Olivers Versuchung
interessiert.“
„Wenn Gabriel hier wäre, würde er –“
„Er ist aber nicht hier“, unterbrach Zane ihn. „Ich bin im Moment verantwortlich. Und ich erwarte, dass meine Befehle befolgt werden.“
Oliver verkniff sich seine nächste Bemerkung. Zane konnte manchmal wirklich ein Arschloch sein. Und jetzt, während er für Gabriel, der den New Yorker Sitz von Scanguards besuchte, um sich zu vergewissern, dass alles reibungslos lief, Stellvertreter spielte, war Zane geradezu unerträglich.
„Verstanden.“
Ein schwarzer Porsche schlitterte um die Ecke und bretterte auf sie zu. Weder er noch Zane zuckten zusammen. Als das Auto nur wenige Zentimeter vor ihnen zum Stillstand kam, schüttelte Oliver seinen Kopf.
„Er liebt den großen Auftritt“, meinte Oliver und beobachtete, wie sich die Autotür öffnete und Amaury ausstieg.
Ein breites Grinsen breitete sich auf dem Gesicht seines Kollegen aus, und eine leichte Abendbrise wehte durch sein langes dunkles Haar. Seine stechend blauen Augen waren nachts noch leuchtender als tagsüber.
„Genau zum richtigen Zeitpunkt“, bemerkte Zane und hob die Hand zum Gruß.
Oliver machte einen Schritt auf Amaury zu. „Hey Amaury, danke fürs Kommen.“
„Ich will doch die ganze Aufregung nicht verpassen.“ Amaurys tiefe Stimme hallte in der ruhigen Seitenstraße wider.
„Wir werden mal sehen, ob es überhaupt Aufregung gibt“, warnte Zane. „Amaury, du kannst mit mir fahren. Oliver, du nimmst Cain und das Mädchen mit.“
„Sie hat einen Namen.“
Zane hob eine Augenbraue hoch. „Dann eben Ursula. Wir folgen dir, Oliver. Und sie soll uns ja nicht auf eine ziellose Jagd schicken. Ruf mich an, sobald du im Auto bist und halte die Leitung offen. Ich will mithören, was vor sich geht.“
Mit einem knappen Nicken drehte sich Oliver um und ging die Treppe zur Eingangstür hoch. Nachdem Cain ihm alle Informationen im Zusammenhang mit Ursulas Verschwinden gegeben hatte, hatte Oliver Zane um Hilfe gebeten, da er wusste, dass er nichts ohne Scanguards’ Unterstützung unternehmen konnte, wenn er nicht sich selbst und andere in Gefahr bringen wollte. Dass er mit anderen in erster Linie an Ursula dachte, war eine Tatsache, die er lieber für sich behielt.
Als er das Wohnzimmer betrat, schoss Ursula von der Couch hoch und sowohl Cain als auch Blake sahen ihn erwartungsvoll an.
„Zane hat es genehmigt.“
Blake grinste. „Ausgezeichnet! Endlich ist was los!“
„Du kommst nicht mit, Blake.“
„Was?“
„Du hast mich richtig verstanden. Niemand ist in der Stimmung, heute Nacht deinen Arsch zu retten.“
Es war nicht genau das, was Zane gesagt hatte, aber da sie nicht wussten, was sie erwartete, hatten sie beschlossen, den Sterblichen zuhause zu lassen. Es war schlimm genug, dass sie eine Sterbliche, Ursula, mitnehmen mussten. Zwei könnten sie zu sehr ablenken, falls sie in Schwierigkeiten gerieten.
„Das ist absolut unfair!“, beschwerte sich Blake.
„Das Leben ist unfair. Gewöhne dich dran!“ Dann gab Oliver Cain und Ursula ein Zeichen. „Lasst uns gehen. Wir nehmen den Minivan. Zane und Amaury werden uns mit dem Hummer folgen.“
Als Ursula an ihm vorbeiging, trafen sich ihre Blicke. Ein stilles Dankeschön schimmerte in ihren Augen. Er hoffte, dass er sie nicht falsch eingeschätzt hatte und dass sie sie nicht in eine Falle lockte.
Augenblicke später waren sie im Minivan. Cain saß auf der Rückbank und Ursula auf dem Beifahrersitz. Oliver ließ den Motor an und schoss aus der Garage heraus. Als er den geparkten Hummer überholte, wählte er Zanes Handy. Der Anruf wurde beantwortet, bevor es auch nur ein einziges Mal klingeln konnte.
„Zeig uns den Weg!“
Im Rückspiegel sah Oliver wie Zanes Hummer ihm folgte. „Ich fahre zur Bayview, wo ich Ursula begegnet bin.“ Er sah sie von der Seite an. „Danach musst du uns weiterleiten.“
Ursula nickte nervös. „Ich werde mein Bestes versuchen.“
„Das will ich schwer hoffen“, kam Zanes Stimme über den Lautsprecher.
„Das wird sie auch“, erwiderte Oliver mit Entschlossenheit, bevor er sich auf den dichten Feierabendverkehr in der Innenstadt konzentrierte.
Sie fuhren schweigend weiter, bis sie die Brücke an der 3rd Street hinter dem Baseballstadium überquerten. Dahinter lagen ein paar schicke neue Wohnanlagen und dann begann der wenig einladende Stadtteil Bayview.
Die Gegend hatte nicht viel Gutes an sich. Sie wurde von Kriminalität geplagt, und selbst die kürzliche
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