Ödland - Thriller
Ihre Organisation ist zu meiner Zeit als Premierministerin wiederholt in Burkina tätig geworden, und auch mein Vorgänger, Präsident Adama Diallo, hat mehrfach um Ihre Hilfe nachgesucht. Unser letztes gemeinsames Projekt fand im Jahr '24 statt, als Sie uns bei der Wiederbelebung des Reisanbaus in Hiéna-Djonkélé zur Hand gingen. Damals wurde mir das Vergnügen zuteil, Ihre Bekanntschaft zu machen, und so konnte ich vor Ort Ihre Kompetenz und Effizienz kennenlernen. Leider ist der Reisanbau inzwischen der anhaltenden Trockenheit zum Opfer gefallen. Seither bemühen wir uns, in der betroffenen Region Sorghum anzubauen, was zwar geringere Erträge bringt, jedoch auch weniger Wasser braucht.
Ich schreibe Ihnen jedoch nicht, um eine Bilanz vergangener Bemühungen aufzustellen, sondern um eine Zusammenarbeit für die Zukunft anzuregen. Auf Ihrer Homepage habe ich durch Zufall das Satellitenbild eines großen, unvermuteten Grundwasservorkommens in der Nähe der Stadt Kongoussi entdeckt, die nördlich von Ouagadougou liegt, und zwar etwa an der Stelle des inzwischen ausgetrockneten Bamsees. Mein Premierminister Issa Coulibaly schätzt, dass die unterirdischen Reserven die Gesamtbevölkerung von Burkina Faso für etwa fünfzig Jahre mit Wasser versorgen könnten.
Sicher haben Sie von der dramatischen Situation gehört, in der sich mein Land zurzeit befindet. Die Wasserknappheit macht nicht nur unser wirtschaftliches, sondern auch unser ganz banales Überleben zunichte. Jeden Tag finden wir Dutzende von Toten auf unseren Straßen; ein Viertel der Gesamtbevölkerung ist aufgrund von Schwäche oder schwerer Krankheit nicht mehr arbeitsfähig, unsere Landwirtschaft produziert nicht einmal mehr 20 % unseres Eigenbedarfs, und die Flucht vor dem Durst treibt die ausgemergelten Menschen in den Süden, wo sie mit der Feindseligkeit der dortigen Bewohner konfrontiert werden, denen es kaum besser ergeht. Heftige Grenzkonflikte und Spannungen mit der Elfenbeinküste, die sich in zunehmendem Maß bedrängt fühlt, beschwören das Gespenst des Krieges von 2002-2003 herauf. Ich befürchte das Schlimmste. Zurzeit werden wir von Ghana mit Wasser aus dem Voltasee versorgt, und zwar zu exorbitanten Preisen, doch auch der Wasserspiegel dieses Sees sinkt spürbar. Dem Land Ghana ist das Problem des Wassermangels nicht unbekannt, und ich sehe den Tag kommen, an dem die Regierung beschließt, die Ventile zu schließen. Für uns gibt es keine Alternative. Wir haben außer Sand, Wind und Tränen nichts, was wir gegen Wasser eintauschen könnten.
Nicht, dass ich mich beklagen will - ich möchte Ihnen lediglich einen kurzen Eindruck der Situation geben. Wäre ich ein gläubiger Mensch, würde ich die Entdeckung dieses unterirdischen Sees als Geschenk des Himmels bezeichnen, meine animistisch orientierte Mutter würde es wohl eher ein Geschenk der Erde nennen. Bleibt uns lediglich, es auch in gegebenem Umfang zu nutzen. Genau hier liegt allerdings das Problem. Das Wasser befindet sich in etwa 200 Meter Tiefe. Leider ist nirgendwo in meinem Land das Material aufzutreiben, das für eine Tiefenbohrung dieser Größenordnung geeignet wäre. Auch verfügen wir nicht über die Mittel, eine solche Ausrüstung zu erwerben. Natürlich könnten wir uns an ein ausländisches Unternehmen wenden, doch das würde die Kosten, die wir aus verständlichen Gründen so gering wie möglich halten möchten, unnötig in die Höhe treiben.
Sicher haben Sie längst verstanden, worauf ich hinauswill. Auf Ihrer Homepage habe ich gesehen, dass SOS Europa für die am stärksten von der Trockenheit betroffenen Länder sozusagen ›schlüsselfertige‹ Lösungen hinsichtlich eventueller Bohrungen und vernünftiger Bewässerungsprogramme anbietet, falls Wasser in erreichbarer Tiefe vorhanden ist. Das ist bei uns der Fall. Sie haben uns gezeigt, wo dieses Wasser zu finden ist. Jetzt sollten Sie einen Schritt weiter gehen und uns helfen, dieses Wasser auch zu fördern.
Lieber Markus, mir ist natürlich klar, dass Ihr Augenmerk in den letzten Wochen hauptsächlich auf die schrecklichen Überschwemmungen gerichtet war, welche die Niederlande heimgesucht haben, und ich fühle von ganzem Herzen mit den unglücklichen Opfern. Doch auch hier sterben täglich Menschen, und zwar zu Tausenden, indem sie schweigend und ohne Aufsehen in den Staub sinken.
Ich hoffe, dass meine Mail Ihr Interesse geweckt hat, und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Fatimata Konaté
Präsidentin von
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