Oneway to Montréal - Roman (German Edition)
Kleinstadt, wie Mrs. Albright behauptet hatte, aber im Vergleich zu Ottawa oder Montréal doch etwas provinzieller. Direkt an der Stelle gelegen, an der der Lake Ontario in den Sankt-Lorenz-Strom übergeht, befindet es sich genau zwischen Toronto und Montréal. Vor allem die vielen, mit roten Ziegeln gedeckten, viktorianischen Kalksteinhäuser, und auch die Lage zwischen Sankt-Lorenz-Strom, der bis nach Québec führt, und dem Rideau-Kanal, der in Ottawa endet, machen Kingston zu etwas ganz Besonderem.
Die vier jungen Leute kamen gut miteinander aus.
Nie kam es zu Spannungen.
Daher hatte es sich nach kürzester Zeit ergeben, dass Sammy, Dan und Jeannie Larry angeboten hatten, bis zu seinem Arbeitsbeginn in Montréal doch bei ihnen wohnen zu bleiben.
Dies nahm er gerne an und machte den Mietvertrag über das kleine Appartement rückgängig.
Sammy und Dan waren meist mit Lernen und Prüfungen beschäftigt.
Larry und Jeannie arbeiteten den ganzen Tag.
Larry kümmerte sich mehr als die anderen um die Hausarbeit, da er die meiste Zeit dafür hatte und sich auch für die Aufnahme in die kleine Gemeinschaft revanchieren wollte. Jeannie dagegen ließ sich hier nicht so leicht festlegen und war abends häufig mit Freunden unterwegs.
Eines Abends kochten Dan, Sammy und Larry gemeinsam. Dies war häufig der Fall, denn die drei unterhielten sich dabei blendend.
Die Stimmung war fröhlich und eine kleine Kabbelei folgte der nächsten.
Sammy schnippelte die Zutaten für den gemischten Salat, während Larry gerade die Festigkeit der kochenden Nudeln testete.
Die Teller klirrten leise, als Dan sie auf den Tisch stellte.
Dann hörten sie, wie ein Wagen in die Einfahrt bog und der Motor abgestellt wurde.
Lachende Stimmen näherten sich der Haustür und sie erkannten Jeannie und vernahmen die unbekannte Stimme eines Mannes.
Sammy sah fragend zu Dan, der nur die Schultern hob.
„Keine Ahnung, sie hat nichts gesagt, dass jemand zum Essen mitkommt.“
Larry goss die Nudeln ab und meinte mit dem Kopf in der Dampfwolke:
„Wird schon für einen mehr reichen, das Timing ist allerdings wieder grandios! Wie macht sie das nur?“
Sammy grinste:
„Egal, sie spült auf jeden Fall ab, ob mit männlicher Unterstützung oder ohne!“
Die Tür flog auf und Jeannie stand strahlend in der Tür. Sie rief lachend:
„Ihr glaubt nicht, wer mir soeben in der Bank über den Weg gelaufen ist. Los, komm schon rein!“
Sie zog einen Mann ins Zimmer, hochgewachsen und schlank, blond mit Strähnchen!
Das Gesicht war ein Durchschnittsgesicht, kein Typ, der in einer Menge auffallen würde.
Dennoch kam er Sammy bekannt vor. Ein Schauder lief ihr über den Rücken, den sie sich nicht erklären konnte.
Wer war er nur?
Ohne darüber nachzudenken trat sie einen Schritt zurück, so dass sie zwischen Dan und Larry zu stehen kam.
Der Mann, in Dans Alter, zog erstaunt die Augenbrauen hoch, lächelte aber dann auf eine beinahe weibliche Weise und da fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Im gleichen Moment hatte auch Dan ihn erkannt.
„Ich glaub es nicht – Will Mansfield! Wo kommst du denn her? Und wo hast du die ganzen Jahre gesteckt?“
Sammy konnte sich nur mit Mühe überwinden etwas zu sagen. Ihre Zunge schien wie gelähmt und vor ihrem inneren Auge zogen die Erinnerungen vorbei:
Erinnerungen an den Fluss, die Szene im Gartenhaus und das Gesicht von Patrice LaSalle!
Nie wieder würde sie Will ansehen können, ohne an all dies zu denken!
Dennoch schien er auf eine Reaktion von ihr zu warten, während Jeannie wie üblich wie ein Schnellfeuergewehr plapperte:
„Er kam zur Tür rein und ich dachte, wer ist denn der hübsche Kerl? Kommt mir doch bekannt vor …, dann fiel es mir ein! Ist doch der Wahnsinn! Wie lange ist es her? 8 oder 9 Jahre bestimmt, nicht wahr?“
Larry wusste, dass Jeannie gerne plapperte, manchmal etwas hirnlos, aber sie schien ihm jetzt vollkommen überdreht.
Wegen dem Kerl? So hübsch war er auch wieder nicht.
Als er Dan und Sammy ansah bemerkte er, dass der Freund die Lippen zusammenpresste, als wäre ihm etwas unangenehm.
Und Sammy?
Sie war leichenblass geworden.
Und nun sprach sie ganz leise, ohne Will aus den Augen zu lassen:
„Am 20. April werden es 10 Jahre, dass wir dich das letzte Mal gesehen haben, Will. An Patrice‘ Beerdigung!“
Schweigen legte sich über den Raum und Jeannie sah mit aufgerissenen Augen zur Freundin. Sie sagte jedoch nichts und Larry verstand nun ihr
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