Ohnmachtspiele
ich mir sicher. Bis später.“
„Lassen Sie sich nicht unterkriegen!“, rief ihm Bergmann nach.
Dass er über eine Beförderung nicht erfreut wäre, entsprach der Wahrheit. Der Innendienst zermürbte ihn schon nach ein paar Tagen. Zudem hatte er Kamps Aufstieg miterlebt und beneidete ihn nicht im Geringsten um dessen Position. Sosehr ihn die Verbrecher, mit denen er tagtäglich zu tun hatte, oftmals anwiderten – im Vergleich zur Kameradschaft des Polizeipräsidenten und des Innenministers erschienen sie ihm fast wie Verbündete.
„Setzen Sie sich.“ Hofbauer gab vor, in eine Akte vertieft zu sein, und ließ Schäfer ein paar Minuten warten, bevor er den Ordner zuschlug. „Major Schäfer“, sagte er schließlich, als hätte er sein Gegenüber eben erst erkannt, „wir hätten uns schon viel früher unterhalten sollen.“
„Warum?“
„Nun“, meinte der Polizeipräsident und lehnte sich zurück, „ich bin gern darüber informiert, wie meine Beamten arbeiten.“
„Ganz gut, wenn man nach der Presse geht.“
„Die Presse“, sagte Hofbauer und drehte seinen Stuhl in Richtung Fenster, „die ist ein Fähnchen im Wind. Aber Sie scheinen zu denen ja ganz gute Beziehungen zu haben …“
„Über die Jahre lernt man halt zusammenzuarbeiten …“
„Eine gute Einstellung, Major. Wenn Sie sich in Zukunft auch Ihren Vorgesetzten gegenüber so verhalten, können Sie auf eine glänzende Karriere vertrauen.“
„Ich bin eigentlich ganz zufrieden.“
„Das kann ich mir vorstellen.“ Hofbauer bemühte sich um ein Lachen. „Aber, nicht dass wir uns missverstehen: So, wie wir Sie nach oben bringen können, so schnell können wir Sie auch in der Provinz verschwinden lassen.“
„Mit welcher Begründung?“
„Sie sind … unberechenbar … und was Ihre Loyalität betrifft, stehen Sie weit außerhalb des noch tolerierbaren Bereiches …“
„Bei allem Respekt, Herr Hofbauer“, erwiderte Schäfer, „meine Loyalität zum Polizeidienst steht wohl nicht zuletzt aufgrund der jüngsten Erfolge außer Frage.“
Lächelnd schlug Hofbauer den Ordner auf seinem Schreibtisch auf und blätterte ein paar Seiten vor.
„Möglicherweise ist es Ihnen entgangen, dass sich die Dienstaufsicht in den letzten Monaten mit Ihnen beschäftigt hat …“
„Wenn ich mich da jedes Mal darum gekümmert hätte, was die Dienstaufsicht macht, dann gute Nacht.“
„Nun, dieses Mal werden die Ergebnisse allerdings nicht einfach unter den Tisch fallen, so wie es bei meinem Vorgänger des Öfteren der Fall gewesen sein dürfte. Schauen wir uns doch einmal ein paar Details dieser Untersuchung an: Treffen mit einem Journalisten im Restaurant Salzgries … was für ein Zufall, dass gerade dessen Zeitung als erste über den Fall Bescheid wusste. Private Einkäufe während der Dienstzeit, ungebührliches Benehmen nach einem Lokalbesuch in Ottakring, Verdacht auf Legung falscher Indizien … da hat sich einiges angesammelt …“
„Sie haben mich bespitzeln lassen.“ Schäfer konnte es nicht fassen. „So sieht also die Polizeireform aus …“
„Na na, Herr Major, nur nicht ausfällig werden … Bespitzeln ist doch etwas übertrieben, wir sind doch nicht bei der Stasi … es ist ja auch nicht so, dass ich der Einzige bin, dem Ihr Verhalten Sorge bereitet … und dass gewisse Kontrollmechanismen gerade im Bereich der Polizeiarbeit unumgänglich sind, darüber sind wir uns wohl einig …“
„Kontrollmechanismen …“ Schäfer schüttelte den Kopf. „Dass ich mich mit einem Bekannten treffe oder vor den Weihnachtsfeiertagen kurz einkaufen gehe, kann man mir kaum als Amtsmissbrauch auslegen …“
„Wie Sie ganz treffend formulieren: Es ist eine Frage der Auslegung. Sie könnten sich mit diesem Reporter getroffen haben, um an zweckdienliche Informationen zu gelangen, oder um rechtswidrig Interna weiterzugeben … Ihre diversen Ausflüge könnten der Ermittlung gedient haben oder Freizeitgestaltung auf Kosten des Steuerzahlers gewesen sein … Wie soll es denn Ihrer Meinung nach gesehen werden?“
„Was wollen Sie von mir?“
„Das glaube ich bereits erwähnt zu haben: Loyalität, Disziplin … und ein Konformgehen mit den Erfordernissen unserer Reform …“
„Soll ich vielleicht auch noch Ihrer Partei beitreten?“
„Wenn Sie das ernsthaft in Erwägung ziehen …“
Schäfer schaute dem Polizeipräsidenten für einen Moment in die Augen. Meinte der das ernst?
„Der lange schwarze Schacht in die schattenseitigen
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