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Öl!

Titel: Öl! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
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schickten Spione los, sie bestachen Beamte und säten Zwietracht, und wenn es zu Streiks kam, stürmten ihre Polizisten und Pistoleros die Büros, warfen die Führer ins Gefängnis und trieben die Arbeiter zurück in die Sklaverei. Es war kurios: Verblendet, wie sie waren, betätigten sich die Bosse als Verbündete der Kommunisten. Verne und seine Ölunternehmer der Open-shop -Clique gaben den Arbeitern zu verstehen: «Hört nicht auf die Sozialisten, die sind ein Haufen alter Knacker. Nur die Kommunisten sagen euch, wie wir in Wahrheit sind und wie wir uns verhalten!»
    Eins hatte für Bunny immer als ausgemacht gegolten – die Arbeiter sollten ohne Verbitterung und interne Kämpfe zu ihrer Taktik finden. Doch allmählich zweifelte er daran, dass dies möglich war. Der Streit zwischen den beiden Richtungen lag in der Natur der Sache. Wer an einen friedlichen Übergang glaubte, handelte auf eine bestimmte Art und Weise, und wer nicht daran glaubte, handelte eben anders. Wer dachte, man könne die Wählermassen überreden, war vorsichtig und diplomatisch und mied die Extremisten, deren gewaltsames Vorgehen die Wähler abschrecken würden. Ein solcher Mensch versuchte folglich auch, die Kommunisten aus seiner Organisation herauszuhalten, die ihn ihrerseits natürlich dafür hassten, ihn als Marionette und Kollaborateur hinstellten und steif und fest behaupteten, er werde von den Bossen dafür bezahlt, dass er die Arbeiter unterm Joch hielt.
    Daraufhin konterten die Sozialisten mit demselben Vorwurf der Bestechlichkeit. Chaim Menzies war der unerschütterlichen Meinung, dass einige Kommunisten Agenten waren, angeheuert von den Unternehmern, um die Bewegung zu spalten und Polizeirazzien zu erleichtern. Bunny wusste aus Gesprächen zwischen den Geschäftspartnern seines Vaters, dass diese Großindustriellen raffinierte Geheimdienste eingerichtet hatten, um die Arbeiterbewegung zu zerschlagen. Diese Dienste arbeiteten mit zweierlei Methoden. Einerseits warben sie konservative Führer an, die den Arbeitern in den Rücken fielen, indem sie Streiks abbrachen oder zu früh ausriefen, sodass die Ziele unmöglich erreicht werden konnten; andererseits schickten sie Spione los, die sich als Rote ausgeben, die Organisation spalten und die Führer zu strafbaren Handlungen verleiten sollten. So unglaublich es scheinen mochte, der Geheimdienst der Regierung unter dem großen Patrioten Barney Brockway steckte bis über die Ohren in solchen Machenschaften. Beim Prozess gegen eine Gruppe Kommunisten stellte der Vorsitzende Bundesrichter fest, es sehe ganz danach aus, als liege die gesamte Leitung der kommunistischen Partei in den Händen der Regierung der Vereinigten Staaten!
    9
    Bunny hegte seit Langem den schönen Traum, seine Freunde sollten auch untereinander Freunde werden. Jetzt nahm er Rachel mit zu Paul und Ruth; er hatte sie alle so gern, sie mussten seine Gefühle einfach teilen! Doch leider schien das nicht der Fall zu sein. Beide Seiten blieben sehr zurückhaltend und vermieden es, über Politik zu sprechen, so wohlüberlegt, als wären sie im Kloster zu Besuch! Bunny wollte aber, dass sie über Politik sprachen, denn er versuchte, die strittigen Fragen in seinem Innern zu klären, und sie schienen ihm dazu berufen, sie waren Angehörige der Arbeiterklasse, während er nur ein Außenstehender war. Vielleicht bekehrte der eine den andern; aber schwer zu sagen, wen er als Missionar und wen er als Bekehrten sehen wollte.
    Bunny fragte Paul nach Neuigkeiten und erfuhr, dass er seine Stelle als Zimmerer aufgegeben hatte; die Arbeiterpartei zahlte ihm ein kleines Gehalt, damit er seine ganze Zeit der Organisation widmen konnte. Paul hatte sich mit Joe und Ikey Menzies getroffen, den beiden Burschen vom « linken Flügel » ; und Bunny erzählte, wie er und Rachel dazu beigetragen hatten, Ben Skutt vor Gericht aus dem Rennen zu werfen. Wie sehr wünschte er, Sozialisten und Kommunisten würden so zusammenarbeiten, statt dem Feind den Weg zu ebnen!
    Auf diese Weise zum Reden gebracht, sagte Rachel, ihr liege durchaus daran, die Ideen des Genossen Watkins zu verstehen. (Wenn man als Sozialistin zu einem Bolschewiken besonders höflich sein wollte, sprach man ihn mit dieser alten Anrede an, die schon in Gebrauch gewesen war, bevor sich die Familie zerstritten hatte.) Aber wie sollten sich die Massen in Amerika erfolgreich erheben, solange die Klasse der Arbeitgeber im Besitz aller Waffen und Kommunikationsmittel sei? Jetzt hätten sie

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