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Onkel Toms Hütte

Titel: Onkel Toms Hütte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beecher-Stowe Harriet
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diesen Herrenpflanzern mit Lilienfingern, die herumlungern und sich von ihren Aufsehern übers Ohr hauen lassen. Da, fühlen Sie einmal meine Knöchel, sehen Sie, hier meine Faust! Das Fleisch darauf ist hart wie Stein, an Negern erprobt – fühlen Sie mal!«
    Der Fremde berührte das fragliche Instrument und sagte schlicht:
    »Hart genug; wahrscheinlich«, setzte er hinzu, »ist Ihr Herz genauso hart geworden.«
    »Nun ja, das mag schon sein«, gab Simon zu und lachte herzlich. »An mir gibts nichts Weiches. Mich kann nichts erschüttern. Kein Nigger stimmt mich um, nicht mit Geschrei und nicht mit Wachsweichheit – das ist Tatsache!«
    »Sie haben da einen feinen Schub!«
    »Jawohl, da ist der Tom, sie sagen ja, er sei ganz was Besonderes. Ich hab ein bißchen viel für ihn bezahlt, will ihn als eine Art Verwalter benutzen, ich muß ihm nur die Allüren abgewöhnen, die er sich bei der feinen Behandlung zugelegt hat, dann wird er prima. Mit der gelben Alten bin ich reingefallen. Ich glaube, sie ist kränklich, aber ich werd' schon aus ihr herausholen, was sie wert ist. Ein oder zwei Jahre wird sie es noch machen. Ich bin nicht dafür, daß man die Nigger schont. Aufbrauchen und neue kaufen, damit halte ich es; macht weniger Scherereien und ist billiger«, und er schlürfte seinen Brandy.
    Der Fremde kehrte sich ab und nahm neben einem Herrn Platz, welcher der Unterhaltung mit Unruhe gefolgt war.
    »Sie müssen den Burschen nicht als Beispiel für alle südlichen Pflanzer verstehen«, sagte er.
    »Das will ich auch nicht hoffen«, entgegnete der junge Mann mit Nachdruck.
    »Er ist ein gemeiner brutaler Bursche«, meinte der andere.
    »Und doch gestehen Ihre Gesetze ihm zu, sich beliebig viele schutzlose Menschen anzueignen und seinem Willen dienstbar zumachen; bei all seiner Gemeinheit können Sie nicht behaupten, daß er eine Ausnahme ist.«
    »Na«, sagte der andere, »auch unter den Pflanzern gibt es welche, die rücksichtsvoll und human sind.«
    »Zugegeben«, erwiderte der junge Mann; »und doch seid, meiner Meinung nach, gerade ihr rücksichtsvollen und humanen Pflanzer es, die man für alle Brutalität und Gemeinheit, die diese Unglücklichen auszustehen haben, verantwortlich machen müßte, denn ohne eure Sanktionierung und euren Einfluß könnte dieses ganze System nicht einen Tag länger zusammenhalten. Wenn alle Pflanzer so wären wie dieser da drüben«, er deutete mit dem Finger auf Legree, der ihnen den Rücken zukehrte, »würde die ganze Sache wie ein Mühlstein zu Boden fallen. Eure Achtbarkeit und Menschlichkeit beschützt und ermöglicht seine Roheit.«
    »Sie haben gewiß eine hohe Meinung von meiner Gutartigkeit«, sagte der Pflanzer und schmunzelte; »aber ich rate Ihnen, reden Sie nicht ganz so laut, es könnten Leute an Bord sein, die nicht soviel Toleranz üben. Warten Sie lieber, bis wir auf meiner Plantage ankommen, da können Sie uns dann nach Herzenslust beschimpfen.«
    Der junge Mensch errötete und lächelte, und bald waren beide in ein Spiel Puff vertieft. Inzwischen fand auf dem unteren Deck eine andere Unterhaltung zwischen Emmeline und der Mulattin statt, mit der sie zusammensaß. Natürlich erzählten sie sich ihre Leidensgeschichte.
    »Wem hast du gehört?« fragte Emmeline.
    »Ach, mein Herr war Mr. Ellis – wir wohnten in der Levee-Straße. Vielleicht hast du das Haus gekannt?«
    »War er gut zu dir?«
    »Meistens, bis er krank wurde. Über sechs Monate lag er fest im Bett und war schrecklich unruhig. Er ließ Tag und Nacht niemand zur Ruhe kommen und wurde so komisch, niemand konnte es ihm recht machen. Mit jedem Tag wurde er böser, nachts mußte ich wachen, bis ich mich nicht mehr halten konnte; einmal bin ich eingeschlafen. Da hat er mich schrecklich beschimpft und gesagt, er würde mich an den strengsten Herrn verkaufen, den er nur finden könne; als er dann starb, versprach er mir die Freiheit.«
    »Hast du Freunde gehabt?«
    »Ja, ich bin verheiratet. Mein Mann ist Schmied. Der Herr hat ihn immer ausgeliehen. Sie haben mich so schnell weggerissen, daß ich keine Zeit mehr hatte, ihm Lebewohl zu sagen; ich hab auch noch vier Kinder. Ach, du lieber Gott!« stöhnte die Frau und verbarg ihr Gesicht in den Händen.
    Bei dem Anhören jeder Elendsgeschichte ist es ein natürlicher Impuls, etwas Tröstliches zu antworten. Emmeline hätte auch gern etwas gesagt. Aber was hätte sie sagen können? Wie in schweigender Übereinstimmung vermieden es beide aus Angst und Furcht,

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