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Onkel Toms Hütte

Titel: Onkel Toms Hütte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beecher-Stowe Harriet
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Unternehmen im Wege.
    Die Freundschaft zwischen Tom und Eva war ständig gewachsen. Es läßt sich schwer beschreiben, welchen Platz sie in dem weichen empfänglichen Herzen ihres treuen Dieners einnahm. Er liebte sie als ein zerbrechliches, irdisches, kleines Ding und verehrte sie dabei fast als ein himmlisches und göttliches Wesen. Er sah zu ihr auf, wie der italienische Seefahrer zu dem Bild des Jesuskindes aufblickt – mit einer Mischung aus Verehrung und Zärtlichkeit; ihr alle anmutigen Wünsche zu erfüllen, ihr die tausend kleinen Freuden zu bereiten, die jede Kindheit wie ein vielfarbiger Regenbogen überstrahlen, gehörte zu Toms größter Freude. Morgens auf dem Markt war sein Blick an den Blumenständen immer auf der Suche nach einem seltenen Sträußchen; die schönsten Pfirsiche oder Orangen ließ er in die Tasche gleiten, um sie ihr bei seiner Rückkehr zuzustecken, und nichts erfreute ihn mehr als der Anblick ihres hellen Köpfchens, das nach ihm Ausschau hielt, und ihre kindliche Frage: »Na, Onkel Tom, was hast du mir heute mitgebracht?«
    Eva war umgekehrt nicht weniger dienstfertig. Sie war noch klein, aber sie konnte gut vorlesen; sie hatte ein feines, musikalisches Gehör, eine rasche, poetische Auffassung und fühlte sich instinktiv zu allem hingezogen, was groß und edel war; sie las Tom die Bibel vor, wie er es noch niemals erlebt hat. Anfangs hatte sie ihrem bescheidenen Freund nur einen Gefallen tun wollen, aber bald wurde ihre nachdenkliche Natur von dem gewaltigen Buch ebenso ergriffen; eine ferne Sehnsucht, starke, ungekannte Gefühle wachten in ihr auf, wie das bei leidenschaftlichen, phantasiebegabten Kindern oft geschieht.
    Am meisten gefielen ihr die Offenbarung und die Propheten – deren dunkle, merkwürdige Bilder und glühende Sprache ihr um so mehr Eindruck machten, als sie vergeblich nach ihrem Sinn fragte, wobei es ihr und ihrem schlichten Freund – dem alten und dem jungen Kind – ganz gleich erging. Sie wußten nur, daß von einem künftigen Glanz die Rede war, über den ihre Seelen frohlockten, ohne zu wissen, warum.
    Zu diesem Zeitpunkt unserer Geschichte wurde der ganze Haushalt St. Clares in die Villa am See Pontchartain verlegt. Die Hitze des Sommers hatte alle, die in der Lage waren, die ungesunde Stadt zu verlassen, an die Ufer des Sees getrieben, wo kühle Seelüfte wehten.
    St. Clares Villa war ein ostindisches Sommerhaus, von leichten Verandas aus Bambusrohr umgeben, auf allen Seiten ins Grüne blickend. Das allgemeine Wohnzimmer führte in einen großen Garten hinaus, in dem alle malerischen Pflanzen und Blumen der Tropen ihre Wohlgerüche verströmten und gewundene Pfade direkt bis zum See hinabliefen, dessen silbrige Wasserfläche sich unter den tanzenden Sonnenstrahlen hob und senkte – ein Bild, das jede Stunde wechselte und an Schönheit gewann.
    Es war zur Zeit eines tiefgoldenen Sonnenuntergangs, der ganze Himmel stand in Flammen und spiegelte sich feurig im Wasser. Rosige und goldfarbene Streifen lagen über dem See, wie Geister glitten weißflügelige Kähne vorbei.
    Tom und Eva saßen auf einer kleinen Moosbank in einer Laube unten im Garten. Es war Sonntagabend, und auf Evas Knien lag die aufgeschlagene Bibel. Sie las: »Und ich sah einen See aus Glas, gemischt mit Feuer.«
    »Tom«, sagte Eva, sich plötzlich unterbrechend und auf den See deutend, »da ist er.«
    »Was denn, Fräulein Eva?«
    »Siehst du es nicht – dort!« rief das Kind und zeigte auf das spiegelnde Wasser, das die Glut des Himmels zurückwarf. »Das ist der See aus Glas, gemischt mit Feuer.«
    »Wahrhaftig, Fräulein Eva«, sagte Tom und stimmte an:
    »Oh, hätt' ich die Flügel des Morgens,
flög' ich hinüber zu Kanaans Küste;
glänzende Engel trügen mich heim
zum Neuen Jerusalem.«
    »Wo denkst du, liegt das Neue Jerusalem, Onkel Tom?« fragte Eva.
    »Da oben in den Wolken, Fräulein Eva.«
    »Dann habe ich es gesehen!« sagte Eva. »Sieh doch die Wolken! Sie sind wie große perlmutterne Tore, und man kann weit, weit hinausschauen. Tom, sing einmal von ›den Engeln, hell‹.«
    Tom sang die Worte des bekannten Methodistenchorals:
    »Ich sehe eine Schar von Engeln, hell,
sie kosten den himmlischen Glanz,
sie tragen ein schneeweißes Gewand
und Palmenwedel in gütiger Hand.«
    »Onkel Tom, ich habe sie gesehen«, sagte Eva.
    Tom hatte nicht den geringsten Zweifel; er war auch keineswegs erstaunt. Wenn Eva ihm erzählt hätte, sie sei im Himmel gewesen, wäre es ihm durchaus

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