Onkel Schwein (German Edition)
hatte Freddy geflucht, „da kommt man aus dem Knast und die gucken lieber fern, oder was?“
Wenn Kent ganz ehrlich gewesen wäre, hätte auch er lieber zu Hause Eishockey angeschaut. Sein Verein spielte, die Växjö Lakers. Aber er war nicht ehrlich, am wenigsten zu sich selbst. Also hatte er nach seinem halbherzigen Versuch, die Sache auf morgen zu verschieben, wie gewöhnlich dem zu erwartenden Drängen Freddys vorgegriffen und war zu ihm ins Auto gestiegen.
Freddy grinste breit und erklärte auf Kents fragenden Blick:
„Morgen habe ich ein paar Sachen vorzubereiten; ist ein großes Ding.“
Kent wusste nicht, ob er beleidigt sein sollte, weil er bei dem „großen Ding“ nicht dabei war oder nur glücklich, weil die großen Dinger von Freddy mit schöner Regelmäßigkeit vor dem dicken Richter endeten.
„Tolle Kiste“, begrüßte Kent seinen Freund, „deine?“
Beide lachten. Freddy schaltete das Radio ein. ROCX FM. Sein Lieblingssender. Ein altes Lied von ABBA wummerte aus der teuren Kenwood-Anlage, die mehr wert war als das Auto.
Der Moderator kündigte das größte Gewinnspiel aller Zeiten an. Mal wieder. Freddy grinste vor sich hin.
Nach einem Abstecher zum ICA-Supermarkt und einem Laden, bei dem man unter dem Tresen Hochprozentiges bekam, war genug Reiseproviant an Bord: Starkbier und zwei Flaschen Wodka als Notration, falls sie in den Häusern, in die sie diesmal einsteigen wollten, nichts finden sollten. Dazu, für die Ausgewogenheit, Erdnüsse und ein paar Tüten Chips.
Es war ein ungewöhnlich schöner Herbsttag. Während sie in dem Alfa am Helgasjön entlang nach Norden fuhren, dachten beide unabhängig voneinander daran, wie schön es wäre, ein Bad zu nehmen. Die winterliche Sonne reflektierte auf dem Wasser. Wie die Bojen dümpelten ihre Gedanken zurück in vergangene Sommer mit Booten und hölzernen Badeinseln. Bei schönem Wetter hatten sie ihre Tage an den Seen verbracht, oft an der Badestelle in Evedal. Kent hatte sich sogar getraut, vom Sprungturm zu springen und sich bei den Mädchen dadurch einen kleinen Wettbewerbsvorteil gegenüber Freddy verschafft. Der holte dann für gewöhnlich auf, indem er mit den unterschiedlichsten Fortbewegungsmitteln angeben konnte. Zunächst Mopeds, später Motorräder, dann Autos. Nicht alle waren geklaut, manche auch nur bei einem Cousin seines Vaters aus dessen Autowerkstatt unbemerkt entliehen.
„Wohin fahren wir?“ fragte Kent.
„Vetlanda“, antwortete Freddy knapp und konzentrierte sich auf das Radio. Schon seit Tagen beschäftigte ihn ein Quiz, bei dem es darum ging, ein Geräusch zu erkennen.
„Ruhe jetzt.“
Der Moderator sagte es schon wieder an. Mittlerweile könnte der Glückspilz, der das Geräusch erkennen würde, über 100.000 Kronen auf den Kopf hauen.
Freddy dreht das Radio lauter. Ein Musik-Jingle, dann ein kurzes Schaben.
„Kenne ich“, meinte Kent, „ist so ein Stempel mit integriertem Stempelkissen.“
„Quatsch. Das Geräusch ist viel zu hoch. Ich tippe auf ein Haushaltsgerät. So eins, mit dem man Zwiebeln schneiden kann.“
„Dann ruf doch an.“
„Brauch ich nicht.“ Er grinste.
Kent sah ihn fragend an.
„Nichts, nichts.“ Wieder das Grinsen. „Außerdem ist meine Karte leer. Hast du ein Handy?“
„Ja, zu Hause auf dem Tisch.“
„Klasse.“
Es folgten Nachrichten. Freddy schaltete auf CD um. Bon Jovi. Hätte schlimmer kommen können.
„Lass uns doch heute mal hier um die Häuser ziehen“, sagte Kent und zeigte nach links.
„So dicht von zu Hause? Zu riskant.“
„No risk, no fun“, erwiderte Kent.
Freddy schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht.“
Kurz vor Ör musste Kent pinkeln. Freddy stöhnte etwas von Pennälerblase, bog aber links auf einen kleinen unbefestigten Weg ab.
„Backen 3 Kilometer“ stand auf dem gelben Schild. Trockenes Schilf bog sich leicht im Wind. Fische sprangen wie an einem Sommertag. Ein einsames Segelboot schien in der Ferne zu verharren. Der Wind war schwach.
Kent stellte sich vor einen Kieshaufen. Der dicke blassgelbe Strahl löste kleine Lawinen aus und verzweigte sich wie ein Magmastrom zu Tal. Er malte sich aus, dass die sich lösenden Kiesel gewaltige Felsbrocken am Hang eines Vulkans wären. Der Strahl verebbte. Als Kinder hatten sie immer Wörter um die Wette in den Schnee gepinkelt.
Freddy hupte.
„Los jetzt“, rief er.
„Uns hetzt doch keiner“, erwiderte Kent und ging gemächlich zum Auto zurück. „Fahr mal in den Wald. Da sind gute
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