Oma dreht auf
else
he’d trade the world for the good thing he’s found.
If she is bad he can’t see it she can do no wrong,
turn his back on his best friend he puts her down.
Ocke wusste, dass Christa gestern Abend früh ins Bett gegangen war, sie hatte ziemlich frustriert gewirkt. Im besten Falle hatte sie Ärger mit ihrem Stefan gehabt, was ihm Mut machte. Immerhin hatte sie nicht bei ihm übernachtet und er auch nicht bei ihr.
Auch Ocke hatte sich früh hingelegt und statt der üblichen Flasche Bier einen Pott Salbeitee getrunken, der gut für die Stimme war. Er wollte nichts unversucht lassen, um Christas Herz zu erobern. Nun gab es kein Zurück mehr, er stand kurz vorm Refrain. Ein gutes Gefühl – mit flauem Magen!
Ocke stellte sich vor, wie Christa gerade aus tiefsten Träumen erwachte und die Musik im ersten Moment nicht zuordnen konnte. Sie wohnten ja nicht an einem Touristenboulevard mit hundert Straßenmusikern am Tag, sondern am Rand der Marsch hinterm Deich. Noch waren die Vorhänge geschlossen, Ocke sang weiter.
When a man loves a woman spend his very last dime
trying to hold on to what he needs.
He’d give her all his comforts sleep out in the rain
if she said that’s the way it oughta be.
Dann wurden die Gardinen beiseitegeschoben und das Fenster geöffnet. Ocke konzentrierte sich mit aller Kraft darauf, das leichte Zittern seiner Stimme unter Kontrolle zu bekommen. Christas Kopf mit dem verwuselten Haar tauchte am Fenster auf. Obwohl Ocke sie gerade aus dem Schlaf gerissen hatte, sah sie gerührt aus. Nun schloss er die Augen. Er hatte gesehen, was er zu sehen gehofft hatte. Jetzt wusste er nicht einmal mehr, ob sie überhaupt noch schaute. Ocke hatte alles genau so umgesetzt, wie es ihm sein Therapeut empfohlen hatte: «Wenn Ihre Christa dadurch nicht bewegt wird, hat sie ein Herz aus Stein.»
Das Lied war zu Ende, Ocke öffnete die Augen, Christa lächelte ihn durchs offene Fenster an. Dieses Lied galt nur ihr, und das wusste sie nun. Ocke erwartete nicht, dass er sie im Sturm erobern würde. Zumal sie zusammen lebten und einen Alltag teilten, der für sich gesehen alles andere als aufregend war. Doch ab jetzt würde immer etwas anderes, ganz und gar nicht Alltägliches darunter hervorschimmern. Wo auch immer die Reise hinging, das Schiff hatte abgelegt.
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22. Diät ist auch kein Leben
«Heute mache ich gar nichts», kündigte Ocke am nächsten Morgen nach dem Frühstück an und streckte sich auf seiner Liege aus. Ein warmer Luftzug ging über die WG -Terrasse und huschte weiter in Richtung Marsch. Hoch «Hanne» hatte ganz Nordfriesland im Griff, der Friesenwimpel überm Haus hing schlaff an der Stange. Es tat gut, richtig auszuspannen und zwischendurch einfach mal wegzudämmern. Ocke hatte sich im Gesicht mit Lichtschutzfaktor dreißig eingecremt, weil seine Haut dort, wo sein Bart jahrzehntelang gestanden hatte, schneeweiß war. Alles war getan, alles erledigt. Er schloss die Augen.
«Ich gehe nie wieder weg von dieser Terrasse», sagte Imke, die ihm gegenüber lag.
«Und gekocht wird heute auch nicht, wir lassen uns was kommen», ergänzte Christa. Sie lag im Bikini neben ihm auf der Liege.
Nach der Geburtstagsfeier und dem anschließenden Trubel schienen sie alle froh, dass wieder so etwas wie Alltag eingekehrt war. Wobei ihr Sonnenbad auf der Terrasse den Alltag natürlich um einiges toppte. Für Ocke war das alles jedoch völliger Unsinn: Er lag neben Christa und war entspannt? Wie sollte das gehen?
Nach seinem Ständchen vor Christas Fenster war für ihn nichts mehr normal in der WG , schon gar nicht ein Sonnenbad auf der Terrasse, wenn seine Liebste im Bikini direkt neben ihm lag. Das heißt, seine Liebste war sie ja nicht, sondern – ja, was eigentlich? Es war Ocke egal, dass sie das Hoch «Hanne» genannt hatten, für ihn war es Hoch «Christa» – und das würde auch so bleiben, wenn daraus ein Tief werden sollte. Wie auf Föhr alles für ihn nur noch «Christa» war: ihre ehemalige Schule, die Meierei, in der sie gelernt hatte, ihr Elternhaus in Wyk und sogar die Fähre, mit der sie so oft gefahren war. Alles, was mit ihrem Leben zusammenhing, wurde eine Sehenswürdigkeit, und die Insel war voll davon.
Ocke musste sich sehr beherrschen, um sich seine Nervosität nicht anmerken zu lassen und nicht permanent auf seiner Liege herumzuzappeln. Der einzige Gedanke, der ihn seit Stunden beschäftigte, war, was wohl passieren würde, wenn er einfach
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