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Ohne Ende Leben - Roman

Ohne Ende Leben - Roman

Titel: Ohne Ende Leben - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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zwei Weingläser, dezentes Kerzenlicht und eine Feder.
Viver É Amar, Amar É Viver
. Hinter dem Titel stehen ein Sternchen und die Übersetzung:
Leben ist Liebe, lieben ist leben
.
    »Was findest du an diesem Typen?«, fragt Eubie.
    »Die Blockflöte ist meine heimliche Liebe.«
    Als Eubie nicht lacht, erkläre ich ihm: »Hast du den Typen schon mal gehört? Er ist ein einziger Witz.«
    »Also kaufst du die Platte, um ihn zu verarschen?« Eubie lässt sein langes Gerippe auf einen der Klappstühle plumpsen und beißt in einen Müsliriegel, den er aus seiner Hemdtasche zieht.
    »Nein. Nicht wirklich. Aber so ähnlich, also, ja.«
    »Für ihn ist diese Scheiße heilig, verstehst du mich? Er singt von Qualen, von verlorener Liebe, von Ungerechtigkeit. Über Hoffnung. Ich verkauf dir das nicht, wenn du dir daraus nur nen Spaß machst. Dazu ist die Musik nicht da, mein Freundchen.« Er wirft mir einen missbilligenden Blick zu.
    »Also«, sage ich und hole tief Luft, »er spielt wirklich supergeil Flöte.«
    Eubie schüttelt den Kopf. Er futtert den letzten Rest Müsliriegel auf und drängt mich mit meiner neuen
Tremolo - Platte
durch den Vorhang Richtung Kasse.
    »Hier. Nimm das verdammte Album. Und schaff dir eine Freundin an.«
     
    Es ist warm und die Sonne scheint, als ich durch die Mambrino Street gehe. Auf der anderen Seite der vierspurigen Straße liegt die Uni, an der mein Vater arbeitet. Mein Dad ist Physiker. Er arbeitet mit Leuten zusammen, die sich mit jeder Art abgefahrener kosmischer Scheiße beschäftigen. Stringtheorie. Parallelwelten. Zeitreisen. Es geht ihnen nicht darum, einen besseren Toaster zu entwickeln.
    Was ich damit sagen will, ist, dass mein Dad
gegen
diese Typen arbeitet. Er ist ein halbwegs bekannter Entzauberer von allem, was nichts mit der Physik der alten Schule zu tun hat. Alle neuen Theorien nennt er »Des Kaisers neue Kleiderder Wissenschaft«. Ich mache keine Witze. Er hat das gerade als wissenschaftlichen Aufsatz in
Scientific Masturbation Quarterly
veröffentlicht. Okay, so heißt die Zeitschrift nicht wirklich, aber glaub mir, dass sie voll von Beiträgen ist, mit denen sich die Autoren intellektuell einen runterholen. Der Rest der Menschheit langweilt sich beim Lesen zu Tode. »Nichts von dem, was sie behaupten, können sie beweisen, Cameron«, sagt Dad immer, »und solange es keine Beweise gibt, ist das für mich keine Wissenschaft.« So viel zu meinem Vater – zu deiner Information.
    Weil ich schon mal hier bin, könnte ich auch kurz bei ihm vorbeischauen. Eine schnelle Kosten-Nutzen-Rechnung. Pro: Es könnte gut möglich sein, dass ich für ein paar Stunden seinen Wagen ergattere. Kontra: Ich müsste dazu mit meinem Vater in Kontakt treten. Es ist wirklich vertrackt, aber meine Gier nach dem Auto siegt. Wir haben einen dieser erstaunlichen Vorfrühlingstage, die es in Texas manchmal gibt. Man meint, so einen kleinen Hauch von Sommer zu spüren. Ja, Fenster runterkurbeln und mit dem Wagen ein bisschen herumkurven, das wäre jetzt genau das Richtige.
    Das Physikalische Institut Niels Bohr ist ein schäbiges Vorkriegsgebäude am Rand des Campus, mit einer ordentlichen Reihe von Seminarräumen und Büros. Die riesige Anschlagtafel in der Eingangshalle ist übersät mit Ankündigungen interner Fußballspiele, Projekten alternativer Energiegewinnung und seltsamen Einladungen aller Art: »Der Weg zur Quantenfeldtheorie. Den Higgs-Teilchen auf der Spur«. – »Spüre unsere Schwingungen! Komm in Raum 101, um mit uns die neuesten Erkenntnisse der Stringtheorie, Multiversumstheorie und der Weltformel zu diskutieren!« – »Heil, Putopia!« – »Das Unerforschte erforschen – Die Mysterien der dunklen Energie. Dulcinea Hall, 19   Uhr. Wiröffnen ein Fässchen, also kommt rechtzeitig und entwickelt eure seltsamen Quarks.«
    Dads Büro liegt hinter der letzten Tür eines langen Flurs, der seit Einsteins Tagen keinen Farbanstrich mehr gesehen hat. Die Tür steht einen Spalt offen. Ich werfe einen Blick rein, weil ich Stimmen höre. Dad steht da mit einer seiner Assistentinnen. Sie war schon bei uns zu Hause und heißt Rachel oder Raylie – jedenfalls ein Name mit »R«. Sie sitzt auf einem Stuhl, meinem Vater gegenüber, beugt sich nach vorn und lacht über etwas, das er gerade gesagt hat. Mein Dad scheint irgendwie verwandelt. Er klingt gar nicht wütend oder beleidigt, wie der Dad zu Hause, der die Gartenarbeit macht, die Rechnungen zahlt, die Reifen wechselt und dabei aussieht, als

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