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Ohne Kuss ins Bett

Ohne Kuss ins Bett

Titel: Ohne Kuss ins Bett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Crusie Jennifer
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sich.
    »Ich glaube, Alice ist telepathisch veranlagt«, erklärte Dennis.
    »Was?«
    »Nun ja, es ist ihr selbst nicht bewusst. Sie hatte eine höchst ungewöhnliche Kindheit, und sie ist sehr emotional, und diese Kombination hat womöglich eine schlummernde Begabung geweckt. Sie ist wahrscheinlich ein Naturtalent. Dazu kommt noch, dass sie viel allein war und dass sie sich wahrscheinlich jemanden wünscht, der dort am Fußende ihres Bettes sitzt und auf sie achtgibt. Es ist also nicht überraschend, dass sie sich vorstellt, dass da jemand wäre. Das gibt es häufig, die Fantasiefreundin.« Er lächelte Andie ermutigend an. »Das ist nicht gefährlich. Das gibt sich wieder.«
    »Fantasiefreundin?«, wiederholte Andie. »Aber ich habe die Frau neben dem Teich gesehen.«
    »Sie haben das telepathische Abbild gesehen, das Alice dorthin projiziert hat, und zwar auf Basis der Puppe.« Er sprach freundlich, nicht im Geringsten herablassend, aber er war ein sehr entschiedener Verfechter der »Geister gibt es nicht«-Theorie.
    »Na gut, dann ist Alice eben telepathisch veranlagt«, meinte Andie. »Aber dieser Schaukelstuhl hat geschaukelt.«
    »Telekinese. Einen Schaukelstuhl zum Schaukeln zu bringen wäre kein Problem für jemanden, der so viel psychische Energie aufgestaut hat wie Alice.«
    Psychische Energie . »Also ist da gar kein Geist.«
    »Ziemlich sicher nicht, würde ich sagen.«
    »Ziemlich?«
    »Es ist kein Geist da.«
    Andie versuchte, diesen Gedanken in ihren Verstand einsickern zu lassen. Sie wartete darauf, dass sie sich erleichtert fühlte, aber … »Was ist mit May, der Tante der Kinder? Ich dachte zuerst, ich hätte geträumt, aber jetzt glaube ich das nicht mehr. Ich glaube, dass sie wirklich da war. Das Zimmer war sehr kalt.«
    »Aber Sie hatten einen Drink zu sich genommen«, gab Dennis zu bedenken und ließ das Restchen Brandy in seinem Glas herumwirbeln.
    »Tee mit Amaretto«, erwiderte Andie. »Einen Becher Earl Grey mit Schuss. Ich glaube nicht …«
    »Aber es war nachts, und Sie waren schon halb eingeschlafen, und dieses Haus hat eine ganz besondere Atmosphäre.«
    »Gruselig.«
    »Genau. Es wäre nicht überraschend, wenn Sie spät am Abend im Halbschlaf glaubten, jemanden zu sehen.«
    »Ich habe sie nicht nur gesehen, wir haben auch miteinander gesprochen.«
    Dennis schüttelte den Kopf. »Hat sie über etwas gesprochen, das Ihnen nahegeht?«
    North . »Ja.«
    »Das Unterbewusstsein findet immer einen Weg, um seine Probleme auf den Tisch zu bringen. Da ist ein traumartiger Zustand genauso geeignet wie sonst einer.«
    Es klang so plausibel, dass es sie deprimierte. »Ich komme mir vor wie eine Idiotin«, meinte Andie. »Ich habe tatsächlich angefangen zu glauben, dass es Geister gäbe.«
    »Ich bin noch schlimmer«, knurrte Dennis über sein Glas hinweg. »Ich hatte gehofft, dass es einen Geist gäbe. Ich würde so gern wenigstens ein Mal einen sehen. Das ist, als erforschte man eine ausgestorbene Lebensform. So viel man auch durch Rückschlüsse herausfindet, man bekommt nie einen Beweis aus erster Hand.« Er seufzte. »Wenn es wirklich Geister gäbe, könnte ich eine Abhandlung darüber schreiben, die die Grundfesten der modernen Wissenschaft erschüttert, die das gesamte Fachgebiet revolutioniert. Ich könnte …« Er begegnete ihrem Blick und errötete plötzlich. »Denn anders als Boston Ulrich bin ich auf meinem Fachgebiet eine anerkannte Größe.«
    »Natürlich sind Sie das«, stimmte Andie erschrocken zu. Als er einen weiteren Schluck von seinem Drink nahm, erkannte sie, dass der Brandy bereits seine Wirkung auf ihn ausübte. Doch auch leicht angesäuselt machten seine Erklärungen Sinn. Da gab es keine Geister. Natürlich gab es keine Geister. »Wissen Sie, ich bin Ihnen sehr dankbar. Und ich werde Ihnen morgen als kleines Dankeschön ein herrliches Frühstück zubereiten, bevor Sie wieder fahren. Und wenn Sie mir Ihren Pullover geben wollen, wasche ich Ihnen auch die Pizzasauce heraus.«
    Er lächelte sie, wieder entspannt, an. »Das ist sehr nett von Ihnen.« Er gab ihr sein Glas zum Halten, zog sich dann den hässlichen grünen Pullover über den Kopf und reichte ihn ihr. Dann tätschelte er ihr väterlich den Arm, während er sein Glas wieder an sich nahm, und meinte: »Und Sie gehen jetzt besser auch schlafen.«
    »Ja, gut, danke«, erwiderte Andie und sah ihm nach, wie er die große Steintreppe hinabschwankte. Der Mann vertrug anscheinend sogar nach dem Essen keinen Alkohol.

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