Onkel ist der Beste
deine Sprache«, versuchte er sich im Tadeln, doch sie machte sich mit einer so konzentrierten Wut über das Geschirr her, daß er für das Schicksal der Teller fürchtete.
Im Wohnzimmer versuchten Dora und ihr Onkel ein Gespräch in Gang zu bringen. Ihnen war die unglückliche Szene und die Unhöflichkeit Judys sehr peinlich. Elsa hatte einen Fehler gemacht, gewiß, sie war taktlos und dumm gewesen, hatte es aber nicht böse gemeint. Sie wußten, daß Judy überrumpelt worden war, trotzdem hätte sie sich besser in der Gewalt haben müssen.
Robert sympathisierte insgeheim mit Judy, aber auch Mrs. Ward tat ihm leid. Schließlich nahmen alle Judys Freundschaft mit Alan als gegeben hin und waren der Meinung, sie werde unweigerlich in eine Verlobung münden. Elsa hatte sich sicher zuviel herausgenommen, doch man konnte nicht erwarten, daß sie Judys Abneigung gegen Mitleid und Tratsch kannte.
Er vermutete, daß Dora peinlich berührt war. Ihrem Gast gegenüber benahm sie sich mit Höflichkeit, doch war sie offensichtlich erleichtert, als sie eine Entschuldigung fand und die Unterhaltung Robert überlassen konnte.
»Und Sie genießen es nun also, daß Sie Ihre Familie entdeckt haben«, bemerkte Elsa verständnisvoll zu Robert. »Sie haben Glück. Als mein Mann im letzten Krieg fiel, hinterließ er mir nichts außer der Notwendigkeit, mir meinen Unterhalt verdienen zu müssen. Doch es war ein wahrer Segen für mich. Ich liebe meine Arbeit bei der Zeitung. Mir macht es sogar Spaß, eine öde Frauenseite zum Leben zu erwecken.«
Tapfere kleine Frau, dachte Robert. Es war nicht ihr Fehler, daß sie bei Tisch einen Fehler gemacht hatte. Judy war eben schwierig.
Später ließ Mrs. Ward verlauten, daß sie einen Roman geschrieben habe und einen zweiten beginnen wolle. Dem ersten war, wie sie zugab, nur ein mäßiger Erfolg beschieden gewesen, doch berechtigte der zweite zu größeren Hoffnungen. Dora drückte ihre Bewunderung aus, und Robert heuchelte Interesse, obwohl seiner Ansicht nach zu viele Frauen Romane schrieben und sich darüber in der Zeitung oder im Rundfunk äußerten.
In jener Nacht schlief er schlecht. Er machte sich Sorgen um Judy. Er hatte seine Gedanken während des Abends im Zaum halten müssen, und jetzt, als er allein war, überfielen sie ihn geradezu. Natürlich war es schade, daß Alan seine Neuigkeit nicht selbst hatte anbringen können, daß vielmehr alles von Mrs. Ward gekommen war, angereichert durch Ladentratsch. Nicht zu leugnen war, daß die Erbschaft Alan den Weg geebnet und es ihm ermöglicht hätte, die Farm wieder hochzubringen, wenn Judy ihn geheiratet hätte. Nun war es sehr wahrscheinlich, daß ihr dummer Stolz eine Schranke zwischen ihnen aufrichten würde. Er konnte nur hoffen, daß Alan bald zurückkam und Glück und Geld seiner spröden Liebsten zu Füßen legte.
Doch als Alan schließlich kam, verlief die Szene so gar nicht nach Roberts Wünschen. Zunächst schien Alan nervös und platzte ohne Einleitung gleich mit seiner Erbschaft heraus. Dora bezeugte wärmste Anteilnahme, und Terry klopfte ihm begeistert auf den Rücken und erklärte seine Absicht, für ewige Zeiten auf seine Kosten leben zu wollen. Doch Judy sagte bloß: »Wir haben natürlich davon gehört. Ich nehme an, jetzt wären Glückwünsche angebracht. Das weiß ich aber nicht genau, denn ich bewege mich nicht in so gutbetuchten Kreisen. Und jetzt wirst du dich wohl nach einer Farm umsehen — oder wirst du einen Teil des Geldes auf eine Englandreise verwenden?«
Ihre gleichmütigen Worte setzten Alan in Erstaunen. Zögernd sagte er: »Eigentlich habe ich mich noch nicht entschlossen. Alles ist noch in der Schwebe.«
»Am besten, du gehst in eine andere Gegend«, warf sie hastig ein. »Es geht nichts über Tapetenwechsel. Wie wär’s mit der Südinsel?«
Alan starrte sie bloß offenen Mundes an, und sie fuhr fort: »Ein großer Fehler, immer an demselben Ort kleben zu bleiben. Da gibt es gar keine Überraschungen. Ich meine, man sollte möglichst viel erleben.«
Ihre Stimme war lauter als sonst und ihr Lächeln gekünstelt. Alan hätte ein Fremder sein können, mit dem sie Konversation machte, und nicht der enge Freund ihrer Kindheit und Jugend. Es war klar, daß diese seltsame Judy ihn verwirrte. Langsam röteten sich seine Wangen. Er sagte: »Aber mir gefällt es hier. Ich will keine Abwechslung.«
Ihr Lachen war geziert und geringschätzig. »Wie langweilig! Colin ist da ganz anders. Er ist viel
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