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Omertà - Die ganze Geschichte der Mafia: Camorra, Cosa Nostra und ´Ndrangheta (German Edition)

Omertà - Die ganze Geschichte der Mafia: Camorra, Cosa Nostra und ´Ndrangheta (German Edition)

Titel: Omertà - Die ganze Geschichte der Mafia: Camorra, Cosa Nostra und ´Ndrangheta (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Dickie
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bösartigen Gegenpart im Lebenslauf Don Raffaele Palizzolos, den die Polizei als »Gönner der Mafia« identifizierte. In seine Zuständigkeit fiel das Umland von Palermo, vor allem im Süden und Osten der Stadt. Palizzolos Lehen hatte sein Zentrum in den berüchtigten
borgate
Villabate und Ciaculli, wo er Land teils besaß, teils gepachtet hatte, und wo seine Freunde in altbekannter Manier die Zitrushaine kontrollierten und die Aktivitäten von Banditen und Viehdieben koordinierten.
    In den 1870 er Jahren häufte Don Raffaele ein Vermögen an, indem er sich Zugang verschaffte zu Stadt- und Gemeinderäten sowie zu den Ausschüssen zahlloser Wohlfahrtsverbände und halbstaatlicher Organisationen. In seiner Funktion als Bürgermeister von Palermo ertappte Notarbartolo Don Raffaele dabei, wie er sich an Kapital vergriff, das zum Kauf von Mehl für die Armen vorgesehen war.
    Palizzolo war ein Meister des sogenannten
sottogoverno
, zu Deutsch etwa »Günstlingswirtschaft«: Er tauschte zwielichtige Gefälligkeiten gegen politischen Einfluss. Standen Wahlen bevor, pflegte er durch die Gegend zu reiten, flankiert von den Bossen der Mafia und ihren Helfershelfern. Die Mafiosi aus Villabate tarnten ihre Treffen oft als politische Versammlungen zur Unterstützung ihres Arbeitgebers. 1882 wurde Palizzolo ins Parlament gewählt.
    Auch in der Bank von Sizilien stieß Emanuele Notarbartolo auf Palizzolo. Als Generaldirektor stand Notarbartolo unter der Aufsicht eines Komitees aus 48  Amtsträgern der Bezirksregierung, der Handelskammern und so weiter. Einer davon war Palizzolo. Auch andere berüchtigte Gauner, die mit dem organisierten Verbrechen in Verbindung standen, gehörten dem Gremium an, sowie etliche Geschäftsleute mit eindeutigem Interessenskonflikt: Sie schuldeten der Bank Geld. Kein Wunder also, dass Notarbartolos straffe Kreditpolitik unbeliebt war. 1882 wurde Notarbartolo von vier Männern in Soldatenuniform entführt und erst nach Zahlung eines Lösegelds wieder freigelassen. Einem Wink folgend, fand die Polizei die Entführer, die sich in einem leerstehenden Haus versteckt hielten. Das Lösegeld dagegen blieb verschwunden. Man kann sich freilich denken, wer einen tüchtigen Batzen abbekommen hatte: Sowohl der Schauplatz der Entführung als auch das Versteck der Entführer befanden sich innerhalb des Territoriums, das von den Mafiosi aus Villabate kontrolliert wurde, die zu ihren Festessen Palizzolo als Ehrengast zu begrüßen pflegten.
    1888 war Notarbartolo tagtäglich mit seinem Erzfeind konfrontiert, da Palizzolo in den Vorstand der Bank von Sizilien gewählt worden war. Als Italiens Bauboom einbrach, kam es zum offenen Konflikt zwischen Generaldirektor und Vorstand. Notarbartolo versuchte die Minister zu überreden, die Satzung der Bank von Sizilien zu ändern, um die Macht des Vorstandes einzuschränken und dem Generaldirektor die Möglichkeit zu geben, auf die Kreditkrise zu reagieren. Doch er wurde von Palizzolo und anderen ausgebootet und verlor im Februar 1890 seine Stellung. Seine siegreichen Feinde versuchten sogar, ihn um seine Pension zu bringen.
    Nachdem Emanuele Notarbartolo aus dem Weg war, wurde das Geld der Bank unrechtmäßig dazu eingesetzt, den Aktienpreis von Italiens größter Reederei,
Navigazione Generale Italiana
, kurz NGI , in die Höhe zu treiben. Der Hauptaktionär von NGI war zufällig der reichste Mann Siziliens, welcher zufällig den maßgeblichsten Politiker der damaligen Zeit unterstützte, nämlich Siziliens Premierminister Francesco Crispi, welcher zufällig einen engen Verbündeten im neuen Generaldirektor der Bank von Sizilien gefunden hatte, welcher zufällig selbst eine Menge NGI -Aktien besaß.
    Palizzolo schmierte die Rädchen dieses Getriebes. Als Parlamentsmitglied legte sich Don Raffaele, wie er es immer getan hatte, mächtig für NGI ins Zeug. Als Mitglied im Vorstand der Bank von Sizilien billigte er die Transaktion mit NGI -Aktien. Als Mitglied der Mafia nahm er sich einen Teil des Bankvermögens, um noch mehr dieser künstlich in die Höhe getriebenen NGI -Anteile zu kaufen. Zudem vermittelte er Freunden, die Zitronen und Orangen exportierten, großzügige Kredite.
    Dann, Ende 1892 , wurde das Gemauschel an der Banca Romana (die ihr eigenes Geld druckte) im Parlament aufgedeckt. Im ganzen Land gerieten die Kreditinstitute ins Wanken. Die Rufe nach einer Säuberung im Bankensystem waren inzwischen zu laut geworden, um ungehört zu verhallen. Emanuele Notarbartolo

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