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Onkel Toms Hütte

Titel: Onkel Toms Hütte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beecher-Stowe Harriet
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Füße, so daß Georgs Auge auf die Fesseln fiel.
    »Welche Schande!« rief er aus und ballte die Hände. »Niederschlagen werde ich den Kerl!«
    »Ach, nicht doch, junger Herr, Ihr dürft auch nicht so laut reden; es hat keinen Zweck, daß wir ihn erzürnen.«
    »Nun gut, deinetwegen will ich es lassen. Aber wenn man es bedenkt, es ist doch eine Schande. Keiner hat mir was gesagt oder Nachricht gegeben. Wenn nicht Tom Lincon gewesen wäre, hätte ich nichts erfahren. Ich kann dir sagen, ich habe alles zu Hause zusammengeschlagen.«
    »Das war aber nicht recht, junger Herr.«
    »Das kümmert mich nicht. Es bleibt eine Schande. Sieh mal, Onkel Tom«, sagte er und kehrte dem Laden den Rücken zu. Geheimnisvoll fuhr er fort: »Ich habe dir meinen Dollar mitgebracht.«
    »Oh, das kann ich nicht annehmen, junger Herr, um keinen Preis der Erde«, erwiderte Tom ganz bewegt.
    »Aber du mußt!« bat Georg. »Sieh her, ich erzählte es Tante Chloe, und sie riet mir, ich sollte ein Loch hineinschlagen und eine Schnur durchziehen, dann kannst du ihn um den Hals hängen und vor aller Welt verbergen. Sonst würde dieser Gierschlund ihn dir gleich wegnehmen. Ich kann dir sagen, Onkel Tom, am liebsten tät' ich ihn in die Luft sprengen. Das würde mich erleichtern!«
    »Ach, lieber nicht, junger Herr, mich würde es nicht erleichtern.«
    »Na, dann laß ich es um deinetwillen«, sagte Georg und schlang eifrig den Dollar um Toms Hals.
    »Aber jetzt knöpfe deine Jacke zu und behalte ihn und vergiß nicht, jedesmal wenn du ihn ansiehst, daß ich dir nachfolgen und dich zurückbringen werde. Tante Chloe und ich haben alles besprochen. Ich sagte, sie sollte keine Angst haben. Ich werde mich darum kümmern und Vater die Hölle heiß machen, wenn er es nicht tut.«
    »Oh, junger Herr, wir dürfen nicht so über Euren Vater sprechen!«
    »Zum Teufel, Onkel Tom, ich meine es doch nicht böse!«
    »Und nun, junger Herr«, sagte Tom, »bleibt ein guter Junge. Denkt daran, wie viele Herzen auf Euch hoffen. Haltet Euch an Eure Mutter. Seid nicht so töricht, zu denken, Ihr seid zu groß, um noch auf sie zu hören. Es gibt so alberne Jungens. Ich sage Euch, junger Herr, manche Dinge gibt uns der Herrgott zweimal, aber eine Mutter gibt er uns nur einmal. Ihr werdet nie wieder so eine gute Mutter erleben, und wenn Ihr hundert Jahre alt werdet. Also haltet Euch an sie und dann wachst heran und werdet ihr ein Trost, nicht wahr?«
    »Ja, gewiß, Onkel Tom«, sagte Georg ernsthaft.
    »Und achtet auf Eure Reden, junger Herr. Junge Leute in Eurem Alter sind oft übermütig, das liegt in ihrer Natur, aber ein junger Herr gebraucht keine unehrerbietigen Ausdrücke gegen seine Eltern. Ihr nehmt mir das nicht übel, junger Herr?«
    »Nein, gewiß nicht, Onkel Tom. Du hast mir immer gute Ratschläge gegeben.«
    »Das liegt am Alter, wißt Ihr«, sagte Tom und streichelte dem Knaben den schönen lockigen Kopf mit seiner groben harten Hand. Aber seine Stimme war so sanft wie die einer Frau. »Ich sehe die Gaben, die in Euch liegen. Oh, junger Herr, Ihr habt doch alles – Bildung, Lesen und Schreiben. Ihr werdet zu einem großen, klugen und guten Mann heranwachsen. Alle Leute auf dem Hofe und Eure Eltern werden stolz auf Euch sein. Werdet ein guter Herr wie Euer Vater, und werdet ein Christ wie Eure Mutter. Gedenkt des Allmächtigen in den Tagen Eurer Jugend.«
    »Ich will gewiß gut sein, Onkel Tom, das verspreche ich dir«, sagte Georg. »Erstklassig, weißt du; und gib den Mut nicht auf. Ich hole dich zurück. Ich habe Tante Chloe heute morgen schon gesagt, wenn ich groß bin, baue ich dir ein neues Haus mit einem Teppich im Wohnzimmer. Du sollst noch gute Zeiten haben.«
    Haley trat jetzt an die Wagentür mit den Handschellen in der Hand. »Mr. Haley«, wandte sich Georg zu ihm, und stieg mit einer Miene großer Überlegenheit aus dem Wagen. »Ich werde es den Eltern sagen, wie Sie Onkel Tom behandeln!«
    »Von mir aus«, erwiderte der Händler.
    »Sie sollten sich was schämen, Ihr Leben lang Männer und Frauen aufzukaufen und sie wie das liebe Vieh in Ketten zu legen. Es muß ein feines Geschäft sein.«
    »Solange Ihr feinen Leute noch Männer und Frauen kauft, bin ich nicht schlechter. Menschen zu verkaufen ist nicht schlimmer, als Menschen zu kaufen.«
    »Wenn ich groß bin, werde ich weder das eine noch das andere tun. Ich schäme mich heute, daß ich ein Kentuckier bin. Früher war ich immer stolz darauf.« Und Georg saß aufrecht auf seinem Pferd

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