Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Operation Blackmail

Operation Blackmail

Titel: Operation Blackmail Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenk Saborowski
Vom Netzwerk:
ECSB, die das schnelle
UMTS-Netz von Mobilfunkanbietern nutzte, war hier wertlos. Sie waren auf sich
alleine gestellt und mussten auf klassischen Sprechfunk zurückgreifen. Paul
stopfte den Stöpsel ins Ohr und drückte auf »on«. Solveigh flüsterte, aber er
konnte sie gut verstehen, die Verbindung war exzellent: »Wir sind etwa tausend
Meter von den Koordinaten entfernt. Leider hat es aufgehört zu schneien, sodass
wir uns den Treffpunkt nicht vorher ansehen können, ohne die Spuren einer
Büffelherde zu hinterlassen. Wir teilen uns jetzt auf und schließen einen
weiträumigen Kreis etwa in diesem Abstand. Sucht euch jeweils einen Standort
circa hundert Meter von den Zielkoordinaten entfernt, und verwischt ab dem
Verlassen des Außenrings eure Spuren mit einem Zweig, sodass man sie zumindest
nicht auf den ersten Blick erkennt. Grabt euch ein, und erstattet mir Meldung,
wenn ihr Position bezogen habt. Ich werde am Ring Stellung beziehen im Abstand
von etwa 300 Metern, wahrscheinlich in Gipfelnähe«, sie deutete auf ihr
GPS-Gerät, das gleichzeitig eine topografische Karte des Bergs zeigte. »Paul,
du platzierst dich etwa bei 45 Grad des äußeren Kreises, Pollux auf 320 Grad.
Damit liegen wir alle oberhalb des Treffpunkts, und ich kann mir nicht
vorstellen, dass einer von ihnen auf die Idee kommt, von der anderen Bergseite
aufzusteigen.« Paul und Pollux bestätigten ihre Anweisungen, indem sie mit
Daumen und Zeigefinger ein »O« formten.
    Paul stapfte mit seinen Schneeschuhen weiter, er wollte keine Zeit
verlieren. Er hatte im Gegensatz zu Pollux den wesentlich weiteren Weg zu
absolvieren, denn er musste auf die andere Seite des Berges. Sein Weg würde ihn
fast am Gipfel vorbeiführen, wenn er den von Solveigh geforderten Abstand von
300 Metern zu den Koordinaten einhalten wollte. Mittlerweile hatten sie schon
einige Höhenmeter hinter sich gebracht, und ab jetzt ging es noch steiler bergauf.
Er trabte nicht mehr in seinem meditativen Trott, sondern nutzte jetzt all
seine Sinne, um sich mit dem Berg vertraut zu machen. Dies war ihr Zielgebiet,
er musste es auswendig lernen, jeder Baum konnte ihm möglicherweise den
Schusswinkel verbauen, jeder Busch war ein mögliches Versteck für ihn oder seine
Gegner. Sein Atem ging schneller, und sein Puls steigerte sich merklich. Die
Jahre in einem Bürostuhl bei der EuroBank waren doch nicht spurlos an ihm
vorübergegangen, bemerkte er ein wenig resigniert. Er nahm sich vor, wieder
ordentlich zu trainieren, wenn das hier vorbei war. Das Gipfelkreuz in Sicht,
verlangsamte er sein Tempo noch einmal. Er hielt inne, um zu lauschen. Die
Blätter rauschten im Wind, der Wald war hier lichter, auf der anderen Seite des
Hanges ragten viele Bäume nur noch als Gerippe in den Himmel. War da etwas? Er
drehte sich um und spähte in die Nacht. Etwa hundert Meter unter ihm meinte er,
eine Bewegung wahrzunehmen. Doch anstatt schnell in Deckung zu gehen, ließ er
sich mit einer kontrollierten, flüssigen Bewegung in den Schnee fallen. Er
wusste, dass jedes hektische Zucken in der Dunkelheit mehr auffiel. Es ging
darum, den natürlichen Fluss der Umgebung nachzuahmen: ein schwankender Ast,
ein Reh, das auf der Suche nach Futter umherstreifte. Nur schnelle Bewegungen bedeuteten
Gefahr, für die Tiere ebenso wie für den Menschen. Obwohl er einigermaßen
sicher war, dass er es mit einem Tier zu tun hatte, suchte er mit
zusammengekniffenen Augen am tiefer gelegenen Hang nach seinem Phantom. Hatte
er sich getäuscht? Aber nein, da sah er es erneut. Tatsächlich arbeitete sich
eine Gestalt am Rand des Grats auf den Gipfel zu. Sie war von seiner Position
aus immer nur kurz zu sehen, was für ein äußerst professionelles Vorgehen
sprach. Er aktivierte den Sprechfunk und flüsterte: »Kontakt, 250 Meter
unterhalb des Gipfels am Westgrat.«
    Â»Negativ«, flüsterte es zurück. »Ich bin’s nur, Paul. Ich werde kurz
unterhalb des Gipfelkreuzes in Stellung gehen. Nimm jetzt deine Position ein.«
    Er seufzte: »Solveigh«, und ärgerte sich, dass er sich überhaupt
gemeldet hatte. Ihre Selbstsicherheit grenzte schon an Arroganz. Dabei standen
ihr die schwarze Einsatzkleidung und das Scharfschützengewehr sehr gut, fand
Paul. »Es kommen auch wieder bessere Zeiten«, murmelte er vor sich hin, während
er sich aus dem lockeren Pulverschnee aufrappelte, um seinen

Weitere Kostenlose Bücher