Ohne Kuss ins Bett
sei ein Schatz. Vielleicht bedeutet das, dass sie es gefunden hat. Sind Sie sicher, dass es dasselbe ist?«
»Dennis hat die Zeichnung.«
Andie setzte sich in Bewegung und eilte ins Esszimmer, wo Dennis ’ Unterlagen alle auf dem Tisch ausgebreitet waren. Sie wühlte in den Papieren, bis sie die Zeichnung von Miss J. fand.
Es war keine gute Zeichnung, aber das Medaillon war Alice ’ Medaillon.
»Ja, es ist das gleiche«, bestätigte sie, drehte sich um und bemerkte, dass Isolde ihr nicht gefolgt war. »Isolde?«
Sie kehrte in die Große Halle zurück, und da kam Isolde aus dem Salon auf sie zu, bleich wie der Tod.
»Was ist denn los?«, fragte Andie.
»Wir müssen die Polizei rufen«, ächzte Isolde, und Andie dachte: O Gott, nein, diesmal ist etwas wirklich Schlimmes passiert . Sie wollte in den Salon eilen, doch Isolde hielt sie zurück.
»Dennis!«, stieß sie hervor. »Er ist tot.«
Kapitel 14
Andie war in den Salon gegangen, während Isolde die Polizei anrief. Da saß Dennis auf dem grün gestreiften Sofa, den Arm auf dem grün gestreiften Armpolster, und blickte starr geradeaus. Er sah gar nicht so sehr anders aus als im Leben, außer dass er nicht mehr zwinkerte, doch Andie begriff sofort, dass kein asthmatisches Husten, keine lahmen Witze, gar nichts mehr von ihm kam. Sie fühlte, dass er nicht mehr da war, und doch setzte sie sich neben ihn, nahm seine kalte Hand in die ihre und murmelte: »Ach, Dennis, es tut mir so leid«, denn sie wusste nicht, was sie sonst tun sollte.
North kam herein und sagte gedämpft: »Isolde hat mir gerade Bescheid gesagt. Andie, es tut mir so leid.« Sie wusste, wie er sich fühlte, unfähig, ihr zu helfen, denn sie fühlte das Gleiche wegen Dennis. Dann kamen die Sanitäter, und Andie zog sich ein wenig zurück und ließ sie ihre Arbeit erledigen. Sie überließ es North, die Fragen zu beantworten, und half nur, wenn er eine Antwort nicht wusste, und ein Teil von ihr wollte noch daran glauben, dass Dennis wieder aufwachen, mit einem Stück Bananenbrot in der Hand aus der Küche kommen und sie loben würde: »Das schmeckt wirklich hervorragend.« Und dass er dann nach dem Brandy fragen würde. Etwas später ging sie hinauf ins Kinderzimmer, wo sie Carter und Alice zusammen vor dem offenen Feuer sitzend vorfand, sein Arm um ihre Schultern und ihr Arm um seine Hüfte gelegt. Beide warteten darauf, dass sie ihnen erzählte, warum draußen die Sirenen geheult hatten.
»Was ist denn passiert?«, erkundigte sich Carter.
»Dennis ist gestorben«, antwortete Andie, und Alice ’ Gesicht verzerrte sich.
Andie hockte sich zu ihnen und legte ihre Arme um die beiden. Alice streckte weinend eine Hand aus, packte Andies Sweatshirt und zog sie näher zu sich und zu Carter und suchte zwischen beiden Geborgenheit.
»Sie haben ihn umgebracht«, schluchzte Alice. »Und er war so nett!«
»Er war ein guter Mensch«, bestätigte Andie und hielt sie eng an sich gedrückt. »Er ist ganz schnell an einem Herzanfall gestorben, er musste nicht leiden. Aber ich glaube nicht, dass die Geister ihn umgebracht haben, Alice. Ich glaube, er war vor seinem Tod sehr glücklich, weil er die Geister bei der Séance gesehen hat. Das wollte er immer schon, weißt du.«
»Sie haben ihn umgebracht, sie haben ihn umgebracht«, klagte Alice.
»Nein«, widersprach Andie und drückte sie noch enger an sich. »Er wollte euch nicht wegbringen. Warum sollten sie ihm etwas tun?« Außer er hatte irgendetwas über sie herausgefunden …
»Warum hatte er einen Herzanfall?«, fragte Carter mit ausdrucksloser Stimme.
»Er hatte ziemlich viel getrunken, und die Séance hat ihn ziemlich aufgeregt.« Außerdem war er bis über die Augen mit Salvia gedopt . »Vielleicht hatte er einfach ein schwaches Herz.«
Carters Gesicht bekam einen störrischen Ausdruck. »Er hat aber nicht krank ausgesehen. Einer von meinen Lehrern in dem Internat hatte ein Herzleiden, und der war immer sehr blass. Aber Dennis sah gesund aus.«
»Trotzdem kann das passieren. Manchmal macht ein Herz einfach nicht mehr mit.«
»Glaubst du, dass er zurückkommt?«, fragte Carter, und plötzlich sah man ihm seine Gefühle an: Schuldgefühle, Besorgnis und das dringende Bedürfnis nach Trost. »So wie Tante May?«
»Nein.« Andie strich ihm das Haar aus der Stirn, und zum ersten Mal zuckte er nicht zurück. »Ich glaube, er hat in seinem Leben alles gut und richtig gemacht, und da war nichts, was er unbedingt noch zu Ende bringen wollte. Ich
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