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Op Oloop

Op Oloop

Titel: Op Oloop Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juan Filloy
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weitere Windhose und ließ die Häuser, die Bäume, die Automobile in einer dämonischen Sarabande kreisen. Inmitten dieses doppelten Chaos wirbelte er irrsinnig innerhalb und außerhalb seiner selbst. Wie ein Schiffbrüchiger klammerte er sich an den Eisenstangen fest. Der verheerende Sturm schlug alles in seinem wilden Heranrollen nieder. Als er die Augen einen Schlitz weit öffnete, bäumte die Straße sich vertikal auf. Dann klebte sich der zu Gummi gewordene Asphalt an seine Lider. Und zog ihn, zog ihn mit solcher Kraft zu sich hin, daß er schon in der Trance des Nachgebens schwankte. Als der Schwindel ihn zu erfassen drohte, schloß Op Oloop die Augen und guillotinierte die Anziehungskraft.
    Schwitzend, zitternd, wich er bis zum Schreibtisch zurück. Er setzte sich. Inmitten der Unordnung seines Geistes öffnete sich ein weiter Lichtstreifen: »Die blauen Gründe des Todes!«
    Und in ihm – ein glorreicher Fries – das schlichte und zerbrechliche Bild von Franziska, unendlich oft wiederholt, ein jedes mit neuem Zauber, ein jedes mit frischer Zärtlichkeit.
    Er konnte das Wunderwerk nicht ergründen.
    Als er sich wieder fing, rief sein Arbeitszimmer – überfüllt mit Regalen und Registraturkästen, mit Maschinen und Diagrammen – Widerwillen in ihm hervor. Ihn, der er die Stunden mit Wissen gefüllt hatte, überkam schlußendlich der Eindruck von Eitelkeit. Alles kam ihm unerträglich vor. Alles war vergebens gewesen. Sein Leiden war kein Schmerz, sondern Hohn, als er sah, wie die Zeit ihren leeren Weinschlauch schüttelte und ihm riet: »Dummkopf, noch einmal füllst du ihn mit Liebe!«
    Sich auf dem Stuhl windend, von stechenden Wunden in seinem Geist gequält, fühlte er, als er die Hand zur Brust führte, sein Notizbuch. Von plötzlichem Interesse trunken gemacht, öffnete er die seiner libidinösen Statistik gewidmeten Seiten. Und in den der Nummer Tausend zugewiesenen Raum schrieb er:
     
    KUSTAA IISAKKI , 21 Jahre, Finnin, blond, abgegriffen. Tochter von Minna Uusikirkko. Fast meine Tochter … Tochter meiner Träume! Coitus interruptus.
    0     0  00 …
OP OLOOP
     
    Während er seine Zusammenfassung aus Nullen unter den Eintrag setzte, bildete sich ihm ein Knoten im Hals, und er wimmerte: »Ist das Liebe, Minna? … Ist das Glück, Kustaa? … Ist das, was du versprichst, Franzi?«
    Er lief rot an. Die – offensichtlichen – Antworten unterstrichen die Anomalie seines Gefühlslebens. Schon war ihm keine Empfindung mehr angenehm. Seine Niedergeschlagenheit dagegen steigerte sich aufgrund eines belanglosen Motivs. Beim Abschluß der tausend Fälle seiner sinnlichen Statistik durch seine Unterschrift stimmten die vier O seines Vor- und Nachnamens mit den vier Nullen aus der vorhergehenden Zeile überein. Er sah darin ein deprimierendes Symbol. Indem er es überhöhte, legte er die vier Nullen als vom Schicksal über die vier Hauptbestrebungen seines Lebens gefälltes Urteil aus: Freiheit, Arbeit, Kultur, Liebe.
    Und seine alte Lebensfreude erhielt einen Anstrich in dämmriger Färbung.
    Die Kunst und die Wissenschaft aller Dinge liegt darin, mit den Fügungen des Schicksals umgehen zu können. Als er in seiner Jugend Daudet las, hatte er sich diese Wahrheit angeeignet, die zur Mentorin seiner Schritte in verschiedenen Lebensabschnitten wurde. Doch in dieser Nacht hatten sich im Hexenkessel seines Kopfes jedes nur vorstellbare fatum und ananke verklumpt. Er konnte sie nicht verschrecken. Die in zwanzig Jahren angesammelten Mittel, um sich zu vervollkommnen, zu läutern und zu verherrlichen, versagten. Es waren bloße Spiegelfechtereien, prunkvolle Schutzwände gegen ein vorbestimmtes Geschick, ein so sehr vorbestimmtes Geschick, daß es in den vier Nullitäten seiner Unterschrift glänzte!
    Der Statistiker versenkte sich in einem Gewässer aus kontemplativer Ruhe. Er zog eine knappe Bilanz seines Lebenswegs. Der verfehlt war. Er prüfte die Aussichten, neuen Fahrtzielen entgegenzustreben. Sie waren schreckenerregend. Dann akzeptierte er unterwürfig sein Schicksal, seine Machtlosigkeit und sein Unvermögen. Und er fügte sich darein, sich als Fleischwerdung eines absurden Lehrsatzes zu betrachten.
    Als er sah, daß der Briefumschlag noch da lag, den er zu Beginn des Tages mit der Anschrift Van Saals zu adressieren versucht hatte, ergriff er ihn. Die Einsamkeit des bereits geschriebenen S klagte seine Unachtsamkeit ihm gegenüber an. Zur Wiedergutmachung beschloß er, ihm zuerst, vor jedem

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