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Operation Blackmail

Operation Blackmail

Titel: Operation Blackmail Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenk Saborowski
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Eine ideale Fassade
für ein Staatsgeheimnis, das musste er zugeben. Es war kurz nach Mittag, die
Angestellten strömten schirmbewehrt zurück zu ihren Arbeitsplätzen, niemand
schenkte ihm Beachtung. Er las die Schilder der hier ansässigen Firmen, fand
aber nur Unauffälliges: eine kleine Bank, eine Versicherung, ein IT-Unternehmen
– die übliche Vorstadtmischung an einer zweitklassigen Adresse. Entschlossen
betrat Vanderlist die kalte Eingangshalle, orientierte sich in Richtung des
kleinen, etwas heruntergekommenen Tresens im rechten Eck.
    Â»Guten Tag, mein Name ist Vanderlist, und ich habe einen Termin bei
Herrn Heegen von der Loude IT Services«, stellte sich Paul vor. Gelangweilt
deutete der Mann hinter dem halbrunden Empfangspult auf die Fahrstühle und und
brummelte: »vierter Stock.« Doch Vanderlists durch seine militärische
Vergangenheit geschultes Auge ließ sich nicht von der schäbigen Fassade
täuschen: Die Beule unter dem Jackett und sein muskulöser Körperbau straften
das gelangweilte Zeitunglesen und seine schnodderige Art Lügen. Das war kein
einfacher Wachmann, SAS vielleicht oder ein deutscher Kampfschwimmer, auf jeden
Fall ein ehemaliger Kollege. Wäre sein Unterarm nicht durch seine Kleidung
verdeckt worden, hätte er sicher eines der für Eliteeinheiten typischen Tattoos
entdeckt.
    Gemeinsam mit einer aktenbewehrten Frau in den Vierzigern und einem
Fahrradkurier betrat er den Aufzug und drückte die Taste für die vierte Etage.
Begleitet vom Rauschen seines Funkgeräts verließ der Kurierfahrer im zweiten
Stock die Kabine. Die leuchtende Neun verriet ihm, dass seine zweite
Mitfahrerin noch weiter wollte.
    Als sich die Aufzugstür in der vierten Etage mit einem scheppernden
»Ding« öffnete, fand sich Vanderlist in einem schmucklosen Flur wieder. Die
Farbe blätterte von den ehemals weißen Zargen der Tür, auf der Loude IT
Services stand. Schulterzuckend drückte er die Klingel, was beinahe sofort mit
einem lauten Summen des Türschlosses beantwortet wurde.
    Auch im Inneren unterhielt die angebliche Computerfirma ein Büro,
wie es allein in Amsterdam Tausende geben musste: ein Empfangsbereich, der in
den Achtzigerjahren für die Ewigkeit gebaut worden war, mit einer jungen, aber
nicht allzu hübschen Empfangssekretärin dahinter. Er wollte gerade die
Tagesform seines Charmes an ihr überprüfen, als aus dem rechten Gang eine etwa
dreißigjährige Frau auf ihn zukam. Sie war sehr schlank, hatte kastanienbraune,
längere Haare und trug ein teures schwarzes Kostüm mit Stöckelschuhen, das Paul
furchtbar spießig fand. Sie wäre auch bei der EuroBank nicht aufgefallen.
Obwohl, vielleicht doch, dachte er, als er ihr in die Augen schaute.
    Â»Hallo, Mr. Vanderlist, ich bin Agent Solveigh Lang.« Ihr Lächeln
war sehr verbindlich und schien ihm ob der Situation unangemessen. Das
Auffälligste an ihr waren die Augen. Trotz ihrer dunklen Haare waren sie von
einem sehr hellen Blaugrau, irgendwie unheimlich. Sie erinnerten ihn an einen
Wolf, nur funkelten sie aufgeschlossen, statt kalt und berechnend zu starren.
Diese Augen konnten auch anders, da war er sicher.
    Â»Guten Tag, Frau Lang, mein Name ist Paul Vanderlist. Von der
EuroBank.«
    Â»Wenn ich Sie Paul nennen darf, dürfen Sie Solveigh zu mir sagen«,
bot sie ihm an, während sie seine Hand schüttelte. War das ein Naserümpfen
gewesen? Nein, entschied Paul, er schwitzte ja gar nicht mehr.
    Ihr Händedruck war fest, bei näherem Hinsehen wirkte sie gar nicht
mehr so dünn, sondern sehr kraftvoll. Durchtrainiert. »Sehr gerne, Solveigh,
ich heiße Paul.«
    Â»Folgen Sie mir bitte, Sie werden schon erwartet.«
    Energisch schritt Agent Lang den Gang hinunter, vorbei an
geschlossenen Bürotüren mit kleinen weißen Schildern neben jeder Tür. »Customer
Service« stand auf den meisten, manchmal ein Name und ein hochtrabender Titel.
Es war bemerkenswert still für ein Büro, einzig das Stakkato ihrer Schritte auf
dem ausgetretenen harten Teppichboden war zu hören.
    Am Ende des Gangs öffnete sie schwungvoll die Tür zu einem
schmucklosen Konferenzraum. »Conference 2« stand auf der angestaubten Tafel
neben der Tür.
    Die Büros sind nicht echt, dämmerte es Paul. So etwas kannte er nur
aus Spionagefilmen. Brad Pitt in einem chinesischen Restaurant in Soho. Hinter
der Küche

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