Onkel Toms Hütte
Schurken, die unseren Wagen anhalten könnten, und das würde uns mehr Zeit kosten als hier das Warten; aber in zwei Stunden könnten wir es riskieren. Ich werde inzwischen Michael Cross aufsuchen und ihn beauftragen, mit seinem schnellen Roß hinter uns herzureiten und ein wachsames Auge auf den Weg zu halten. Wenn dann irgendwelche Reiter kommen, kann er uns warnen. Michaels Pferd überholt alle anderen, und wenn Gefahr droht, kann er einen Warnungsschuß abgeben. Ich werde auch Jim und die alte Frau benachrichtigen, damit sie sich bereithalten, und nach Pferden sehen. Wir haben einen guten Vorsprung und die besten Aussichten, die nächste Station zu erreichen, bevor sie uns einholen. Also, sei guten Mutes, Freund Georg, dies ist nicht die erste scheußliche Klemme, der ich mit euch Flüchtlingen entkommen bin«, meinte Phineas und schloß die Tür.
»Phineas ist ganz gerissen«, meinte Simeon. »Bei ihm bist du gut aufgehoben, Georg.«
»Es tut mir leid, daß ich euch alle in Gefahr bringe«, sagte Georg.
»Tu uns einen Gefallen, Freund, und sprich nicht mehr davon. Wir handeln nur nach unserem Gewissen, wenn wir dir helfen. Wir haben da gar keine Wahl. Und jetzt, Mutter«, fügte er hinzu und wandte sich an Rachel, »beeile dich mit deinen Vorbereitungen, wir wollen unsere Freunde nicht mit leerem Magen ziehen lassen.«
Während also Rachel und ihre Kinder geschäftig dabei waren, Maiskuchen zu backen, Schinken und Hühnchen zu kochen und alle Zutaten zum Abendessen herzurichten, saßen Georg und sein Weib in dem kleinen Stübchen eng umschlungen beieinander und unterhielten sich über alle Dinge, die gesagt sein müssen, wenn ein Abschied für immer droht.
Jetzt kam Rachel und nahm liebevoll Elizas Hand und führte sie an den Abendbrottisch. Als sie alle Platz nahmen, klopfte es leicht an die Tür und Ruth kam herein.
»Ich bin nur herübergelaufen, um dem kleinen Jungen die Strümpfchen zu bringen – drei Paar, schöne, warme, wollene. In Kanada werdet ihr es kalt genug haben. Ist Eliza auch guten Mutes?« fragte sie und huschte an die Tischseite, wo Eliza saß. Sie schüttelte ihr herzlich die Hand und steckte Harry einen Kringel in die Hand. »Ich hab ihm davon noch eine Tüte voll mitgebracht«, setzte sie hinzu und zerrte an ihrer Tasche, um sie herauszuholen. »Man weiß ja, Kinder können immer essen.«
»Oh, danke vielmals; Ihr seid so gut«, rief Eliza.
»Komm, Ruth, iß mit zu Abend«, bat Rachel.
»Das kann ich unmöglich. Ich habe John bei dem Baby gelassen und habe den Kuchen im Ofen. Ich kann nicht länger bleiben, sonst läßt John den Kuchen verbrennen und gibt dem Baby den ganzen Zucker aus der Dose. So treibt er es immer«, sagte die kleine Quäkerfrau und lachte. »Also, leb wohl, Eliza; leb wohl, Georg; der Herr schenke euch eine sichere Fahrt«, und schon war Ruth zur Tür hinaus.
Kurz nach dem Abendbrot fuhr ein großer Planwagen vor dem Hause vor; die Nacht war sternenklar; mit einem Satz sprang Phineas rasch herab, um seine Fahrgäste unterzubringen. Georg schritt aus der Haustür, das Kind auf einem Arm und am anderen sein Weib. Sein Schritt war fest, und sein Gesicht sah gefaßt und entschlossen aus. Rachel und Simeon begleiteten sie.
»Steigt Ihr einen Augenblick aus«, wandte sich Phineas an die Insassen, »dann kann ich die Sitze für die Frauensleute und den Jungen richten.«
»Hier sind die beiden Büffelhäute«, sagte Rachel. »Mach es ihnen recht bequem, so eine Fahrt in der Nacht ist anstrengend.«
Jim stieg zuerst aus und half behutsam seiner Mutter, die sich an seinen Arm klammerte und ängstlich umherblickte, als sei ihr der Verfolger schon auf den Fersen.
»Jim, sind deine Pistolen in Ordnung?« fragte Georg mit leiser, fester Stimme.
»Ja, natürlich«, erwiderte Jim.
»Und du weißt Bescheid, was du zu tun hast, wenn sie kommen?«
»Das will ich meinen«, sagte Jim, sich in die Brust werfend und tief Atem holend. »Denkst du, ich lasse sie meine Mutter noch einmal fangen?«
Während dieser kurzen Unterhaltung hatte sich Eliza von Rachel, ihrer mütterlichen Freundin, verabschiedet. Simeon half ihr in den Wagen, wo sie sich mit dem Kind auf den Büffelfellen niederließ. Die alte Frau kam an ihre Seite, Georg und Jim setzten sich ihnen gegenüber auf ein Brett, und Phineas stieg auf den Kutschbock.
»Fahrt mit Gott!« rief Simeon von draußen.
»Vergelt's Gott!« riefen sie von drinnen.
Und der Wagen fuhr holpernd über den gefrorenen Weg in die Nacht
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