Ödland - Thriller
entscheidend nun auch wieder nicht. Ich glaube kaum, dass wir viel weiter gegangen wären. Sie ist noch ein Kind und für meinen Geschmack ein wenig zu pummelig ... Und du? Alles in Ordnung mit Abou?«
»Mit uns läuft es einfach super! Übrigens wollte ich gerade meine Sachen holen, weil ich ab jetzt bei ihm wohne.«
»Geht das nicht ein bisschen schnell? Ich meine, natürlich geht es mich nichts an...«
»Du hast es erfasst!«
»Aber seit du mit ihm vögelst, wirkst du wie ein kleines Mädchen, das gerade erst die Freuden der Liebe entdeckt. War es vorher wirklich so schlimm?«
»Ich habe absolut keine Lust, darüber zu reden, Rudy. Abou wartet im Auto auf dich. Am besten, du gehst gleich zu ihm. Er hat dir ein paar ganz interessante Dinge zu erzählen.«
Damit lässt sie Rudy stehen. Er schüttelt den Kopf und seufzt. Überrascht stellt er fest, dass er so etwas wie einen kleinen, eifersüchtigen Stich empfindet. Wenn ich gewollt hätte, hätte ich sie auch vögeln können, denkt er machohaft. Dabei ist das Thema Sex niemals zwischen ihnen aufgetaucht, noch nicht einmal als spontanes Begehren in den schönsten Saharanächten. Ich sollte mir vielleicht auch ein Mädchen suchen ... zumindest, falls ich mich entschließen kann hierzubleiben. Flüchtig denkt er an Yéri Diendéré, Fatimatas hübsche junge Sekretärin, die er zwei- oder dreimal gesehen hat. Ein wirklich charmantes Lächeln ... Bestimmt ist sie verheiratet und hat einen Haufen Kinder. Hör auf zu fantasieren, Rudy! Deine Trauer ist noch nicht beendet. Seine Trauer ... Er hatte sie fast vergessen. Aneke... Kristin ... Wo seid ihr?
»Rudy?« Erschrocken sieht Abou ihn auf sich zukommen. »Was ist los mit dir? Stimmt etwas nicht?«
»Nicht weiter schlimm. Mich hat nur gerade meine Vergangenheit eingeholt.« Rudy öffnet die Autotür und lässt sich auf die hintere Bank fallen. »Ich habe gehört, du hättest mir interessante Dinge zu erzählen. Was war bei Hadé los?«
»Ich habe ihr Laurie vorgestellt. Meine Großmutter findet sie sehr nett. Freundlich, gesetzt, offen und mit vielen Qualitäten begabt. Außerdem hat sie entdeckt, dass Félicité sie hat verhexen lassen...«
»Das hat mir Laurie eben schon erzählt.«
»Überleg mal! Ich habe nichts bemerkt. Sie hätte krank werden können, und ich hätte nicht einmal gewusst, warum!«
»Angeblich beschützt du sie.«
»Ja, aber ich hätte es selbst sehen müssen. Ich mache mir ernsthafte Vorwürfe. Ich bin zu blöd für das Bangré ... Übrigens haben wir beide eine ziemliche Dummheit begangen, Rudy.«
»Und zwar?«
»Dass wir Fuller in die Wüste gebracht haben. Es waren nämlich nicht die zindamba, die es uns befohlen haben. Es war der Feind.«
»Welcher Feind?«
Abou berichtet von seinem Gespräch mit Hadé, wird aber von Laurie unterbrochen, die mit ihrer großen Tasche kommt. Er steigt aus, um ihr zu helfen, das Gepäckstück im Kofferraum zu verstauen. Als er seinen Platz auf dem Beifahrersitz wieder einnimmt, fällt sein Blick zufällig auf den Hofeingang des Bürgermeisters. Dort steht Félicité. Trotz der Dunkelheit erkennt er ihre wutflammenden Augen. Mit verzerrtem Gesicht führt sie in einer knappen Geste den Zeigefinger über ihren Hals, dreht sich um und verschwindet im Hof. Abou zuckt die Schultern und lässt die Autotür hinter sich ins Schloss fallen.
Während der Fahrt schweigt er angespannt. An jeder Kreuzung beobachtet er die Passanten und versucht, einen Blick in überholende oder kreuzende Fahrzeuge zu werfen. Seine Unruhe bleibt Laurie natürlich nicht verborgen.
»Worüber machst du dir Sorgen?«
Abou erzählt ihr von Félicités drohend gegen ihn gerichteten Geste. Laurie muss lächeln.
»Was kümmert es dich? Sie ist doch noch...«
Sie unterbricht sich. Eigentlich hat sie sagen wollen: »Sie ist doch noch ein halbes Kind«, ohne daran zu denken, dass Félicité annähernd genauso alt ist wie Abou.
»Ach, weißt du«, fährt sie fort, »sie hat mich doch auch verhexen lassen. Es funktioniert nicht.«
»Immerhin ist sie die Tochter des Bürgermeisters. Sie hat Verbindungen und kann Leute beeinflussen.«
Sie erreichen das ganz in Dunkel getauchte, kleine Mietshaus mit den Dienstwohnungen. Laurie parkt den Wagen auf dem Hof. Alle drei steigen aus. Während sie sich über den Kofferraum beugt, um nach ihrer Tasche zu greifen, bleibt Abou wachsam neben ihr stehen.
Und das rettet sie.
»Achtung«, schreit er mit einem Mal.
Aus der Dunkelheit stürzen drei
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