Ohne Kuss ins Bett
ganz begeistert.«
»War das nicht für Alice noch zu schwierig?«
»Nein, Alice spielt Frogger damit, das Froschspiel. Was? Nein, jetzt kannst du nicht Frogger spielen, es ist schon fast Zeit fürs Bett. Geh und putz dir die Zähne. Ich komme gleich nach und erzähle dir eine Geschichte. Ja, gleich. Ich spreche mit dem bösen Onkel.«
Mit wem? , wunderte sich North.
»Alice möchte dir etwas sagen«, verkündete Andie.
»Okay«, meinte North misstrauisch.
»Hallo?«, bellte Alice ins Telefon.
North hielt den Hörer ein wenig vom Ohr weg. »Hallo, Alice.«
»Wir gehen hier nicht weg!«
»Schon gut«, erwiderte North.
Er hörte, wie der Hörer polternd abgelegt wurde, dann war Andie wieder dran und sagte: »Tut mir leid.«
»Kein Problem«, meinte North.
»Nein, du kannst ihm nichts anderes mehr sagen. Du versuchst nur, Zeit zu schinden. Und er will nicht mehr mit dir sprechen, weil du unhöflich warst. Ja, es ist unhöflich, die Leute anzuschreien. Jetzt geh hinauf und putz dir die Zähne. Nein. Geh jetzt, Alice.«
Er lehnte sich zurück und lauschte der Auseinandersetzung mit Alice, zum Teil fasziniert von dieser neuen, mütterlichen Seite an Andie und zum Teil noch immer über diese eigenartige Leichenverbrennungsgeschichte grübelnd. Es hatte geklungen, als glaubte sie wirklich, dass da ein Geist war. Ein Kindermädchen mit lebhafter Fantasie, das konnte er entlassen. Wenn Andie so etwas sagte, war das etwas anderes. Sollte da jemand seinen Spaß haben oder versuchen, Außenstehende abzuschrecken …
Am anderen Ende der Leitung ertönte Geschrei, und Andie sagte: »Ich muss gehen und ein Kind verdreschen. Die Auskünfte werden jedenfalls dankbar entgegengenommen.«
»Natürlich«, erwiderte North, und im nächsten Augenblick brach das Gezeter im Hintergrund abrupt ab und das Freizeichen ertönte. Er legte den Hörer auf die Gabel und dachte: Vielleicht sollte ich doch hinfahren .
Wenn er nicht so sehr mit Arbeit überhäuft wäre. Und Andie konnte auf sich selbst aufpassen, ungeachtet dieser Sache mit dem Leichenverbrennen. Sie hatte schon immer auf sich selbst aufgepasst. Sie brauchte ihn nicht.
Die Erinnerung an sie, wie sie sich ihm mit diesem ihrem wunderbaren Lächeln zuwandte, die Arme nach ihm ausstreckte …
Fahre nicht dorthin .
Diese Andie war fort, sie würde einen anderen heiraten, sie steckte gerade in einer wirklich schwierigen Situation und konnte dabei nicht auch noch ihn und seinen Wunsch, sie ins Bett zu kriegen, gebrauchen …
Die Erinnerung daran, wie sie voller Leidenschaft in seinen Armen gelegen hatte, traf ihn unverhofft. Er hatte zehn Jahre lang versucht, sie zu verdrängen. Andie, wie sie sich im Bett an ihn klammerte, unter ihm bebte, ihr Mund heiß an seinem Körper …
»Herrgott!«, stieß er hervor, sprang hinter seinem Schreibtisch auf und begann umherzulaufen.
Er musste sie wiedersehen. Sie waren noch nicht fertig miteinander. Er wollte es richtig beenden. Oder wieder neu beginnen.
Sie wollte einen anderen heiraten, und das war ein Problem. Außerdem war sie noch immer teuflisch wütend auf ihn, weil er sie vor zehn Jahren so vernachlässigt hatte. Das alles waren keine unüberwindlichen Hindernisse, außer wenn sie diesen anderen Kerl wirklich liebte. Und dann war da noch diese Geistergeschichte.
Er sollte hinfahren, mit eigenen Augen sehen, was da vor sich ging. Herausfinden, was es mit diesem Geist auf sich hatte. Herausfinden, was es mit Andie auf sich hatte. Wenn es vorbei war, dann war es vorbei. Natürlich war es vorbei, es war schon seit zehn Jahren vorbei.
Aber wenn nicht …
Andie, wieder voller Leidenschaft in seinen Armen.
Ach Scheiße , dachte er und ging auf einen Drink zu Southie hinüber.
Andie war ins Kinderzimmer hinaufgegangen, nachdem sie Alice gezwungen hatte, ihre Zähne zu putzen. »Denn wenn du das nicht tust, faulen sie dir, und dann siehst du hässlich aus und kannst dein Müsli nicht mehr essen, weil du keine Zähne mehr hast!« Sie war in Gedanken wieder bei ihren eigenen Problemen. Sollte die gute Tante May ihr in dieser Nacht erneut einen Besuch abstatten, dann würde sie ein ernstes Wörtchen mit ihr reden. Eigentlich …
Alice betrat das Kinderzimmer, das riesige »Böse Hexe«-T-Shirt-Nachthemd über eine Schulter herabgerutscht, das Gesicht gewaschen und die Zähne geputzt. »Ich will meine Geschichte.«
»Lass uns doch mal etwas anderes probieren«, meinte Andie, die entschlossen war, noch einige Informationen
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