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Onkel Toms Hütte

Titel: Onkel Toms Hütte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beecher-Stowe Harriet
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zieh ich mir schon auf Biegen und Brechen – warte nur ab. Ich kauf ihn, soviel steht fest!«
    Tom hatte dagestanden und wehmütig unter den unzähligen Gesichtern, die ihn umdrängten, Ausschau gehalten nach einem, den er sich zum Herrn wünschen möchte.
    Kurz bevor der Verkauf begann, bahnte sich ein kurzer, gedrungener, muskulöser Mensch in kariertem Hemd, das über der Brust weit aufklaffte, und weiten Hosen, die durch das Tragen und den vielen Schmutz nicht besser geworden waren, mit beiden Ellbogen den Weg durch die Menge, wie jemand, der sich sogleich ans Geschäft machen will; ungeniert an die Gruppe herantretend, begann er sogleich eine systematische Untersuchung. Tom hatte gesehen, wie er sich näherte, und sogleich eine instinktive Abneigung verspürt, die sich noch steigerte, als der andere herankam, der offensichtlich über gewaltige Kräfte verfügte. Es ließ sich nicht bestreiten, sein runder Wirrkopf mit den großen hellgrauen Augen unter buschigen sandfarbenen Augenbrauen, mit strähnigen, drahtigen, sonnengebleichten Haaren machte keinen sehr einnehmenden Eindruck; sein großer, grober Mund war vom Tabakkauen entstellt. Von Zeit zu Zeit spuckte er plötzlich heftig eine Ladung Tabaksaft aus; seine Hände waren unförmig groß, haarig, sonnenverbrannt, mit Sommersprossen übersät und schmutzig, die kurzen Fingernägel befanden sich in böser Verfassung. Dieser Mann begann jetzt eine rücksichtslose Musterung. Er ergriff Tom am Unterkiefer und riß ihm den Mund auf, um seine Zähne anzusehen, dann ließ er ihn den Ärmel aufkrempeln, um seine Muskeln zu prüfen, drehte ihn um, ließ ihn hüpfen und springen, um seinen Schritt zu beobachten.
    »Wo bist du aufgezogen?« fragte er kurz bei diesen Übungen.
    »In Kentucky, Herr«, sagte Tom und blickte sich hilfesuchend um.
    »Was hast du da gemacht?«
    »Die Farm meines Herrn verwaltet«, sagte Tom.
    »Schönes Märchen«, sagte der andere kurz, als er weiterging. Er verweilte einen Augenblick bei Adolf, dann spuckte er ihm einen Strahl Tabaksaft auf die blankgewichsten Stiefel, brummte ein verächtliches »Puh!« und ging vorbei. Jetzt hielt er vor Susan und Emmeline. Er streckte seine schwere, schmutzige Hand aus, zog das Mädchen zu sich und fuhr ihr damit über Brust und Hals, befühlte ihre Arme, betrachtete ihre Zähne und stieß sie dann zurück zu ihrer Mutter, deren geduldiges Gesicht die Pein verriet, die ihr jede Bewegung des gräßlichen Fremden verursacht hatte.
    Das erschrockene Mädchen begann zu weinen.
    »Hör auf, du Balg!« sagte der Verkäufer; »hier wird nicht geflennt, gleich geht es los.« Und schon wurde der Verkauf eröffnet.
    Adolf ging gegen eine gute Summe an den jungen Herrn, der vorher seine Kaufabsichten geäußert hatte, und die anderen Diener St. Clares kamen an verschiedene Käufer.
    »Los, rauf mit dir, Bursche, hörst du nicht?« sagte der Versteigerer zu Tom.
    Tom bestieg den Block, warf ängstliche Blicke um sich; alles ging in einem allgemeinen Lärm unter – der Verkäufer ratterte seine Vorzüge Englisch und Französisch herunter, die Angebote knallten wie Raketen auf französisch und englisch zurück. Fast im selben Moment schlug dumpf der Hammer zum drittenmal auf, und hell erklang die letzte Silbe des Wortes ›Dollars‹, als der Versteigerer seinen Preis verkündete und Tom übereignet wurde. Er hatte wieder einen Herrn!
    Man stieß ihn vom Block herunter; der stämmige, stierköpfige Mann packte ihn grob bei der Schulter, puffte ihn zur Seite und sagte mit rauher Stimme: »Da stell dich hin!«
    Tom wußte kaum, wie ihm geschah; aber noch ging die Versteigerung weiter – ratternd, knallend, bald auf französisch, bald auf englisch. Der Hammer fällt herunter, und Susan ist verkauft. Sie steigt vom Block herab, hält inne und blickt sich sehnsüchtig um; ihre Tochter streckt die Arme nach ihr aus. In Todesangst blickt sie dem Mann entgegen, der sie kaufte – ein achtbarer Mann in mittleren Jahren, der ein wohlwollendes Gesicht hatte.
    »Oh, Herr, bitte kaufen Sie doch meine Tochter!«
    »Das tät ich gern, aber ich fürchte, das geht über meine Verhältnisse«, sagte der Herr und sah mitleidig zu, wie das junge Mädchen den Block bestieg und mit erschrockenen und ängstlichen Blicken um sich sah.
    Das Blut steigt ihr siedendheiß in die sonst farblosen Wangen, ihre Augen haben ein fiebriges Feuer, und ihre Mutter bemerkt aufstöhnend, daß sie hübscher ist als je zuvor. Der Versteigerer nimmt seinen

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