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Öl!

Titel: Öl! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
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gegenüberliegenden Seite ein Schuppen, der einmal die Antriebsmaschine eines weiteren Bohrturms beherbergt hatte. Bunny hielt an und las die Hausnummer, Los Robles Boulevard Nr. 5746. «Hier wohnt Mrs Groarty, Pauls Tante! In diesem Haus fand das Treffen für den Pachtvertrag statt, und durch dieses Fenster habe ich zum ersten Mal Pauls Stimme gehört!»
    Er erzählte von jener Nacht, beschrieb die Personen und wie sie sich aufgeführt hatten. Paul habe gesagt, das sei ein kleiner Krieg ums Öl gewesen und der Weltkrieg ein großer, doch im Prinzip gehe es um dasselbe. Während sie miteinander sprachen, ging die Tür auf, und es erschien eine stämmige, rotgesichtige Frau in einem schmutzigen Morgenrock.
    Bunny rief: «Das ist Mrs Groarty!», und sprang aus dem Auto. «Guten Tag, Mrs Groarty!» Wie viele Jahre war das her, dass sie ihn gesehen hatte; er musste ihr sagen, wer er war, der kleine Junge, jetzt erwachsen, und eine Ehefrau hatte er auch dabei – jaja, man glaubt es kaum, wie die Zeit vergeht! Mr Ross war also tot – Mrs Groartys Gatte hatte die traurige Nachricht in der Zeitung gelesen. Sie wusste, dass Bunny sehr reich sein musste, deshalb war sie begeistert von seinem Besuch und bat die beiden ins Haus, allerdings etwas nervös, weil nicht aufgeräumt war.
    Sie traten ein, denn Bunny wollte, dass Rachel die Treppe sah, damit er sie nachher auslachen konnte, denn ihr würde ja nichts auffallen, sie würde eben annehmen, dass die Treppe in den ersten Stock führte – in einem ebenerdigen Bungalow! Nun standen sie im Zimmer, nichts hatte sich verändert, außer dass es geschrumpft schien und aller Hochglanz dahin war. Dort war das Fenster, wo Bunny gestanden und Pauls Flüstern gehört hatte. Und auf dem Tisch in der Mitte, du liebe Zeit, da lag ja auch der «Leitfaden für Damen. Ein praktisches Handbuch für das vornehme Leben», das Gold und Blau ganz verschossen und voller Fliegendreck! Daneben stapelten sich mindestens acht Zoll hoch Papiere, augenscheinlich verschnürte und versiegelte Schriftsätze. Mrs Groarty bemerkte seinen Blick, vielleicht verlangte es sie auch danach, jemandem von ihren Sorgen zu erzählen. «Das sind die Akten zu unserer Parzelle», erklärte sie. «Ich habe sie dem Anwalt gerade weggenommen, der kassiert nur unser Geld und tut gar nichts.»
    Damit war sie in Gang gekommen, und Rachel erhielt Gelegenheit, ihre Ausbildung in Sachen Ölgeschichte zu vervollständigen. Die Groartys hatten bei einer gemeinschaftlichen Vereinbarung mitgemacht, sich dann aber zurückgezogen und einer kleineren Gruppierung angeschlossen. Sie hatten an Sliper und Wilkins verpachtet und waren von diesen Spürhunden an ein Konsortium verkauft worden. Nachdem dieses Konsortium ausgeplündert worden war und Bankrott gemacht hatte, ging die Pacht auf den – laut Mrs Groarty – schlimmsten Schweinehund von allen über. Er hatte zahlreiche Forderungen und Pfandverschreibungen erworben, und nun versuchten noch immer irgendwelche Leute, von den Groartys Geld einzutreiben, obwohl sie niemals auch nur einen einzigen Cent aus dem Bohrloch herausgeholt hatten – man sah ja, in welchen Verhältnissen sie all die Jahre gelebt hatten!
    Hier war die Akte mit all den Geschäftsvorgängen, gemeinschaftlichen Vereinbarungen, Pachtverträgen, Grundstücksübertragungsurkunden, Freigabebescheiden, Pachtannulierungen, Hypotheken, Provisionsverkäufen, Unternehmenspfandrechten, Steuerquittungen und Vertragsablaufbescheiden, nicht weniger als vierhundert maschinengeschriebene Seiten, wohl an die anderthalb Millionen Wörter, das meiste davon Juristenkauderwelsch – «Hiermit erklärt sich Unterzeichneter einverstanden», «als Vergütung für oben angeführtes Grundstück», «in Anbetracht des Versäumnisses der erstgenannten Vertragspartei, besagte Maßnahmen bis zu obengenanntem Datum durchzuführen», und so weiter, es wurde einem schon schwindlig, wenn man nur darin blätterte. Und all dies, um das Eigentumsrecht an erhofften zehntausend Barrel Erdöl zu regeln, die sich dann als nicht einmal tausend entpuppten. Hier sah man, wohin das Geld geflossen war: bleiche, in Büros eingesperrte Tippfräulein, die den ganzen Tag Abschriften dieses Wortschwalls anfertigten, und bleiche Buchhalter, die alles kontrollierten, nachkontrollierten, nachschlugen und abhefteten. In Angel City war manch einer schon dadurch zum mächtigen Magnaten aufgestiegen, dass er Tausende von Männern und Frauen wie Sklaven hielt und sie

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