Operation Blackmail
findet er eine Tür, die sich nur mit einem Code öffnen lässt. Brad
Pitt betritt ein geheimes Waffenlager der CIA. Oder so ähnlich. Paul lieÃ
seinen Blick durch den Raum streifen und fragte sich, ob in dem kargen
Konferenzraum auch eine Geheimtür verborgen war. Quatsch, alles Hollywood,
sagte er sich und strich sich über den grauen Bart.
»Es ist sehr ungewöhnlich, dass wir Besucher empfangen, ich hoffe,
Sie haben Verständnis für unsere SicherheitsmaÃnahmen«, leitete Agent Lang ein.
»Aber natürlich«, sagte Paul und grinste schief.
Agent Lang öffnete ein Wandpaneel, hinter dem sich eine Tastatur mit
einer Reihe von Sensoren verbarg.
»Ihnen wurde eine fünfzehnstellige Zahlenkombination übergeben.
Bitte identifizieren Sie sich mit dieser Nummer an dem Terminal, und erlauben
Sie danach einen Iris-Scan, den wir mit Ihren Biodaten abgleichen, die wir vom
Bundeskanzleramt erhalten haben. Damit wir uns sicher sind, dass Sie auch
wirklich Paul Vanderlist sind«, zwinkerte sie ihm zu.
Paul trat vor, fischte aus seiner Jacketttasche den Ausdruck mit dem
Code hervor und gab die endlose Zahlenreihe ein. Er versuchte krampfhaft, nicht
zu blinzeln, als das grünliche Licht über sein rechtes Auge streifte, bevor die
Bestätigung »confirmed« auf dem Display erschien.
»Na dann, Herr Paul Vanderlist von der EuroBank, willkommen bei der
European Council Special Branch oder kurz ECSB«, vermeldete Agent Lang. Am Ende
des Konferenzraums glitt lautlos ein Teil der Wand zur Seite und gab einen
engen Fahrstuhl frei. Solveigh und Paul betraten die schwarz gestrichene
Kabine. Als sich die Tür schloss, klang die Welt um ihn plötzlich dumpf, als
bestünden die Wände aus dickem Leder. Nach einem weiteren Iris-Scan, diesmal
bei ihrem Auge, setzte sich der Aufzug in Bewegung.
KAPITEL 9
Asti (Piemont), Italien
Tag 1: Montag, 7.Januar, 14:54 Uhr
Für Leonid Mikanas war die Fahrt durch die bergige Landschaft
des Piemont der Vorhof zur Hölle. Die Italiener fuhren für seinen Geschmack
viel zu schnell, und die Autobahnen waren so furchtbar eng, dass er sich
fragte, ob ein Umweg über die LandstraÃen nicht sicherer war. Nein, es würde zu
lange dauern, besann er sich auf ihren eng gesteckten Zeitplan, den er und Mao
besprochen hatten. Das Problem war nicht etwa, dass die Italiener schlechte
Autofahrer wären, im Gegenteil. Aber sie riskierten bei ihren halsbrecherischen
Ãberholmanövern und dem schnellen Ein- und Ausscheren Blechschäden, und er
konnte auch den kleinsten Eintrag in das Register seiner Versicherung auf
dieser Fahrt nicht gebrauchen. Kleinigkeiten sind die Sandkörner im Getriebe
eines guten Plans, hatte Mao ihm erläutert. Sein chinesischer Partner liebte
Sinnsprüche und ging Leonid immer wieder damit auf die Nerven. Er war ein Mann
der Tat, ein Soldat, ein Mörder vielleicht. Aber kein Dummschwätzer. Einmal
hatte er Mao sogar Schläge angedroht, wenn er nicht aufhörte, in einer Tour den
alten Mann zu zitieren, gemeint war Konfuzius, unerschöpfliche Quelle von Maos
Schlaumeierei. Dennoch hatte er natürlich recht: Ein Auffahrunfall, eine Panne
auf einer einsamen PassstraÃe und ähnliche widerliche Kleinigkeiten waren die
wenigen Unbekannten in ihrem Masterplan. Aber auch dafür hatten sie vorgesorgt,
in seiner Tasche hatte er über fünftausend Euro in bar für Unvorhersehbares: Schmiergeld
für einen Polizisten, schnelles Bares für einen Blechschaden. Geld ist der
Motor der Wirtschaft, Bargeld der Arschtritt des kleinen Mannes. Leonid ärgerte
sich darüber, dass er sich noch einen der dummen Sprüche gemerkt hatte. Aber
auch er war Profi und sich darüber im Klaren, wie wichtig es war, dass er sein
nächstes Ziel erreichte, ohne Spuren zu hinterlassen. Deshalb hatte er schon
vier Mal das Auto gewechselt und würde heute noch einmal in ein neues
umsteigen. Anfangs hatte er dagegen argumentiert, er hatte solch übertriebene
Vorsicht noch nie walten lassen, aber ihr Unterfangen hatte eine neue
Dimension, das musste er zugeben. Zum Glück galt das auch in finanzieller
Hinsicht, denn dies sollten die letzten Bluttaten seiner Karriere sein.
Ein Mensch wie Mao war ihm noch nicht untergekommen. Obwohl er ihm
nicht vertraute, hatten ihn sein Charisma und nicht zuletzt die Kühnheit seines
Plans tief beeindruckt. Aber Maos Innerstes war schwarz wie die Seele
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