Oliver Hell - Gottes Acker (German Edition)
darauf, dass sich Mörder berufen fühlen, sich in ihrer Show zu präsentieren. Was sagen ihre Hörer denn zu dieser Tatsache?“ Hell formte seine Hände zu einem Trichter.
Roberts blieb erst ruhig. Hell erkannte, er musste erst überlegen und sich sein Sprüchlein zurechtlegen. Doch dann sagte er, „Wir tun hier nur das, was uns die Pressefreiheit zuspricht. Wir informieren die Menschen, die Angst haben. Wir informieren, Sie hingegen wiegeln nur ab.“
Hell war schon im Gehen, als er sagte, „Wir wiegeln nicht ab, wir klären auf. Wir hetzen niemanden auf, wir tauchen auch nicht dort auf, wo wir nichts zu suchen haben, Herr Roberts! Aus reiner Sensationsgier.“
Roberts sagte noch etwas, was Hell nicht mehr verstand. Er schloss das Gartentor hinter sich.
„ Diese Idioten denken, weil Sie nachts ein paar Hörer haben, sind sie die Könige der Stadt“, sagte Weinert. Sie gingen zusammen ein paar Schritte auf das Haus zu.
Am Eingang zur Sackgasse wurde es wieder laut. Hell schaute zurück und sah den Mercedes der KTU in die Straße rollen. Er kniff die Augen zu, um zu erkennen, wer am Steuer saß. Er meinte, Tim Wrobel zu erkennen, den Leiter der KTU. Den KTU-Mitarbeiter auf dem Beifahrersitz erkannte er nicht. Er blieb vor der Türe stehen, um die Tatortermittler zu begrüßen, während Weinert seine Männer zusammentrommelte. Für sie war der Einsatz beendet. Die Polizeibeamten würden die weitere Absicherung übernehmen.
Als zweiter Tatortermittler kroch mit müdem Gesicht Heike Böhm aus dem Sprinter. Hell hatte richtig gesehen, der Chef der KTU selber hatte in dieser Nacht Bereitschaft. Wenn er richtig kombinierte, so kamen die beiden soeben von der Untersuchung der Unfallstelle auf der Margarethenhöhe.
„ Hallo Tim“, begrüßte Hell Tim Wrobel, „Hast Du keine Leute, oder warum bist Du selber hier?“
„ Leute haben wir genug, doch sind die im Moment alle mit Gauernacks PKW und dem Fahrzeug des Unfallverursachers beschäftigt. So wie es aussieht, haben bei dem Fahrzeug die Bremsen nicht versagt, er ist einfach in den Wagen von Gauernack reingeknallt.“
Er reichte Hell die Hand, begann noch vor der Türe sich den weißen Overall überzustreifen.
„ Ich versteh überhaupt nicht, warum Gauernack auf dieser Straße unterwegs war“, sagte Hell.
Der Staatsanwalt wohnte in Unkel. Vom neuen Präsidium hätte er bloß den Rhein entlang fahren brauchen. Der Weg über die Margarethenhöhe war ein Umweg. Vor allem fuhr er die Margarethenhöhe hinauf. Diese Frage beschäftigte schon an der Unfallstelle zuvor die Oberstaatsanwältin.
„ Wo wollte Jakob denn nur hin? Er hat sich von mir verabschiedet und mir berichtet, dass er dringend nach Hause müsse“, sagte sie zu Hell noch an der Unfallstelle. Auf ihrem Gesicht war das Entsetzen wie eingemeißelt.
Ein paar Meter hinter ihnen lag noch immer das Autowrack, das zwischen dem Unfallgegner und einem Baum eingeklemmt worden war. Der BMW des Unfallverursachers war schon von der Feuerwehr aus der Böschung gezogen worden. Erst danach konnte man mit der eingehenden Untersuchung des Fahrzeuges von Gauernack beginnen. Die Feuerwehr hatte das Dach des Audi A8 aufgeschnitten, um an den Staatsanwalt zu gelangen. Doch bereits zu diesem Zeitpunkt war den Einsatzkräften klar, dass hier jede Hilfe zu spät kam.
„ Die Frage müssen wir klären, wir haben den Wagen schon oberflächlich untersucht, auch sein Handy. Er hatte einen letzten Anruf auf dem Telefon. Die Mitarbeiter klären gerade, wem das Telefon gehört, von dem der Anruf kam“, hatte Wrobel ihr geantwortet.
„ Ihr denkt, das war der Grund für seinen Ausflug?“ Der Leiter der KTU hatte nur die Schultern hochgezogen. „Mag sein, mag nicht sein.“
Schwül. Es war noch immer heiß. Die Luft war dick und roch nach den Absonderungen der Bäume. Es roch nach Nadelholz. Der Geruch verband sich in seinem Gehirn mit der Erinnerung an Gauernacks Tod. Wann auch immer Hell in seinem weiteren Leben diesen Geruch wahrnahm, so hatte er folgendes Bild vor Augen. Ein zertrümmerter Wagen, dessen Dach wie eine Sardinendose geöffnet wurde. Ein toter Kollege. Eine völlig aufgelöste Kollegin.
„ Habt ihr den Anrufer schon ermittelt?“, fragte Hell jetzt Tim Wrobel, als der sich vor der Türe von Jan Schnackenberg seine weißen Überschuhe anzog.
Wrobel nickte. „Der Anruf kam von einem Reporter. Sein Name ist Maier.“
*
Hell kam die Situation schizophren vor. Vor nicht ganz zwei Minuten hatte er einen
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