Onkel ist der Beste
diesem einen Jahr kann ihre ganze Zukunft abhängen. Sie lebt in Dunedin, nicht wahr? Nein, nein, Mrs. Mills, an mich dürfen Sie nicht denken. Wie Ihre Tochter sagt, kann da ein Ersatz gefunden werden. Ein sehr unvollkommener natürlich, aber das eine Jahr wird auch vergehen.«
Das war für sie kein Trost, aber schließlich siegte seine Überredungskunst, und er konnte ihr klarmachen, wo ihre Pflichten lagen. Endlich sagte sie: »Was sein muß, muß eben sein — aber drei kleine Kinder sind in meinem Alter schon eine arge Prüfung. Ich gehe aber nicht, bevor Sie nicht jemand Passenden gefunden haben. Das ist mein letztes Wort. Ohne Ersatz lasse ich Sie nicht allein, und dabei bleibt es!«
Nun, es würde sicher nicht schwierig sein, hatte Robert gedacht. Gewiß, das Haus war groß, aber er war alleinstehend und hatte praktisch nie Gäste. Aber vielleicht waren sie vom Pech verfolgt. Die erste Dame wirkte durchaus fähig, nur hegte sie das, was Mrs. Mills sehr robust als »Flausen über ihre Stellung in einem Haushalt« bezeichnete. So war sie zum Beispiel über die altmodische Küche entsetzt.
»Der Herd ist mindestens zehn Jahre alt und die Waschmaschine nicht viel jünger. Ich habe niemals übertriebene Forderungen gestellt, aber schließlich hat man als Dame einen Herd mit Backrohrfenster zu erwarten, ganz zu schweigen von einer Trockenmaschine.«
Mrs. Mills, die auf die Besitztümer ihres Arbeitgebers eifersüchtig und über die Kritik wütend war, geriet mit der Bewerberin innerhalb dreier Tage in Streit, und diese ging zum Wochenende.
Die zweite war ganz und gar liebenswert. Die vom hochnäsigen Gehaben ihrer Vorgängerin beunruhigte Mrs. Mills war geneigt, sie anzuerkennen. Erst als sie entdecken mußte, daß sie völlig unfähig war und nicht imstande, die einfachste Mahlzeit zuzubereiten, und obendrein unsauber in der Küche, mußte sie Robert bedrückt mitteilen, daß sie auch diesmal einen Fehlschlag erlitten hatten. Inzwischen waren von Daphne zwei ungeduldige Briefe eingetroffen.
»Und ich werde die Richtige finden! Daphne soll mit ihrem Lamentieren aufhören. Was sind das aber auch für zwei gewesen! Möchte wissen, worauf dieses Land zusteuert! Aber vielleicht haben wir mit der dritten Glück.«
Zunächst glaubten sie beide nur zu gern, daß es tatsächlich der Fall war. Mrs. Barker wirkte recht fähig, sehr nett und schien imstande, die trüben zwölf Monate, die vor ihnen lagen, ausfüllen zu können. Mrs. Mills lehnte es aber noch immer ab, sich für den Zug nach dem Süden einen Platz reservieren zu lassen, und erklärte grimmig, mit der Zeit werde man Genaueres wissen.
Einige Tage nach Mrs. Barkers Ankunft erhielt Robert von seinem Anwalt eine Nachricht, die ihn in vage Unruhe versetzte.
»Wir würden uns freuen, wenn Sie uns so bald als möglich aufsuchen würden. Es handelt sich um Ihr Darlehen an Mrs. Moore.«
Robert fühlte sich unbehaglich. Diese Hypothek war wichtig. Die Zinsen sorgten dafür, daß er sich solche Annehmlichkeiten wie Mrs. Mills oder deren unzulänglichen Ersatz leisten konnte.
Als er vor einem Jahr um seine Versetzung in den Ruhestand ansuchte, hatte sein Direktor protestiert. »Warum denn nicht weitere fünf Jahre? Sie haben der Schule noch sehr viel zu geben.« Ein wenig traurig hatte er jedoch erwidert: »Ich war immer der Ansicht, ein Mann solle sich zurückziehen, ehe er der Schule, die ihn beschäftigt, zur Last wird. Solange ich rüstig und gesund bin, ist es für mich verhältnismäßig einfach, ein anderes Leben zu beginnen. In fünf Jahren werde ich diesen Schritt vielleicht fürchten und mich auf eine Arbeit versteifen, der ich möglicherweise nicht mehr gewachsen wäre. Es ist besser, der Bruch kommt jetzt.«
Einfach war es nicht gewesen, das hatte er vorher gewußt. Er hatte sein Leben fast ganz innerhalb der Mauern jener Schule verbracht, und sein Lebenslauf war in einem einzigen, kurzen Absatz unterzubringen. Mit achtzehn hatte er den ersten Weltkrieg mitgemacht, war nach Kriegsende in England geblieben, hatte in Oxford einen akademischen Grad erworben und war als ganz junger Lehrer an seine Schule gekommen. Mit dreißig heiratete er, verlor aber innerhalb eines Jahres seine junge Frau. Das Kind war ebenfalls gestorben, und seit damals war er ein einsamer Mensch, der sein ganzes Leben der Arbeit widmete. Innerhalb der nächsten dreißig Jahre hatte seine Laufbahn einen stetigen, aber nicht spektakulären Verlauf genommen. Die letzten zwanzig Jahre
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