Offene Geheimnisse und andere Enthuellungen
Blick von der Zeitung und sagt: »Wann gibt’s denn Essen?« Man stellt sich direkt vor ihn, fragt: »Fällt dir nichts auf?«, und der Kerl sagt: »Hast du ein neues Kleid an?«
Kommt man hingegen vom Einkaufen und trägt das gerade erstandene super-scharfe, sündhaft-teure Wahnsinnsteil, kommt auf die Frage »Fällt dir nichts auf?« ein gelangweiltes: »Du warst sicher beim Friseur.«
Beim Blick in die Fernsehzeitschrift erkennen Männer sofort, dass ihr Fußballverein spielt; dass gleichzeitig unsere Lieblingsserie läuft, sehen sie nicht. Wenn sich ein Mädchen als Babysitter vorstellt, entdecken sie begeistert ihre niedliche Zahnlücke; dass die Kleine noch nie ein Baby gehalten und sich nach dem Klo die Hände nicht gewaschen hat, entgeht ihnen.
Geradezu aufreizend die Lässigkeit, mit der Männer eine Mutter mit Kinderwagen vor der Treppe stehen lassen, während sie mit einem Hechtsprung einer Zwanzigjährigen die Tür aufhalten.
Kein Mann bemerkt, wenn sein Sohn ohne Turnsachen in die Schule geht oder die Tochter ihren teuren, neuen Wollpulli gegen ein verwaschenes Sweatshirt von der Freundin eingetauscht hat. Er sieht auch nicht, dass die Gemüsefrau ihm unreife Tomaten und schlappen Salat andreht und die Bäckereiverkäuferin ins Fach fürs Brot vom Vortag greift (weil sie als Frau natürlich weiß, dass er es nicht merken wird).
Ich will damit jetzt nicht sagen, dass Männer Ignoranten sind. Nein, sie sind nur Meister der so genannten selektiven Wahrnehmung. Sie sehen, was sie sehen wollen und was in ihr Interessenraster passt. Wahrscheinlich sind sie glücklicher als wir Frauen, die wir ständig Sachen sehen, die wir eigentlich nicht sehen wollen. Den kleinen Bauch, den der Liebste sich in den letzten Jahren angefressen hat, die unaufgeräumten Kinderzimmer, die tratschenden Nachbarinnen, die noch nicht gebügelte Wäsche, kurz: die Haare in der Suppe unseres Lebens, die doch alles in allem eigentlich ganz wohlschmeckend ist. Vielleicht würde uns ein bisschen Tunnelblick hie und da gut tun, denn bekanntlich ist am Ende jeden Tunnels Licht!
Was Frauen gerne hören – und was nicht!
Haben wir nicht alle Lieblingssätze, bei denen uns das Herz hüpft, wenn wir sie hören?
Zum Beispiel: »Das ist gar kein Problem.« Ich könnte jeden küssen, der das zu mir sagt, insbesondere, wenn es sich um einen Automechaniker oder einen Computerfachmann handelt. Die Hilflosigkeit, die mich angesichts defekter technischer Geräte befällt, ist grenzenlos, und meine Dankbarkeit dafür, dass es Menschen gibt, die sich der Sache annehmen, ebenfalls.
Schön ist auch: »Ich kümmere mich darum.« Ach, welche Erleichterung! Da ist tatsächlich jemand, der uns etwas von unseren Aufgaben abnimmt, zum Beispiel diesen unangenehmen Anruf, vor dem wir uns schon seit einer Woche drücken. Danke, danke, danke!
Ein Favorit ist natürlich »Du siehst aber heute gut aus!« , wobei unsere Freude ein klein wenig von dem Gedanken getrübt wird, dass wir an anderen Tagen womöglich weniger gut aussehen, oder vielleicht sogar meistens ganz furchtbar aussehen, weshalb es dem anderen besonders auffällt, dass wir ausgerechnet heute … na ja, und so weiter. Trotzdem: Wir hören es nicht ungern.
»Du bist die beste Mama der Welt!« Seufz! Endlich sagt es mal einer, wo es doch sonst kaum einer merkt, höchstens, wenn wir leckeres Kartoffelpüree aus der Tüte gekocht haben und die Kinder uns für eine großartige Köchin halten, was sie leider nicht tun, wenn wir drei Stunden in der Küche gestanden und was Richtiges gekocht haben … na ja, man wird ja bescheiden.
Top of the Pops: »Du bist die tollste Frau der Welt!« Wenn man denkt, wie viel Blödsinn wir im Leben anstellen, nur um diesen Satz mal aus dem Mund eines Mannes zu hören, der nicht aussieht wie ein verklemmter Physiklehrer! Wenn der Richtige diese Worte ausspricht, glauben wir sie liebend gerne, auch wenn wir wissen, dass sie gelogen sind!
Tja, und dann gibt es natürlich noch diese Anti-Lieblingssätze, die wir überhaupt nicht leiden können und trotzdem immer wieder hören müssen: »Das sieht gar nicht gut aus«, zum Beispiel, oder: »Da ist wohl nichts mehr zu machen.« Hört man leider allzu häufig aus dem Mund eben jener Automechaniker oder Computerfachmänner, die wir gerade noch dankbar küssen wollten.
Ausflippen könnte ich bei: »Ja, gleich, Mama!« , denn das heißt so viel wie »Vergiss es, Mama!« Egal, worum wir unser Kind bitten, wir können mit an
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