Öl!
einen Glasschrein gelegt und dieser dort aufgestellt, wo Eli predigte. Und so groß war die Gnade des Herrn, dass jedem, der diese Reliquie auch nur betrachtete, sofort alle Leiden genommen und alle Sünden vergeben wurden – sogar die allerschlimmste Todsünde, die der Unzucht!
KAPITEL 19
Die Strafe
1
Sämtliche Plakatwände von Paris gerieten in Verzückung: «Schmolsky-Superba Présente l’Étoile Américaine, Viola Tracy, dans La Couche d’Or, Cinéma-Mélodrame de la Societé en Huit Reels.» 124 Seitenweise verkündeten die Zeitungen: «Première Production sur le Continent d’Europe» – Schmolsky betrieb sein Geschäft mit Stil. «L’Étoile» selbst kam aus dem fernen Kalifornien angereist, und Bunny fuhr ihr mit dem Auto bis Le Havre entgegen. Ach, wie glücklich waren sie, ein zweiter Honigmond, die alten Unstimmigkeiten waren vergessen. Er brachte sie nach Paris – nein, nur bis nahe vor Paris, denn außerhalb der Stadt musste sie in einen Zug umsteigen und ihre Ankunft so gestalten, wie es dem in den Zeitungen angekündigten Plan entsprach. Es fanden sich die jubelnden Massen ein, die Kameras und die Reporter einschließlich jener, deren Pflicht es war, die bewegende Nachricht nach New York und Angel City zu telegrafieren.
Die Welt wird uniform, und das kommt vom «cinéma-mélodrame de la societé» – was so viel heißt wie: Die Welt wird amerikanisch. Die Premiere hier in Paris verlief genauso wie die in Hollywood, abgesehen davon, dass die Menge mehr Lärm machte und versuchte, ihr Idol zu umarmen, und es damit schier in Lebensgefahr brachte. Es gab noch einen zweiten Grund zur Aufregung, denn der Hauptdarsteller war kein gewöhnlicher Filmschauspieler, sondern ein echter Prinz aus Rumänien, der in Südkalifornien zu Besuch gewesen, dem listenreichen Schmolsky erlegen und für einen Abend zum Star geworden war. Nun war er persönlich hier, auf dem Heimweg nach Rumänien – im Zug und auf dem Schiff war er mit Vee gereist, erfuhr Bunny. Ein großer, hagerer junger Mann, nicht besonders hübsch, aber an Aufmerksamkeit gewöhnt, höflich, aber leicht gelangweilt; er hatte stets ein spöttisches Lächeln im Gesicht und nahm selten etwas ernst – bis er hörte, wie Bunny Mitgefühl mit den mörderischen, gotteslästerlichen Roten äußerte. Von da an bevorzugte er die Gesellschaft von Bunnys Schwester.
Als die Premiere in Paris vorüber war, besorgte ihm Dad einen Reisewagen von königlichen Ausmaßen, und sie fuhren nach Berlin. Bunny chauffierte, mit Vee an seiner Seite und Dad auf dem Rücksitz samt Sekretärin und einem Chauffeur für den Notfall. Es war alles genauso großartig wie bei ihrer Reise nach New York: makellose Straßen, eine schöne Landschaft, demütiges Landvolk, das mit dem Hut in der Hand ehrfürchtig dastand, und Dienstboten, die einem bei jedem Halt eilfertig aufwarteten. Ganz Europa schuldet uns Geld, und auf diese Weise zahlen sie.
Und dann Berlin: «Erste Auffuehrung in Deutschland, Schmolsky-Superba ankuendigt» *** , und so weiter. Die Massen, die Kameras, die Reporter – die Welt war überall gleich. Dies war vor nicht einmal sechs Jahren Feindesland gewesen, aber bezog hier ein Exsoldat in Uniform Posten am Kinoeingang und verbot amerikanische Filme, weil sie für die einheimische Produktion zu hohe Maßstäbe setzten? Nein, das tat hier niemand. Und Bunny lächelte und musste an sein «Vae victis» denken und an Schmolskys Erwiderung: «Hä?»
Weiter ging es nach Wien. Das ist jetzt eine arme Stadt, die kaum die Werbungskosten einspielt; aber der Name besitzt noch immer Zauber und hat Klang bei den Zeitungen. Also fand hier eine weitere Premiere statt, weniger laut, dafür herzlicher. Vee und ihr Liebster langweilten sich mittlerweile ein wenig; sie hatte aus ihrem Leben schon den größtmöglichen «Spaß» herausgeholt. Wenn eine Filmschauspielerin ihre Europareise absolviert hat und der Sache überdrüssig ist, kann sie als alter Hase gelten, wird gleichgültig und weltverdrossen; von da an reiht sich in ihrem Leben nur noch ein Ding ans andere.
Die Person mit der Gabe ewigen Kindseins war Dad. Er genoss jede Premiere, als wäre es seine erste, und wäre auch gern nach Bukarest weitergefahren, wo Ihre Majestät die Königin, selbst ein Genie in Werbefragen, 125 zu Ehren von Prinz Marescu die Premiere besuchen wollte. Doch eine andere Attraktion hielt Dad in Wien fest – die Geister waren ihm gefolgt! Seine Freundin Mrs Olivier hatte ihm einen Brief
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