Ohne jedes Tabu
bevor sie es bis zum Bett geschafft hatten, hatte ihr heißes Verlangen sie überwältigt, und er war in sie eingedrungen. Als sie sich dann schließlich ihrer Sachen entledigt hatten, war dieses Verlangen noch genauso stark gewesen.
Und das war es immer noch, wie Lucian jetzt feststellte, während er Raina betrachtete.
Er hatte schon häufiger eine Frau heftig begehrt. Himmel, er war dreiunddreißig und ganz sicher kein Mönch. Aber die vergangene Nacht war etwas Besonderes gewesen, etwas Unbeschreibliches. Etwas, das weit über gegenseitige Anziehungskraft hinausging.
Er überlegte, ob sie vielleicht, ganz vielleic ht, in Erwägung ziehen würde, noch ein paar Tage länger zu bleiben. Da Gabe und Melanie auf Hochzeitsreise waren, hätten er und Raina das Haus für sich.
Nicht, dass er irgendwelche Zukunftspläne daran knüpfte, natürlich nicht. Aber ein paar Tage mehr waren ja nichts Dauerhaftes. Gern würde er ihr etwas von der Landschaft hier in Pennsylvania zeigen, sie vielleicht mit zu dem Grundstück nehmen, das er außerhalb der Stadt gekauft hatte und auf dem er sich ein Haus baute.
Er war einfach noch nicht bereit, sie gehen zu lassen.
Ich werde sie mit Blumen überraschen und dann fragen, entschied Lucian. Wo er morgens um halb sieben einen Blumenstrauß auftreiben sollte, war ihm noch nicht ganz klar. Aber Sydney Taylor, die Frau, in die sein Bruder heftig verliebt war, hatte immer frische Rosen in ihrem Restaurant. Sydney so früh zu wecken war natürlich etwas heikel, aber hier handelte es sich schließlich um einen Notfall.
Leise zog er sich an, nahm einen Zettel vom Nachttisch und ließ für Raina eine Nachricht auf seinem Kopfkissen liegen.
Bin gleich wieder da. Bitte geh nicht. Lucian.
Nachdem er seine Jacke genommen hatte, schlich er aus dem Zimmer. Draußen sog er die kühle Luft ein und bemerkte die Eiszapfen am Dachvorsprung und den Neuschnee.
Ein perfekter Morgen, dachte er auf dem Weg zu seinem Pick-up. Er würde so schnell wie möglich zurückkommen.
Einige Minuten, nachdem Lucian das Haus verlassen hatte, regte Raina sich mit einem Lächeln auf den Lippen. Schlaftrunken strich sie mit dem Arm über das Kopfkissen neben sich. Der Zettel mit Lucians Nachricht rutschte zwischen das Kopfende des antiken Bettes und die Matratze.
Genau zur gleichen Zeit fuhr Lucian auf eine Kreuzung zu. In Gedanken bei Raina, übersah er, dass die Straße an dieser Stelle spiegelglatt war. Plötzlich geriet sein Pick-up ins Schleudern, kam von der Straße ab, und um Lucian herum wurde alles schwarz.
1. KAPITEL
Das Städtchen Bloomfield erwachte zu neuem Leben. Es war Frühling, die Sonne schien, und an den kahlen Bäumen trieben neue Blätter aus. Die braunen, brachliegenden Felder wurden wieder kräftig grün, während die Kirschblüten der noch immer kühlen Luft einen süßen Duft verliehen.
Es war eine Zeit für Neuanfänge.
Eine Zeit für Geburten.
Auf dem Weg zum Haus seines Bruders Gabe hatte Lucian an diesem Nachmittag ungefähr ein Dutzend junger Kälber auf der Johnson-Ranch und mindestens fünf Fohlen auf der Bainbridge-Ranch entdeckt. Und gestern, versteckt unter der Veranda des Hauses, das er sich einige Meilen außerhalb der Stadt baute, hatte er einen Wurf Kätzchen bemerkt. Sechs kleine Fellbälle, die noch nicht einmal die Augen geöffnet hatten, hatten nach ihrer Mama miaut, einer hübschen orangefarbenen Katze, die ihn vom Rand des nahen Waldes aus wachsam beobachtet hatte.
Er hatte versucht, sie anzulocken, doch sie wollte nichts von ihm wissen. Früher oder später würde er sie fangen und einen sichereren Platz für sie und ihre Familie finden müssen. Aber er hoffte, sie vorher für sich zu gewinnen. Sie ist zwar keine Frau, dachte Lucian lächelnd, aber sie ist ein weibliches Wesen. Er war überzeugt, dass sie schon bald schnurrend auf seinem Schoß liegen würde.
Apropos Frauen … Lucian stand in der Tür zu Gabes und Melanies Wohnzimmer und sah auf die vier Frauen, die fleißig mit der Dekoration für Melanies Babyparty beschäftigt waren. Seine Schwester Cara mit ihrem vierzehn Monate alten Sohn Matthew und seine Schwägerinnen Abby, Sydney und Melanie hatten die Arme in einem Berg von rosa und himmelblauem Krepppapier und Schleifen. Ein hübscher Anblick, dachte er, während er sich an ihrem Lachen erfreute. Es gab keinen Grund, warum er nicht noch ein wenig bleiben sollte.
Außerdem roch es nach Keksen.
„Lucian, du bist ein Schatz, dass du die Klappstühle
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