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Operation Blackmail

Operation Blackmail

Titel: Operation Blackmail Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenk Saborowski
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überprüfte ein weiteres Mal die Uhrzeit. Mit seinem Fernglas, das
mit Restlichtverstärker ausgestattet war, verglich er die aktuelle
Patrouillensituation auf dem Schloss noch einmal mit seinen Beobachtungen vom
Nachmittag. Die Routine schien sich nicht verändert zu haben.
    Auf dem Bauch kriechend schob sich Leonid die letzten Meter ins Wasser.
Der schwarze See verschluckte ihn mit einem leisen Schmatzen.
    KAPITEL 65
    München, Deutschland
    Tag 16: Dienstag, 22. Januar, 01:25 Uhr
    Mao Gruber saß vor dem Großen Vorsitzenden und rief wie
jede Nacht seit zwei Wochen mehrere Webcams auf, die allesamt auf die
Frankfurter Skyline gerichtet waren. Seine Konzentration allerdings galt der
Onlineversion eines alten Brettspiels, das auf dem zentralen Monitor lief. Er
hatte es erst vor Kurzem entdeckt, und seitdem zockte er es immer dann, wenn er
sich von der Erpressung ablenken wollte. Oder weil es für ihn wieder einmal
nichts zu tun gab, wenn alles wie am Schnürchen lief. Wie im echten Vorbild,
Risiko, ging es darum, mit seinen Armeen auf einer stark vereinfachten
Weltkarte die Oberhand zu gewinnen. Seine Schlacht gegen einen User namens
»s1ll4ru3d45« war in ihrer heißen Phase, er hielt Asien und Europa, sein Gegner
Südamerika, Afrika und Australien.
    Dennoch musste er natürlich zumindest der Form halber die Webcams
überprüfen, auch wenn er nicht glaubte, dass die Bank vor dem finalen Anschlag
ihre Meinung ändern würde. Heinkel war der entscheidende letzte Sargnagel, und
Leonid würde wahrscheinlich heute oder morgen Nacht zuschlagen. Dann würden die
Türme leuchten, da war sich Mao sicher.
    Er sammelte seine Armeen in Kamtschatka, um »s1ll4ru3d45« aus
Nordamerika zu vertreiben. Genauso, wie er Leonid zur Bilderberg-Konferenz
geschickt hatte. Und wie seine Armeen den Risiko-Gegner, würde die Pressearmee
die EuroBank zermalmen, wenn ihr Vorstandsvorsitzender auf der prominentesten
Wirtschaftskonferenz der Welt starb. Und die Bank hätte es verhindern können,
aber sie hatten sich ja beharrlich geweigert zu bezahlen. Auf dem Monitor
beobachtete er, wie seine Risiko-Armeen in Alaska einfielen und
weitermarschierten, als bestünden die feindlichen Truppen aus Pappmaschee. Aber
was war das? Bei einem kurzen Seitenblick auf die Frankfurter Skyline bemerkte
er ein pulsierendes Leuchten. Ab diesem Moment war das Onlinespiel vergessen,
die Weltherrschaft konnte warten. Konnte es tatsächlich wahr sein? War die Bank
endlich bereit zu bezahlen? Hatten sie eingesehen, dass sie ihn niemals
aufhalten würden können? Wieder blinkte eine Fensterreihe. Diesmal im 18. Stock
auf der linken Seite, kurz darauf der 40. Stock. Das Muster entsprach genau seinen
Vorgaben. Der Turm der EuroBank sah aus, als funke er SOS. Er hatte gewonnen.
Er sprang auf und ballte die Hand zur Faust: »Yessssss!«, schrie er in der
Einsamkeit seiner Wohnung. »Yesssss!«
    Er ließ seinem Glücksgefühl ein paar Minuten Zeit und genoss den
Siegestaumel. Er hatte es geschafft. Was keiner jemals für möglich gehalten
hatte. Das perfekte Verbrechen mit der perfekten Beute: mehr Geld, als er je
würde ausgeben können. Als die Welle der Euphorie langsam abebbte, zwang sich
Mao zur Ruhe. Es ist noch nicht vorbei, Mao. Bei einem Marathon anzutreten, ist
einfach, ihn zu beenden ungleich schwerer. Nein, er würde jetzt keine Fehler
mehr machen, das Glücksgefühl würde jederzeit wiederkommen, wenn er es rief.
    Seine Koffer standen gepackt an genau der Stelle, wo sie seit zwei
Wochen auf diesen Tag warteten. Er sah sich um, betrachtete den Großen
Vorsitzenden, der ihm so gute Dienste geleistet hatte, ging durch sein
Wohnzimmer und in die Küche. Er würde die Wohnung vermissen, die für die letzten
Jahre sein Zuhause gewesen war. Dennoch musste er sie zurücklassen. Es kam
nicht infrage, in Deutschland zu bleiben nach diesem beispiellosen Verbrechen,
das er begangen hatte. Meisterhaft begangen hatte, rief er sich in Erinnerung.
Aber um es meisterhaft zu Ende zu bringen, musste er alles aufgeben, was ihm
lieb und teuer war. Zumindest fast alles, lächelte er in sich hinein und ging
noch einmal zum Großen Vorsitzenden, um den Satz Batterien zu überprüfen, die
dem finalen Teil seines Plans auch dann zum Erfolg verhelfen würden, wenn in
München der Strom ausfiel. Mit so etwas war zwar nicht zu rechnen, aber
Vorsicht ist die Mutter der

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