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Onkel Toms Hütte

Titel: Onkel Toms Hütte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beecher-Stowe Harriet
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denn man stand mitten in der Ernte und unterließ kein Mittel, um aus jedem Arbeiter das letzte an Kraft und Leistung herauszupressen.
    Als die Kolonne hereinströmte, blickte Tom vergeblich nach einem Gefährten aus. Er sah nur verdrossene, verbitterte, mürrische Männer und schwache, mutlose Frauen; die Starken stießen die Schwachen – er sah die tierische Selbstsucht von Menschen, von denen nichts Gutes mehr erwartet oder verlangt wird und die, in jeder Weise wie Tiere behandelt, so tief gesunken waren, als es für Menschen nur möglich ist. Noch bis in die späte Nacht hinein währte das Maismahlen, denn für die vielen waren verhältnismäßig wenig Mühlen vorhanden, und die Schwachen und Müden wurden von den Stärkeren verdrängt und kamen erst zuletzt an die Reihe.
    »Heda«, sagte Sambo, ging zu der Mulattin und warf ihr einen Sack Mais vor die Füße, »wie zum Teufel heißt du?«
    »Lucy«, antwortete das Weib.
    »Also, Lucy, du bist jetzt mein Weib, du mahlst hier den Mais und backst meine Kuchen, verstanden?«
    »Ich bin nicht dein Weib und will es nicht sein!« stieß sie mit dem Mute der Verzweiflung hervor; »geh weg!«
    »Du kriegst einen Fußtritt«, sagte Sambo und hob drohend seinen Fuß.
    »Bring mich ruhig um – je eher, desto besser! Ich wollte nur, ich wäre schon tot!« erwiderte die Frau.
    »Wart, Sambo, wenn du die Arbeiter verminderst, sag ich es dem Herrn«, sagte Quimbo, der fleißig die Mühle drehte, von welcher er hinterhältig drei müde Frauen weggestoßen hatte, die auch ihren Mais mahlen wollten.
    »Und ich sage ihm, daß du die Weiber nicht an die Mühle läßt, du alter Nigger«, entgegnete ihm Sambo. »Bleib du nur in deiner Reihe.«
    Tom war hungrig von seinem Tagesmarsch und fiel fast um vor Erschöpfung.
    »Da«, sagte Quimbo und warf einen groben Sack zu Boden, der einen Scheffel Mais enthielt; »da, Nigger, greif zu – und heb es gut auf, das muß eine Woche reichen.«
    Tom wartete bis zu später Stunde auf einen Platz an der Mühle; aber als es dann soweit war, mahlte er mitleidig für zwei Frauen, die sich mit der Mühle mühten, schürte ihnen das herabgebrannte Feuer zu neuer Glut und richtete dann sein eigenes Mehl. Das war bisher noch nie geschehen, dieses kleine Zeichen der Nächstenliebe, und es erweckte ein Echo – ein Ausdruck weiblicher Güte erschien auf ihren harten Gesichtern. Sie rührten ihm seinen Kuchen an und überwachten das Backen; Tom aber saß im Schein des Feuers und zog seine Bibel heraus – ihn verlangte nach Trost.
    »Was ist das?« fragte eine der Frauen.
    »Eine Bibel«, antwortete Tom.
    »Großer Gott, hab keine mehr gesehen, seit ich in Kentucky war.«
    »Seid ihr in Kentucky aufgewachsen?« fragte Tom.
    »Ja, in guten Verhältnissen; dachte nie, daß ich es bis hier bringen würde«, erwiderte die Frau und seufzte.
    »Na, lies doch mal!« forderte eine andere Tom neugierig auf, als sie sah, wie aufmerksam er darin vertieft war.
    Tom las: »Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, denn ich will euch erquicken.«
    »Das sind gute Worte«, meinte die Frau; »wer sagt das?«
    »Der Heiland«, erwiderte Tom.
    »Ich wollte nur, ich wüßte, wo er zu finden ist, dann würde ich hingehen. Manchmal denke ich, ich finde keine Ruhe mehr. Mein Körper ist so ausgelaugt, ich zittere jeden Tag, und Sambo geifert immer hinter mir her, weil ich nicht schneller pflücke, und abends wird es oft Mitternacht, bevor ich mein Essen kriege. Dann hab ich mich kaum umgedreht und meine Augen zugemacht, da hör ich schon wieder das Horn zum Aufstehen blasen, und dann fängt der Morgen wieder an. Wenn ich nur wüßte, wo der Heiland ist, würde ich es ihm klagen.«
    »Er ist hier, er ist überall«, sagte Tom.
    »Ach, das kannst du mir nicht weismachen. Der Heiland ist nicht hier, aber alles Reden hat keinen Zweck. Besser, man kriecht hinein und schläft.«
    Die Frauen verschwanden in ihrer Hütte, und Tom saß allein beim sinkenden Feuer.
    Silbern und hellstirnig ging der Mond am purpurnen Himmel auf und blickte still und ruhig herab, wie Gott herabblickt auf die Stätte des Elends und der Unterdrückung – auf den einsamen schwarzen Mann, als er mit verschränkten Armen dasaß, die Bibel auf den Knien.
    Auf dem Boden lagen bereits müde Schläfer hingestreckt, und die abgestandene Luft stieß ihn fast zurück; als einzige Hülle eine zerlöcherte Decke um sich schlagend, kroch er ins Stroh und schlief ein.

32. Kapitel
    Cassy
    Es dauerte

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