Oh Happy Dates
habe. Nun, es gibt da noch etwas, was ich dir nicht erzählt habe, und zwar werde ich heiraten, eine Yogalehrerin aus dem Amazonas.« Ich bin besessen von der Amazonas-Frau, die Simon kennenlernen wird. Ich habe ihr den Namen Bella gegeben. Das Schlimmste an Bella ist jedoch, dass sie wirklich nett ist. Sie gibt sogar kostenlose Yogastunden für unterprivilegierte Kinder. Ich hasse sie.
»Lies die verdammte Nachricht, Sare«, stöhne ich und reiße den Umschlag vom Brett, bevor ich Simons Tür öffne.
»Ich glaub, ich werd nicht mehr«, sage ich leise.
Simons alte Möbel sind alle weg. Stattdessen stehen ein Crosstrainer in ausgezeichnetem Zustand, ein rosa Trimmrad und ein paar Hanteln im Raum. An der Wand lehnt ein großer Spiegel mit einem Aufkleber, auf dem steht: DA DU NICHT INS FITNESSSTUDIO GEHST, HABE ICH DAS FITNESSSTUDIO INS HAUS GEBRACHT.
Mit einem wehmütigen Lächeln setze ich mich auf das Trimmrad und schaue den Brief in meiner Hand an. Ich schnüffele an dem Brief. Das sieht bestimmt verrückter aus als eine Werbung für Katzenfutter. Der Umschlag riecht nach Papier, was nicht überraschen sollte. Ich reiße ihn auf. Der Brief ist kürzer als erhofft.
Sarah,
ich hoffe, dass es deiner Mum gut geht. Sie wird sich bestimmt wieder erholen, das weiß ich. Ich verspreche dir,
dass sie mich beim nächsten Marathon schlagen wird. Tut mir leid, dass ich mich nicht verabschiedet habe. Ich werde bis zum Flug bei meiner Mum wohnen. Sobald ich meine neue Telefonnummer, Adresse etc. habe, melde ich mich.
Wann ich zurückkomme, weiß ich nicht, aber pass auf dich auf.
Alles Liebe, Si
x
PS: Jemand hat einen Blog Abenteuer eines Junggesellen ins Netz gestellt. Schau mal rein.
Ich hatte schon romantischere Gefühle beim Lesen eines Steuererstattungsbescheids. Eines Tages werde ich es ihm sagen. »Du wirst es nie erraten. Aber während der ganzen Zeit, als meine Mutter krank war, wollte ich dir immer sagen, dass ich dich liebe! Lustig, oder?« Und wir werden lachen, und er wird einen von seinen Zwillingen, die er mit Bella zusammen hat, auf den Arm nehmen, und ich werde heulend neben der Kinderwiege zusammenbrechen.
»Schwitz es aus, Sare«, höre ich mich sagen und gehe in mein Zimmer, um Shorts, ein T-Shirt und Turnschuhe anzuziehen. Acht Minuten schaffe ich auf dem Crosstrainer. Dann humpele ich zurück in mein Zimmer, lege mich auf mein Bett und heule.
68
In sechs Stunden fliegt Simon. Vielleicht schaffe ich es ja bis dahin, mich wieder aufzuraffen. Seit vier Tagen bin ich wieder zu Hause. Zweimal habe ich inzwischen das Haus verlassen. Einmal, um in einem Bioladen einzukaufen, das andere Mal, um ein Buch über Fitness, ein Buch von Eckhart Tolle und ein Album von Olivia Newton-John zu kaufen. Nicht, dass es mir an Einladungen gemangelt hätte. Im Gegenteil, in den letzten vier Tagen bin ich zu mehr Geselligkeiten eingeladen worden als jemals zuvor:
1. Nikki und Bertrand gaben gestern Abend eine Das-Kind-braucht-einen-Namen-Party. Ich sagte Nein.
2. Eamonn und Rachel luden mich zum Dinner mit einem Filmfinanzier, der solo ist, ins Ivy ein. Ich sagte Nein.
3. Marcus gab eine Coming-out-Party, Dresscode »Fummeltrine«. Ich sagte Nein.
4. Julia lud mich jeden Abend in einen anderen Klub ein, um DJ Carlos zu hören. Ich habe Nein gesagt.
Stattdessen habe ich:
1. Mir die ganze erste Staffel von 24 zum dritten Mal angeschaut.
2. Fast anderthalb Stunden kardiovaskuläres Training betrieben.
3. Herauszufinden versucht, warum sich alles so mies anfühlt.
Die Tatsache, dass mir ohne Simon hier etwas ganz Wesentliches fehlt, erschließt sich mir sofort. Ich bin wie Roastbeef ohne Remoulade oder eine Kasse ohne Schlange oder Mum ohne Dad. Dieser Gedanke ist am schwersten zu verdauen. Ich glaube, wenn Simon und ich zusammen wären, würde sich unser Leben als chaotisches Abenteuer gestalten. Wir wären wie meine Mum und mein Dad, die sich auch nach fünfundvierzig Ehejahren immer noch zum Lachen bringen. Ohne ihn fühle ich mich wie in Schwarz-Weiß, während um mich herum alles in Farbe ist. Doch ich nehme mir seinen Rat zu Herzen und versuche, positiv zu denken. Wenigstens werden wir für immer Freunde sein. Wenigstens habe ich das nicht vermasselt, indem ich ihm erzählte, was ich für ihn empfinde. Das ist schon was.
Mein Telefon läutet. Es ist Paranoid-Jay.
»Hey, Jay«, sage ich lustlos.
»Hey, Sare. Ich habe das mit deiner Mum gehört, tut mir leid. Geht es ihr denn wieder besser?«
»Ja.
Weitere Kostenlose Bücher