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Onkel Toms Hütte

Titel: Onkel Toms Hütte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beecher-Stowe Harriet
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hervor, offensichtlich benutzt zum Einwickeln von rohem Fleisch.
    »Was ist dies, Dinah? Du wickelst doch nicht dein Fleisch in das beste Tafeltuch ein?«
    »O Gott, gnädiges Fräulein, gewiß nicht. Mir fehlten die Handtücher, da nahm ich das. Ich hab es da zum Waschen reingelegt, darum liegt es dort.«
    »Liederlich«, sprach Miß Ophelia zu sich selbst, zog die Schublade heraus und stülpte sie um. Da fand sie eine Muskatnußreibe und zwei bis drei Muskatnüsse, ein Gesangbuch, ein paar schmutzige bunte Taschentücher, ein Strickzeug mit Garn, Tabakblätter und eine Pfeife, einige Zwiebäcke und verschiedene durchlöcherte Tüten, aus denen getrocknete Küchenkräuter hervorrieselten.
    »Wo hebst du deine Muskatnüsse auf, Dinah?« fragte Miß Ophelia und sah aus, als ob sie um Geduld betete.
    »Beinah überall, gnädiges Fräulein; ein paar sind in der kaputten Teetasse da oben und ein paar drüben im Schrank.«
    »Hier liegen ein paar in der Reibe«, sagte Miß Ophelia und hielt sie in die Höhe.
    »Lieber Gott, ja. Heute morgen hab ich sie da hingetan – ich habe meine Sachen gern zur Hand«, erwiderte Dinah. »He, Jake, was reißt du das Maul auf? Hast du es mitgekriegt? Sei still!« und schon schlug sie mit ihrem Stock nach dem Übeltäter.
    »Ich werde die ganz Küche durchsehen und alles in Ordnung bringen, ein für allemal, Dinah, und dann erwarte ich, daß du Ordnung hältst.«
    »Um Gottes willen, Fräulein Ophelia, das schickt sich nicht für Damen. Das habe ich bei Damen nie erlebt! Meine alte Gnädige und auch Miß Marie haben das nie getan, und ich wüßte auch nicht, wozu es gut wäre.« Tief gekränkt schob Dinah ab, während Miß Ophelia Geschirr sortierte und auftürmte, den Inhalt verschiedener Zuckerdosen in ein Gefäß leerte, Servietten und Handtücher zur Wäsche heraussuchte und mit eigener Hand, mit einer Geschwindigkeit und einem Unternehmungsgeist alles selber abwusch und auswischte, daß Dinah vor Erstaunen erstarrte.
    »Du lieber Gott, wenn so die Damen im Norden wirtschaften, dann sind es keine Damen«, sagte sie zu ihren Untergebenen, als sie außer Hörweite war. »Ich habe meine Sachen auch in Ordnung, wenn es Zeit zum Aufräumen wird; aber Damen mag ich nicht im Wege haben, die mir alles wegkramen, damit ich nichts mehr finden kann.«
    In wenigen Tagen hatte Miß Ophelia jeden Teil des Hauses nach einem bestimmten Muster auf das Gründlichste umgekehrt; aber ihre Anstrengungen auf allen Gebieten, die der Zusammenarbeit mit den Leuten bedurften, waren vergeblich. Verzweifelt wandte sie sich eines Tages an St. Clare.
    »Es ist einfach unmöglich, in deine Familie System zu bringen.«
    »Ganz recht, das ist unmöglich«, sagte St. Clare.
    »Solche liederliche Führung, solche Verschwendung und Verwirrung habe ich noch nie gesehen!«
    »Das kann ich mir denken.«
    »Aber Augustin, du weißt nicht, in welchem Zustand ich alles fand.«
    »Das wüßte ich nicht? Ich wüßte nicht, daß sie das Nudelholz unter ihrem Bett verwahrt und die Muskatreibe in ihrer Tasche mit dem Tabak, daß sie über fünfundsechzig verschiedene Zuckerdosen hat, eine in jeder Ecke des Hauses, daß sie einen Tag das Geschirr mit einer Tischserviette wäscht, und am nächsten mit einem Stück alten Unterrock? Aber das Entscheidende ist, sie bringt herrliche Mahlzeiten zustande und bereitet einen wunderbaren Kaffee; du mußt sie beurteilen, wie Feldherren und Staatsmänner beurteilt werden, nach ihrem Erfolg.«
    »Aber die Verschwendung – die Ausgaben?«
    »Na, ja! Verschließe, was du kannst, und nimm den Schlüssel an dich, gib alles einzeln heraus, aber frage nie, was übrigbleibt.«
    »Das bekümmert mich, Augustin. Ich kann mir nicht helfen, deine Leute kommen mir nicht absolut ehrlich vor. Kann man sich auf sie verlassen?«
    Augustin lachte unmäßig über das ernste und bange Gesicht, mit dem Miß Ophelia diese Frage stellte.
    »O Kusine, das ist unbezahlbar – ehrlich! – Als ob man das erwarten könnte! Ehrlich – natürlich sind sie das nicht. Wozu sollten sie auch? Wie in aller Welt kämen sie dazu?«
    »Warum unterweisest du sie nicht?«
    »Unterweisen! Larifari! Wie sollte ich sie unterweisen? So sehe ich aus! Was Marie angeht, so hat sie Gemüt genug, eine ganze Plantage zu töten, wenn ich sie gewähren ließe. Aber das Betrügen könnte sie ihnen nicht austreiben.«
    »Und es gibt keine Ehrlichen?«
    »Nun, hin und wieder wohl einen, den die Natur so unpraktisch einfach, aufrichtig und treu

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