony sich um ihn kümmert, verfolgt ihn das kleine Monster ununterbrochen mit seinen grauen Augen, die wie ein Scanner sein Gehirn Gräuel für Gräuel freilegen - zumindest empfindet er es so. Manchmal ertappt er sich bei regelrechten Mordgelüsten; er sehnt sich danach, dem bösartigen Parasiten ein für alle Mal den Garaus zu machen. Auch Pamela würde er am liebsten um die Ecke bringen. Sie hat ihm wirklich verdammt übel mitgespielt! Und Rachel, die bigotte Nachbarin, sollte am besten gleich mit dran glauben, ehe sie ihren infamen Tratsch unter die Leute bringen kann - diese Heuchler und Lügner gehören samt und sonders an die Wand gestellt, einschließlich Bournemouth und Tabitha, die ihn wie einen Blödmann vorgeführt haben. Jetzt hat er überhaupt niemanden mehr zum Ficken, kein devotes Mädchen, das sich seinen Sexfantasien unterwirft, und die Tatsache, dass Pamela ihn in aller Öffentlichkeit bezichtigt, die Pflegerin seines Sohnes missbraucht zu haben, dürfte ihm diesbezüglich einige Chancen verbauen. Scheißleben!
Anthonys Leben ist so verkorkst, dass er es nur mit Medikamenten übersteht. Jeden Tag dopt er sich mit seinem üblichen Cocktail - Neuroprofen, Dexomyl, Calmoxan, Metacain, Vitamine und Energy Pills -, und zwar in hohen Dosen und geradezu zwanghaft, wie ein Abhängiger. Die Folgen sind ein zerrütteter Körper und ein ebensolches Nervensystem, er wird von Ticks heimgesucht, hat manchmal angsterregendes Herzrasen oder furchtbare Bauchschmerzen, schläft schlecht
Weitere Kostenlose Bücher