Onkel Schwein (German Edition)
angemessen verdrießlich dreinblickender korpulenter Mann geseufzt und sein „Auf Wiedersehen“ zum Ende der Verhandlung verstanden die wenigen Zuhörer mehr als Prophezeiung, denn als eine Verabschiedung.
Die acht Monate hatte er letzte Woche abgesessen und was lag näher, als das mit einer feuchtfröhlichen Spritztour zu feiern.
Freddys Vorliebe für italienische Autos war geblieben. In der Nähe des Flugplatzes war ihm ein netter Alfa Romeo ins Auge gefallen. Guter Zustand, aber schon etwas älteren Typs. Silber. Ohne Wegfahrsperre. Mit Ledersitzen. Sein Besitzer befand sich wahrscheinlich auf Geschäftsreise. Sein Pech, dass er aus Geiz nicht im bewachten Bereich geparkt hatte.
Den Wagen zu knacken war ein Kinderspiel.
Einen Arm lässig aus dem Fenster haltend, war Freddy zu seinem Kumpel Kent gefahren. Beide wohnten am Rand von Söder, südlich des Zentrums, in einem hässlichen Zweckbau, der wie alle anderen neuen Häuser einfach so in der Gegend herumstand und nichts vom Charme der alten Gebäude in der Nähe des Bahnhofs hatte.
Unterstützt vom Sozialamt, hatte Kent Axelsson seine Zimmer mit Blick über die Ausfallstraße, während Freddy etwas mehr Miete zahlte und dafür auch noch über den See und zum Schloss sehen durfte. Nicht, dass er dafür einen Sinn hatte; ihn interessierte viel mehr der freie Blick in die Wohnung einer Wohngemeinschaft gegenüber. Studentinnen, die den Vorzug von Gardinen nicht kannten.
Kent war etwas jünger als Freddy, genauso blond, ebenso schlank, fast hager, hoch gewachsen und zu seinem Leidwesen mit den letzten Pickeln der Pubertät gestraft. Beide trugen ständig Baseballkappen. Manche hielten sie für Brüder. Doch im Gegensatz zu Freddy kam Kent aus einer Familie der oberen Mittelschicht. Deswegen war es ihm zunächst auch nicht leichtgefallen, in Freddys Clique Fuß zu fassen. Es gab Vorurteile der anderen Art gegen den Jungen mit dem silbernen Löffel im Mund. Auch wenn sie es drastischer ausdrückten.
Es war für seine Eltern ein unerklärlicher, schleichender Prozess gewesen, der Kent aus der Geborgenheit der Familie in das kleinkriminelle Milieu Växjös geführt hatte. Sein Vater und besonders seine Mutter hatten alles versucht, um ihn aus den Fängen Freddys und seiner Gang zu reißen, doch weder das Zuckerbrot der Mutter noch die Peitsche des Vaters hatten geholfen. Kent, Freddy und dessen Freunde hingen am Bahnhof ab, zerstörten Mülleimer, traten Telefonzellen kaputt oder drangsalierten Passanten. Farbige waren Freddys bevorzugtes Ziel, aber auch Behinderte und Schwule, Hirnis und Schwuchteln, konnte Freddy nicht leiden. Sie gehörten in Lager. Auf seinen Unterarm hatte er mit Kugelschreibertinte ein dilettantisches Hakenkreuz tätowiert und er schlief unter einem Foto von Adolf Hitler. Kent hatte auch mit Negern, wie Freddyimmer sagte, eigentlich keine Probleme. Eigentlich war er kein Nazi, aber er wollte auch nicht aus der Reihe tanzen. Mit Freddy war immer was los und so machte er eben, wie bei den Spritztouren mit geklauten Autos oder Einbrüchen in Ferienhäusern oder Keller der Wohnblöcke, mit. Als zum ersten Mal Ecstasy angeboten wurde, wollte er natürlich auch nicht als Feigling dastehen. Von den Pillen war er glücklicherweise losgekommen, ab und zu rauchte er etwas von dem Gras, mit dem Freddy um sich warf. Hauptsächlich tranken sie. Man glaubte ja gar nicht, was die Leute so in ihren Häusern an Alkohol lagerten. Zwar nahmen sie bei ihren „Touren um die Häuser“ brauchbare – sprich verkaufbare – Sachen wie Fernseher, Radios oder andere technische Geräte mit; am wichtigsten war jedoch das Saufen und der Spaß, wenn man die Buden, Scheiben, Geschirr, Spiegel und Polster, so richtig verwüsten konnte.
Bis auf eine leichte Jugendstrafe, die er in einem Pflegeheim abarbeiten musste, wo er erstaunt und erfreut feststellen konnte, dass auch bettlägerige Patienten Portemonnaies besaßen, hatte Kent bisher Glück gehabt. Er war, im Gegensatz zu seinem Kumpel, selten erwischt worden. Man konnte Freddy einiges nachsagen; er konnte Schweigen. Seine Freunde verriet er jedenfalls für gewöhnlich nicht.
Diesmal blieben sie zu zweit. Eine Tussi, wie Freddy sich immer ausdrückte, hatte Kent nicht. Obwohl es Mädchen gab, die Interesse signalisierten. Bei Freddy gingen die Mädchen hingegen ein und aus. An seinem Aussehen konnte es nicht liegen, dachte Kent, eher schon an den kleinen Muntermachern, die er ihnen anbot.
„Was für Kumpels“,
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