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Operation Blackmail

Operation Blackmail

Titel: Operation Blackmail Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenk Saborowski
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allergeheimsten Navy-Seals bei Einsätzen im tiefsten Feindesland. Zum
Schluss zog jeder noch einen Saab-Barracuda-Poncho in der Winterversion über,
eine Art weißen Überzug, der im Schnee kaum auszumachen war und ihr thermisches
Signal so weit reduzierte, dass sie für Wärmesensoren nahezu unsichtbar sein
würden. Dunkelgrau vor Hellgrau statt Rot-gelb vor Weiß, wie Paul wusste.
    Bevor sie losmarschierten, fasste Solveigh noch einmal für alle die
Marschbefehle zusammen. Sie schätzte, dass sie für den Aufstieg bei diesen
Bedingungen gute drei Stunden brauchen würden. Damit hatten sie mindestens eine
Stunde Vorsprung vor den Erpressern herausgeholt. Es war äußerst
unwahrscheinlich, dass sie sich ohne Genehmigung mit einem Fahrzeug in den Wald
wagen würden. Zu groß wäre die Gefahr, von einem Jäger oder pflichtbewussten
Förster entdeckt zu werden. Einzig Grenzpatrouillen hatten ihre Gegner nicht zu
befürchten, denn der Große Rachel war ein clever ausgewählter Treffpunkt: Von
der tschechischen Seite aus war das Gebirge unzugänglich und daher keine Route
für Flüchtlinge und Schmuggler. Ihrer Einschätzung zufolge würden die Erpresser
ihre Fahrzeuge irgendwo am Fuß des Berges abstellen und den gesamten Weg zu Fuß
zurücklegen. Jetzt ging es darum, den Vorsprung nicht schmelzen zu lassen. Sie
mussten sich so schnell wie möglich in Stellung bringen, »eingraben«, wie es im
Bundeswehrjargon genannt wurde. Solveighs Plan sah vor, dass sie sich
aufteilten, um beide Gesprächsteilnehmer getrennt zu verfolgen. Die dafür
notwendige Mannstärke hatte auch bei William Thater den Ausschlag gegeben, Paul
mitzunehmen. Abgesehen von seiner Qualifikation als ehemaliges Mitglied der
KSK, was seiner Meinung nach schon Grund genug hätte sein sollen, denn
schließlich war das deutsche Pendant zu den US-Marines eine der
bestausgebildeten Truppen der Welt. Dennoch hatte Solveigh ihn dem Mastermind
und Pollux Leonid Mikanas zugeteilt, offensichtlich hatte sie in die Ausbildung
der ECSB noch mehr Vertrauen. Wir werden sehen, ob das in einem ausgewachsenen
Schneesturm die richtige Entscheidung war, dachte Paul grimmig. Solveigh selbst
würde mit ihrem Scharfschützengewehr eine entfernte Stellung halten und als
Springer fungieren. Je nach Situation würde sie entscheiden, welchem von ihnen
sie sich anschloss.
    Zum Schluss legten sie noch ihre Schneeschuhe an und machten sich an
den Aufstieg. Solveigh ging voraus, das Display des GPS-Geräts tauchte den Weg
vor ihr in ein schwach bläuliches Licht. Sie konnten es nicht riskieren,
Taschenlampen einzuschalten. Im Notfall blieben ihnen immer noch die
Nachtsichtgeräte, aber im Moment reichte der fahle Schein des Mondes, der durch
die Baumwipfel fiel. Der Schneesturm hatte zumindest vorübergehend an
Intensität verloren. Ihr Trupp sah aus wie drei willkürliche weiße Flecken, die
sich durch die Winterlandschaft schoben, nahezu unsichtbar vor der verschneiten
Kulisse.
    Paul marschierte hinter Solveigh und bemühte sich, den Rhythmus
seiner eigenen Schritte dem ihren anzupassen. Er wollte sicherstellen, dass er
beim Aufstieg nicht zu viel Energie verschwendete. Dabei ging es ihm vor allem
darum, seine Konzentrationsfähigkeit zu schonen, er würde sie nachher brauchen,
und so achtete er nur auf die monotonen Bewegungen, ignorierte das Baumeln des
schweren Gewehrs auf seinem Rücken. Sein Ziel war ein beinahe meditativer
Zustand, der es ihm erlauben würde, den beschwerlichen Aufstieg hinter sich zu
bringen, ohne schließlich allzu ausgelaugt zu sein. Die nächtliche Stille im
Wald trug das Ihre dazu bei, er hörte nur das Knirschen ihrer Schritte und das
Schrappen des Nylons ihrer Kampfanzüge. Irgendwo im Gebüsch musste ein Reh
aufgeschreckt worden sein, es raschelte. Er versuchte, das Geräusch zu
verdrängen, nur an seine Füße zu denken. Einen vor den anderen, immer wieder.
Unter dem Poncho lauschte er seinem eigenen Atem, der kleine Wölkchen
kondensierter Luft ausschickte.
    Zwei Stunden und Tausende Schritte später hörte er immer
noch das »Schrapp, Schrapp« seiner Hosenbeine, die aneinanderrieben, als
Solveigh plötzlich stehen blieb und die rechte Hand hob. Sie drehte sich um und
bedeutete ihnen, ihre Ohrstöpsel für den Funkverkehr anzulegen und die Geräte
einzuschalten. Die üblichen Kommunikationskanäle der

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