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Öl!

Titel: Öl! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
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einzige Problem war, dass seine Arbeiterpresseagentur so wenig Platz eingeräumt bekam und nur ein bis zwei Dutzend radikale Zeitungen Interesse an ihrem Material bekundeten.
    Präsident Harding hatte von zu Hause eine Schar von Gefolgsleuten mitgebracht, seine politische Leibgarde, bei den Journalisten als «Ohio-Bande» bekannt, die sich alles in Sichtweite unter den Nagel riss. Barney Brockway hatte einem seiner Handlanger einen Posten beim Geheimdienst verschafft, das war der «Agent». Wenn man etwas wollte, setzte dieser den Preis fest und organisierte das Gewünschte. Die Regierung Wilson war dick und fett geworden von den Besitztümern, die sie ausländischen Feinden weggenommen hatte; jetzt wurde die Regierung Harding dick und fett, indem sie sie zurückerstattete! Fünf Prozent betrug die reguläre «Provision»; wenn man also ein Vermögen von zehn Millionen Dollar zurückhaben wollte, übergab man dem «Agenten» eine halbe Million in Kriegsanleihen. Schwarzhandelsprivilegien wurden für Millionen verkauft – und diese Verkäufe wurden direkt in der Lobby des Kapitols getätigt! Dan erfuhr von Eingeweihten, dass aus dem Unterstützungsfonds für die Kriegsveteranen bereits mehr als dreihundert Millionen gestohlen worden waren – der Leiter dieser Behörde gehörte ebenfalls zur Ohio-Bande. Und das Erstaunliche war: Ganz egal, wie viele solcher skandalösen Zustände man ans Tageslicht beförderte, keine einzige große Zeitung oder Zeitschrift im Lande ließ sich überreden, daran zu rühren.
    Bunny ging mit dem Brief zu seinem Vater, und wie immer bedeutete er für den alten Mann genau das Gegenteil von dem, was er für Bunny bedeutete. Ja, Politik sei eine schäbige Sache, da wär es doch eine Verrücktheit, das Geschäftemachen der Regierung zu überlassen. Man musste den Politikern die Geschäfte wegnehmen und sie den Geschäftsleuten übertragen, die würden sie ohne Schmiergelder abwickeln. Wenn dieses Ölland gleich zu Anfang an Dad und Verne gegangen wäre, hätte es gar keine Bestechung geben müssen, das sei ja wohl klar. Dad und Verne seien Patrioten und bereiteten der sittenwidrigen Rechtsordnung ein Ende.
    Ob Dad wirklich daran glaubte? Schwer zu sagen, fand Bunny. Dad hatte bestimmte Lügen für die Öffentlichkeit parat; vielleicht hatte er auch welche für seinen Sohn und wieder andere für sich selbst parat. Wenn man ihn zu fassen bekäme und ihm all diese Lügen vom Leib risse – er würde den Anblick seiner Nacktheit nicht ertragen.
    Seine Feinde, die «Spielverderber» im Kongress, arbeiteten eifrig daran, ihn dieser seelischen Hülle zu berauben. In Washington gab es einen alten Senator namens LaFollette 109 , der hatte schon sehr lange miese Laune, und nichts vermochte ihn aufzuheitern. Diesmal prangerte er die Pachtverträge an und verlangte eine Untersuchung. Der Harding-Apparat hatte sein Vorhaben durchkreuzt, aber das hinderte ihn nicht, Reden zu halten – manchmal sprach er acht Stunden am Stück, und die Ränge waren voll. Anschließend verschickte er seine Reden als Regierungspost. Dad knurrte und brummte – und wurde sich mittendrin plötzlich bewusst, dass sein eigener geliebter Sohn auf der Seite dieser Unruhestifter stand! Statt Verständnis für die Lügen seines Vaters zu haben, kritisierte Bunny sie und sorgte dafür, dass sich sein Vater schämte!
    Dann passierte etwas Peinliches. In einer Stadt im Westen gab es einen Zeitungsverleger, einen alten Haudegen vom Schlag der Grenzsiedler, der als Barkeeper begonnen hatte und gern erzählte, wie er immer einen Silberdollar an die Decke geworfen hatte; wenn er kleben blieb, gehörte er dem Chef, wenn er runterkam, gehörte er ihm. Auf diese Weise war er reich geworden, und jetzt besaß er eine Zeitung und stieß auf diesen Skandal mit den Pachtverträgen. Eines Tages kam ein Mann zu ihm, der eine alte Forderung auf einen Teil der Sunnyside-Pacht geltend machte; mit diesem Mann vereinbarte der Verleger, halbe-halbe zu machen, dann schickte er Verne eine Mahnung über eine Million Dollar. Verne antwortete ihm, er möge sich zum Teufel scheren, und schließlich eröffnete die Zeitung das Feuer, indem sie auf der Titelseite Enthüllungen über die größte Behördenschiebung der Geschichte brachte. Dabei handelte es sich nicht etwa um ein unbekanntes sozialistisches Blättchen, sondern um eine der meistgelesenen Zeitungen im Land; alle Kongressmitglieder und Redaktionen bekamen Freiexemplare zugestellt – verdammt, es war

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