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Onkel Toms Hütte

Titel: Onkel Toms Hütte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beecher-Stowe Harriet
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Clare schien sich wie ein Lausbub an ihrem Staunen zu weiden, dann wandte er sich an das Kind und sprach:
    »Topsy, dies ist die neue Herrin, ihr übergebe ich dich jetzt, gib acht, und benimm dich gut.«
    »Ja, Herr«, sagte Topsy mit scheinheiligem Ernst, während ihre durchtriebenen Augen funkelten.
    »Du mußt brav sein, Topsy, verstehst du«, sagte St. Clare.
    »O ja, Herr«, antwortete Topsy und funkelte wieder mit demütig gefalteten Händen.
    »Aber Augustin, was in aller Welt soll das bedeuten?« fragte Miß Ophelia. »In diesem Haus wimmelt es von diesen kleinen Plagegeistern, kein Mensch kann einen Fuß rühren, ohne auf sie zu treten. Morgens stehe ich auf und finde eins schlafend hinter der Tür, unter dem Tisch taucht ein schwarzer Kopf auf, auf der Türmatte liegt das nächste; sie turnen und balgen sich am Treppengeländer, sie purzeln in der Küche umher, wozu in aller Welt noch eins mehr dazu?«
    »Damit du seine Erziehung übernimmst, sagte ich das nicht? Du redest doch immer von Erziehung. Da dachte ich, bringe ich dir eins zum Geschenk, daran magst du dich versuchen und sie in die richtige Bahn lenken.«
    »Ich will sie gewiß nicht haben. Ich habe schon mehr mit ihnen zu schaffen, als mir lieb ist.«
    »Das nenne ich echt christlich! Ihr gründet einen Verein und beauftragt ein paar arme Missionare, bis an ihr Lebensende bei solchen Heiden zu bleiben. Aber zeige mir einen von euch, der sich die Mühe macht, einen Neger ins Haus zu nehmen und selber die Bekehrung zu vollziehen. Nein. Wenn es dazu kommen soll, sind sie schmutzig und unangenehm, dann macht es zuviel Mühe und so weiter.«
    »Augustin, du weißt, daß ich es nicht in dem Licht betrachtete«, sagte Miß Ophelia, offensichtlich weicher werdend. »Es mag wohl wirklich eine Missionsaufgabe sein«, setzte sie hinzu und blickte nachsichtiger auf das Kind.
    St. Clare hatte die richtige Saite berührt. Miß Ophelias Gewissenhaftigkeit konnte man immer anrufen. »Aber«, setzte sie hinzu, »daß du dieses Kind extra kaufen mußtest, sehe ich nicht recht ein – in diesem Hause sind genug andere, denen ich Zeit und Kraft opfere.«
    »Ach, komm doch, Kusine«, sagte St. Clare und zog sie beiseite. »Ich sollte dich um Verzeihung bitten für meine losen Reden. Du bist doch die Güte selbst. Die Sache ist die, dieses Balg gehörte ein paar Trunkenbolden, die eine billige Kneipe haben, an der ich jeden Tag vorüberkomme, und schließlich hatte ich es satt, immer ihr Geschrei zu hören, wenn die Alten sie schlugen und beschimpften. Sie sah außerdem so lustig und schlau aus, als ob sich aus ihr etwas machen ließe – darum habe ich sie gekauft und will sie dir schenken. Versuche es doch, und erziehe sie auf gute, alte neu-englische Art, und dann warte ab, was daraus entsteht. Du weißt doch, ich habe dazu keine Begabung, aber ich möchte gern, daß du es versuchst.«
    »Nun, dann will ich tun, was in meinen Kräften steht«, sagte Miß Ophelia, und sie näherte sich ihrem Zögling, wie man sich ungefähr einer schwarzen Spinne nähert, der man nichts zu Leide tun will.
    »Sie ist entsetzlich schmutzig und halbnackt«, bemerkte sie.
    »Dann nimm sie hinunter, und laß sie säubern und frisch anziehen.«
    Miß Ophelia brachte sie in die Küche.
    »Verstehe nicht, daß Mr. St. Clare immer noch neue Nigger kauft«, sagte Dinah und sah recht unfreundlich auf den Neuankömmling. »Hier unten ist sie überflüssig, soviel steht fest.«
    »Puh«, sagten Rosa und Jane naserümpfend, »uns soll sie auch fernbleiben. Warum in aller Welt der Herr immer noch neue Nigger anschafft, ist gar nicht einzusehen!«
    »Haltet den Mund! Du bist genau so ein Nigger, Fräulein Rosa«, sagte Dinah, die sich von der letzten Bemerkung getroffen fühlte. »Du scheinst dich für eine Weiße zu halten. Du bist gar nichts, weder schwarz noch weiß. Ich bin lieber das eine oder das andere.«
    Miß Ophelia mußte einsehen, daß sich in diesem Lager niemand bereit fand, das Säubern und Einkleiden des neuen Ankömmlings zu übernehmen; sie sah sich gezwungen, es selber zu tun, wobei ihr Jane nur sehr widerwillig und ungnädig zur Hand ging.
    Vornehme Ohren dürfen sich die Beschreibung der ersten Toilette eines vernachlässigten und mißhandelten Kindes nicht anhören. Es steht fest, daß in dieser Welt zahllose Menschen in Umständen leben und sterben müssen, die nur zu schildern und anzuhören für die Nerven ihrer Mitmenschen einen zu großen Schock bedeutet. Miß Ophelia war

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