Ohnmachtspiele
Albrecht in sein eigenes Büro, wo Bergmann sie mit verständnisloser Miene empfing.
„Herr Albrecht möchte eine Aussage machen“, erklärte Schäfer und drückte den Mann auf den Besucherstuhl. „Schaffen Sie das ohne mich, Bergmann?“
Bergmann nickte und stand auf, ohne ein Wort über die Lippen zu bringen.
„Na gut, dann bis später.“
„Herr Schäfer“, rief Albrecht ihm nach, als Schäfer schon an der Tür war.
„Ja?“
„Danke.“
Schäfer zuckte müde mit den Schultern, drehte sich um und ging.
42
So. Mehr fiel ihm nicht ein, als er sich nach einem langen Spaziergang am Donaukanal auf eine Bank setzte und das Gesicht in die Sonne hielt. So, das war es also. Hier saß er nun. Schäfer. Und jetzt? Er nahm sein Telefon heraus und rief Harald Ziermann an. Teilte ihm mit, dass sie den Mörder seiner Frau gefasst hatten. Schäfer hatte unzählige Fragen erwartet, aber es kam so gut wie gar nichts. Nach einem Moment des Schweigens legte er auf. Er hatte sein Bestes getan. Doch Harald Ziermann würde ihn immer mit einem schrecklichen Verlust in Verbindung bringen. Wie immer. So war es, das Ende einer flüchtigen Schicksalsbekanntschaft.
Ihm wurde kalt, doch blieb er sitzen, bis die Sonne hinter den Häusern des ersten Bezirks abgetaucht war.
Eine Möwe landete vor ihm und sah ihn erwartungsvoll an. Er hob die Hände und zuckte entschuldigend mit den Schultern, worauf der Vogel sich wegdrehte, sich im Davonstaksen noch zweimal umdrehte und schließlich mit drei kräftigen Flügelschlägen über den Kanal ans andere Ufer segelte. So, was jetzt? Schäfer stand auf, sah noch eine Weile dem Wasser beim Treiben zu und querte dann die Salztorbrücke Richtung Innenstadt. In einer Boutique in einer Seitengasse probierte er zwei Hemden und einen dünnen Kaschmirpullover. Dummerweise, ohne in die Kabine zu gehen, weshalb die Verkäuferin beim Anblick seiner Waffe einen kurzen hysterischen Schrei ausstieß. Schäfer beruhigte sie und zeigte ihr seinen Ausweis. Der erste Bezirk schien sich in letzter Zeit gegen ihn verschworen zu haben, dachte er, bezahlte eilig und verließ das Geschäft. Sein Handy läutete. Bergmann. Der ihm mitteilte, dass die ganze Gruppe ein paar Tische in einem Lokal im siebten Bezirk reserviert hatte. Schließlich gab es endlich wieder einmal etwas zu feiern. Und er wäre natürlich der Held des Abends. Schäfer zögerte mit einer Zusage. Zu seinem eigenen Erstaunen hatte er keine Lust, sich volllaufen zu lassen. Da war einmal nichts, was er verdrängen, vergessen oder betäuben wollte. So so, erwiderte er schließlich, Held des Abends. Na, dann wolle er sie nicht enttäuschen. Aber davor käme er ohnehin noch ins Kommissariat. Dann könnten sie zusammen hingehen.
Als er an Kovacs’ und Schreyers Büro vorbeikam, blieb er einen Augenblick stehen, ging dann langsam weiter, drehte wieder um und drückte die Tür auf. Kovacs war allein im Zimmer. Zum Glück, sagte sich Schäfer, der sich nicht vorstellen konnte, in Gegenwart von Schreyer irgendeine Form von Emotion zu zeigen. Er zog einen Stuhl heran und setzte sich rittlings darauf, was ihm im selben Augenblick lächerlich vorkam.
„Ähm … ja?“, sagte Kovacs, nachdem ihr Vorgesetzter offensichtlich vergessen hatte, was er hier wollte.
„Ja …“, begann Schäfer zaghaft, „Sie waren gut … ich meine: Sie haben in den letzten Monaten wirklich gute Arbeit geleistet … also, wenn Sie einen Fehler gemacht haben, dann ist es mir zumindest nicht aufgefallen …“
„Solange Ihnen die eigenen auffallen“, erwiderte Kovacs grinsend und fügte schnell hinzu: „Entschuldigung, war ein Scherz.“
„Jedenfalls … das war gut, wollte ich sagen … und wenn Sie einverstanden sind, möchte ich Sie gern fix in der Gruppe haben … bei uns geht es zwar manchmal eher unkonventionell zu … aber Sie können bestimmt viel lernen … von Kollege Bergmann und …“
„Und von Ihnen“, ergänzte Kovacs.
„Ja … möglicherweise“, erwiderte Schäfer und konnte nicht umhin, wegen ihres glückseligen Strahlens selbst zu lachen. „Also dann … wir sehen uns ja ohnehin heute Abend …“
Kaum saß er an seinem Schreibtisch, als er einen Anruf aus dem Sekretariat des Polizeipräsidenten bekam.
„Der Herr Hofbauer will Sie sprechen.“
„Der Mugabe will mich sehen“, antwortete Schäfer auf Bergmanns fragenden Blick.
„Na, dann steht vielleicht doch eine Beförderung ins Haus …“
„Erstens hoffe ich es nicht, zweitens bin
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