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Onkel Toms Hütte

Titel: Onkel Toms Hütte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beecher-Stowe Harriet
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verzagt und verzweifelt war. Adolf wußte, daß Marie ihn immer mit ihrem Haß verfolgt hatte, aber solange sein Herr lebte, hatte er wenig darauf geachtet. Seit seinem Tod lebte er nun beständig in Angst und Schrecken, nicht wissend, was ihn noch alles erwartete. Marie hatte verschiedene Beratungen mit ihrem Anwalt gehabt. Nachdem sie sich mit St. Clares Bruder in Verbindung gesetzt, war beschlossen worden, das Haus und alle Dienerschaft zu verkaufen, ausgenommen ihre eigenen Leute, die sie auf ihre väterliche Farm mitzunehmen gedachte.
    »Weißt du schon, Tom, daß wir verkauft werden sollen?« sagte Adolf.
    »Wo hast du das gehört?« fragte Tom.
    »Ich verbarg mich hinter dem Vorhang, als die Herrin mit dem Anwalt sprach. In wenigen Tagen werden wir alle zur Auktion geschickt.«
    »Des Herrn Wille geschehe!« erwiderte Tom, verschränkte die Arme und seufzte tief auf.
    »Wir werden nie wieder einen solchen Herrn bekommen«, meinte Adolf ahnungsvoll; »aber lieber lasse ich mich verkaufen, als daß ich bei der Gnädigen bleibe.«
    Tom wandte sich ab; sein Herz zersprang vor Weh. Die Hoffnung auf Freiheit, der Gedanke an seine fernen Lieben stand vor seiner geduldigen Seele, wie dem schiffbrüchigen Seemann kurz vor dem Hafen das Bild seines heimatlichen Kirchturms und der trauten Dächer seines Heimatdorfes nur zum letzten Lebewohlgruß auf dem Gipfel einer schwarzen Welle erscheint. Fest verschränkte er beide Arme über der Brust, schluckte die bitteren Tränen hinunter und versuchte zu beten. Seine arme, alte Seele trug ein solch unbezähmbares Verlangen nach Freiheit in sich, daß dies eine schwere Prüfung für ihn bedeutete; je mehr er zugab: »Dein Wille geschehe!«, um so elender fühlte er sich.
    Er suchte Miß Ophelia auf, die ihm seit Evas Tod immer mit besonderer, respektvoller Freundlichkeit begegnet war.
    »Miß Feely«, sprach er sie an, »der gnädige Herr hat mir meine Freiheit versprochen. Er sagte, er hätte es schon eingeleitet, und jetzt, wenn Miß Feely vielleicht so gut ist und mit der gnädigen Frau sprechen wollte, dann ließe es sich vielleicht weitertreiben, der Herr hat es doch gewünscht.«
    »Ich werde ein Wort für dich einlegen, Tom, und mein Bestes versuchen«, antwortete Miß Ophelia; »aber wenn es von Mrs. St. Clare abhängt, kann ich dir nicht viel Hoffnung machen. Dennoch will ich es versuchen.«
    Dieser Vorfall ereignete sich einige Tage nach dem ersten mit Rosa, als Miß Ophelia schon ihre Vorbereitungen traf, um nach Norden zurückzufahren.
    Sie ging ernstlich mit sich zu Rate und überlegte, daß sie vielleicht bei ihrer letzten Unterredung mit Marie zu hitzig gegen sie Partei ergriffen hätte, und sie beschloß, diesmal ihren Eifer zu zügeln und so liebenswürdig wie nur möglich zu sein. Ihr Strickzeug mitnehmend, entschied sie sich, Marie sogleich aufzusuchen und Toms Sache mit der ganzen ihr zu Gebote stehenden diplomatischen Geschicklichkeit vorzubringen.
    Sie fand Marie der Länge nach auf ihrem Ruhelager ausgestreckt, mit einem Ellbogen auf zahlreiche Kissen gestützt, während Jane, die Besorgungen gemacht hatte, Proben von dünnen, schwarzen Stoffen vor ihr ausbreitete.
    »Ich habe nicht ein einziges Kleid, das ich anziehen könnte, und wenn ich jetzt den Haushalt auflöse und nächste Woche aufbreche, muß ich mich entscheiden«, sagte Marie.
    »Gehen Sie schon so bald?«
    »Ja, St. Clares Bruder hat geschrieben, er und der Anwalt sind der Ansicht, Möbel und Sklaven am besten auf der Auktion zu versteigern und das Haus in die Obhut des Anwalts zu geben.«
    »Über eins hätte ich mich noch gern mit Ihnen besprochen«, sagte Miß Ophelia. »Augustin hatte Tom die Freiheit versprochen und schon die ersten gesetzlichen Schritte dazu unternommen. Ich hoffe sehr, Sie werden Ihren Einfluß geltend machen, damit die Sache in Ordnung kommt.«
    »Ich werde mich hüten!« rief Marie scharf. »Tom ist einer der wertvollsten Sklaven des ganzen Besitztums; ihn zu entbehren kann ich mir einfach nicht leisten. Außerdem, was will er mit der Freiheit? So geht es ihm doch viel besser.«
    »Aber er erstrebt sie mit aller Kraft, und sein Herr hat sie ihm versprochen«, entgegnete Miß Ophelia.
    »Ich kann mir denken, daß er danach strebt. Aber man tut ihnen keinen Gefallen, wenn man sie freigibt.«
    »Aber Tom ist fleißig, fromm und rechtschaffen.«
    »Oh, das brauchen Sie mir nicht zu versichern! Ich kenne seinen Fall, auch er benimmt sich nur gut, solange man ihn

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