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Olympiareife Nummern

Olympiareife Nummern

Titel: Olympiareife Nummern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Meissner-Johnannknecht
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immer mitbringen", sage ich ihr. Sie
    küsst mich auf die Wange beim Abschied.
    „Gib' Jan auch ein Kuss von mir", sagt sie.
    „Wie? So ... oder anders?", frage ich zwinkernd.
    Sie lächelt. „So, wie er's am liebsten hat", sagt sie, „du weißt das sicher am besten!" Oh ja, das tu ich.

    Lily plappert unentwegt im Auto. Wo sie waren, was sie gesehen und gemacht haben ... ich beobachte sie belustigt im Rückspiegel. Sie ist süß, meine kleine Lily! Wenn ich mir überlege, dass Josy auch bald Vater ist... ! „Müsste jetzt eigentlich bald so weit sein", denke ich, „dicker kann Klara nicht mehr werden."
    Sie sieht nämlich aus, als hätte sie ein Medizinball unterm Hemd versteckt. Josy und sie wohnen jetzt in Rahlstedt in 'nem kleinen Reihenhäuschen in der Nähe der Gärtnerei, wo Josy arbeitet. Und seit kurzem ist er sogar zum Juniorchef aufgestiegen.

    „Mensch, du wirst Geschäftsmann? Und Hausbesitzer? Alle Achtung!"
    Er hatte es uns in der WG erzählt, an einem der wenigen Abende, wo ich mal da war. Mit Jan natürlich. „Uli, heute mach' ich mal 'ne Ausnahme und trink ein Bai- leys mit", hatte ich den angehauen, „los, gib' mal einen aus!" Jan trank lieber Bier mit Josy.
    „Charlotte soll mit Garten aufwachsen, nicht in 'ner Etagenwohnung."

    „Ach, wisst ihr' s schon?", hatte Jan gefragt. Josy hatte genickt. „Auf 'm Ultraschall das letzte Mal... die Frauenärztin sagte, es fehlt was. Klara wollte es so gerne wissen."
    Ich war ziemlich perplex. „Kein Junge?", keuchte ich und verschluckte mich fast an meinem Baileys nach der heftigen Niesattacke, die ich immer von dem Zeug kriege. Irgendwie bin ich immer davon ausgegangen, dass Josy mit seinem Sohn auf den Schultern jeden zweiten Sonntag Nachmittag am Millerntor ist (ach, nein, Pauli ist ja schon wieder abgestiegen, die Regionalligaspiele laufen ja am Samstag ... aber wer weiß, wenn das Kind größer ist... vielleicht sind sie dann wieder in der 1 .Liga. Oder erst mal in der zweiten. Träume sind schließlich nicht verboten. Zum zweiten Abstieg Paulis noch 'ne Bemerkung: Ich weiß nicht, was aus Josy geworden wäre, wenn er Klara nicht kennengelernt hätte ... er trägt den Durchmarsch seiner Lieblingsmannschaft von der 1. Liga in die Regionalliga mit erstaunlich tapferem Gleichmut.)

    „Na, wenigstens bleibt 's dir dann erspart, dass dein Sohn mal schwul wird", hatte Uli trocken gesagt. „Wieso?", fragte Josy verständnislos, „seit wann habe ich denn was gegen Schwule?"

    „Auch wahr", feixte ich, „und wir haben auch nichts gegen Lesben!"
    Die Hochzeit fand übrigens bei Josys Eltern in Ahrensburg statt.
    „Was? Nicht auf 'm Kiez?", fragte Jan erstaunt, als wir die Einladungskarte im Briefkasten fanden. Ich sollte sein Trauzeuge sein.
    „Richtig im Anzug? Josy? Wo hat der denn den Anzug erstanden?" Uli fiel genauso wie ich aus allen Wolken. Dietlinde war natürlich auch eingeladen.
    „Keine rosa Blüschen", warnte ich den, „mach' dich mal anständig zurecht. Sei ein Mann - oder tu zumindest so, als ob!" Dietlinde färbte mir gerade mal wieder den Haaransatz nach. Schließlich wollte ich gut aussehen an Josys Ehrentag.
    „Mensch, Nick, du siehst so ... groß und männlich aus", staunte Christoph, als er mich in meiner dunklen Kombination aus Jackett und Bügelfaltenhose sah. Die Hose hatte ich mir von Pit geborgt, das Sakko von 'nem Studienfreund, solche Teile besitze ich nicht! Jan stand vor mir und machte mir den Krawattenknoten, ich krieg das immer nicht hin. „Ja, er wirkt heute richtig erwachsen", sagte der stolz, „du siehst zum Anbeißen aus. Ich krieg selber Lust zu heiraten!" „War das jetzt ein Antrag?", fragte ich ihn. Er hielt inne mit dem Schlipsbinden und sah mich ernst an. „Ich würd's glatt tun", sagte er. Mensch, das war mein erster Heiratsantrag!
    Echt, wir sahen alle piekfein aus. Wie 'ne richtige Hochzeitsgesellschaft eben. Allein Josy im Anzug zu erleben, war der absolute Hammer!
    Nach dem Standesamt gingen wir essen und Lily bekleckerte prompt ihr weißes Kleidchen. Am Morgen hatte es noch hitzige Diskussionen deswegen gegeben. „Das ziehst du erst heute Nachmittag an, wenn du Blumen streust!", hatte Jan am Morgen dreist verlangt, weil er seine kleine Kleckertante natürlich kannte! Jawohl, auch kirchliche Trauung! Das volle Programm! Wenn schon, denn schon.
    Lily rastete regelrecht aus nach seiner gewagten Forderung und schrie und tobte. Man muss sich aber auch mal reintun, wie sie sich gefühlt haben

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