Ohne Kuss ins Bett
Wahl.
»Nicht gerade eine nette Person«, fuhr Isolde fort, »aber sehr gut darin, in Menschen zu lesen. Und in Geistern. Ich hatte da unten eine Lesung, und da strolchte er herum, schimpfte und jammerte, und da nahm ich ihn zu mir. Er war stinksauer, als ich ihn mit nach Ohio nahm, aber andererseits war Harold sowieso nie zufrieden. Trotzdem, ein verdammt guter Kontaktgeist. Auch mit Investitionen sehr gut. Harold hat mir viel geholfen, deswegen habe ich mich mit seinem miesen Charakter abgefunden.«
»Na, dann muss es ja wirklich hart sein, Harold zu verlieren«, meinte North und bemühte sich, das Wesentliche nicht aus den Augen zu verlieren. »Tut mir leid für Sie. Aber ich finde wirklich, Sie sollten mit in den Salon kommen. Hier ist es einfach zu kalt.«
»Wenn der Raum hier wärmer wird, dann bedeutet das, dass die Geister woanders sind. Und das wäre schlecht, denn ich glaube, die haben was vor. Also möchte ich lieber wissen, wo sie sind.« Sie lächelte ihn an, ein verkniffenes kleines Lächeln, das nicht ihr natürliches Lächeln war, da war er sich ziemlich sicher.
»Ich könnte meinen Bruder bitten, hier die Temperatur zu überwachen. Er hält eine Menge von Ihnen. Ich bin sicher, dass er Sie auch lieber an einem wärmeren Ort …«
»Southie«, fiel ihm Isolde ins Wort, und etwas von ihrer Lebhaftigkeit kehrte zurück. »Das ist ein toller Kerl.«
»Ja, das ist er«, stimmte North zu. »Lassen Sie mich ihn …«
»Dennis war auch ein guter Kerl«, fuhr Isolde fort, und North schwieg. Wenn sie reden wollte, dann konnte er wohl auch ein paar Minuten in dieser eiskalten Halle sitzen und ihr zuhören. »Er hat nicht daran geglaubt, wissen Sie, obwohl er es wollte. Er wollte so gern Geister sehen, obwohl er nicht an sie glaubte. Und dann sah er sie plötzlich bei der letzten Séance. Hat eine komplette Kehrtwendung gemacht. Und er war so aufgeregt.«
»Glauben Sie, er ist deswegen gestorben? Weil er vor Aufregung einen Herzanfall bekam?«
Isolde lächelte ihn freundlich an, als wäre er geistig etwas minderbemittelt. »Nein, ich denke, einer der Geister hat ihn umgebracht.«
North lehnte sich zurück. »Isolde …«
»Ich glaube, einer der Geister kam zu ihm, als er geschwächt war, und erschreckte ihn zu Tode. Ich glaube, die haben etwas vor, und er wusste zu viel über Geister, und damit konnte er ihnen in die Quere kommen. Er hatte ein großes Wissen, glauben Sie mir. Er glaubte nicht an Geister, aber er hat sehr gründlich gearbeitet und recherchiert.«
North nickte und versuchte sich vorzustellen, wie ihr Verdacht zu einer natürlichen Erklärung passen könnte. Vielleicht hatte irgendjemand im Haus, zum Beispiel die Haushälterin, etwas getan, um die Vorstellung von Geistern lebendig zu halten, und damit Dennis buchstäblich zu Tode erschreckt. Nur hätte Dennis sich sicher nicht von einem menschlichen Wesen zu Tode erschrecken lassen. Er hatte schon die gewieftesten Betrüger entlarvt. Und hatte es überlebt.
»Ich weiß, dass Sie nicht daran glauben«, meinte Isolde. »Das ist schon in Ordnung, die meisten Leute glauben nicht daran. Aber die Gefahr ist trotzdem da. Die wollen Ihre Kinder, und sie wollen Ihre Frau.«
North erstarrte, aber Isolde sprach weiter.
»Ich weiß nicht, warum sie sie wollen. Harold meinte, dass zwei von ihnen schizophren seien. Aber die Gefahr ist ganz real. Deswegen sitze ich hier und versuche … sie zu fühlen. Mal sehen, ob sie zu mir kommen. Ich glaube …«
Sie verstummte und saß steif da, als lauschte sie.
»Isolde?«, sprach North sie an.
»Es wird wärmer hier«, stellte sie fest, und er bemerkte, dass sie recht hatte.
»Sie ziehen davon«, meinte sie und erhob sich.
»Wohin wollen Sie?«, fragte North, als sie zu dem großen Steinbogen hinüberging.
»Die kalten Stellen ausfindig machen«, antwortete sie, und obwohl er nicht daran glaubte, folgte er ihr.
Andie sorgte dafür, dass das Gasfeuer im Kinderzimmer hell loderte, befahl Alice und Carter, auf alle Fälle dort zu bleiben, und lief dann hinunter, um Lunch für sie zuzubereiten. Die Polizei und die Sanitäter waren gegangen, selbst Isolde war aus der Großen Halle verschwunden, und so eilte sie in den Salon und setzte sich auf das grün gestreifte Sofa. Dennis ’ Sofa. Hier hatte er gesessen und hatte noch gelebt, und dann hatte er hier gesessen und war tot, und …
North erschien im Durchgang zwischen Salon und Esszimmer.
»Ich gehe mit Isolde durch das ganze Haus«,
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