Operation Blackmail
damit
nichts nach auÃen dringt. Alle sind sich einig: Wir können nur abwarten. Die
Situation ist frustrierend«, bekannte Paul.
»Das verstehe ich. Aber wir können nur auf Geheià des European
Council aktiv werden, wir arbeiten also effektiv nur für die Staats- und
Regierungschefs der Europäischen Union. Diese Zustimmung zu erhalten ist
normalerweise ein langwieriger Prozess, aber in Ausnahmefällen kann auf
besonderen Wunsch eines Mitglieds der Kommission ein Eilverfahren eröffnet
werden. In Ihrem Fall hat die Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland diesen
Vorgang eingeleitet, und wir können ihn gleich live mitverfolgen. Der erste
Schritt ist, das vorliegende Verbrechen zu erfassen, ohne dass dadurch
vertrauliche Informationen verbreitet werden. Dazu werde ich verschiedene
Parameter in unser Computersystem eingeben. Wir brauchen mindestens sieben
Stimmen, bevor wir uns Ihres Falls annehmen können. Ich bin zwar grundlegend im
Bilde, aber ich würde die Situation gerne noch einmal aus Ihrem Mund hören«,
fuhr Thater fort. »Ich hole noch einen Resident dazu, und Agent Lang kennen Sie
ja bereits.«
Paul Vanderlist wusste ob der Tatsache, dass nur zwei Ermittler an
dem Meeting teilnehmen sollten, nicht, ob er sich ärgern oder verzweifeln
sollte. Er hatte mehr erwartet. Vielleicht, so dachte er bei sich selbst, um
seine eigene Unsicherheit zu kaschieren. Seine Enttäuschung musste derart
offensichtlich gewesen sein, dass Solveigh bemerkte: »Wir arbeiten immer in
Zweierteams mit einem Resident, der in der Zentrale bleibt und Informationen
verarbeitet, und einem Agenten im Feld«, erklärte Solveigh.
Paul runzelte zweifelnd die Stirn.
»Schauen Sie, Paul«, entgegnete ihm Agent Lang, der seine Mimik
nicht entgangen war. »Es ist nicht unsere Aufgabe, die örtlichen Behörden zu
ersetzen, vielmehr sind wir eine Art zweites Gehirn für sie. Lassen Sie sich
überraschen, wir sind sehr effektiv. Und unser Expertennetzwerk dürfte sogar
einen ehemaligen Major der KSK beeindrucken â¦Â«
Paul schluckte. Sie wissen also über meine Vergangenheit Bescheid.
Auch über den Rest? In Bruchteilen einer Sekunde schossen ihm die Quellen durch
den Kopf, die für ein solches Leck infrage kämen. Unmöglich, dachte er, nicht
einmal eine Handvoll Militärs hat Zugriff auf meine Akten. Paul musste sich im
Ãbrigen eingestehen, dass Agent Lang mit ihrer Einschätzung recht hatte. Er war
beeindruckt. Trotzdem beschloss er, sich bis auf Weiteres nichts anmerken zu
lassen.
» ⦠und wenn wir mehr Leute brauchen, kann ich immer noch ein
zweites Team anfordern«, beendete Solveigh Lang ihren Satz.
»Ja, aber â¦Â«, begann Paul, wurde aber von dem sogenannten Resident
unterbrochen, den Thater angekündigt hatte. Dieser machte sich mit einem lauten
Knall bemerkbar, als er mit seinem Rollstuhl an der Glastür des Konferenzraums
aneckte. Er murmelte eine Entschuldigung und stellte sich als Eddy Rames vor.
Paul ertappte sich bei einem Gedanken über die Leistungsfähigkeit von
Rollstuhlfahrern und zwang sein Vorurteil zurück in die graue Zelle, aus der es
gekrochen war.Das muss ja nichts heiÃen. Er streckte Eddy die Hand entgegen und
musterte ihn: Er sah überhaupt nicht aus wie ein Eddy Rames. Unter dem Namen
hätte sich Paul einen braungebrannten Surferboy aus Katalonien vorgestellt.
Dieser Eddy hingegen war dick, blass und trug eine Brille mit dünnem
Stahlgestell, die seinem Gesicht etwas Dümmliches gab. Trotz seiner guten
Vorsätze wuchs Pauls Misstrauen. Der mindestens gehbehinderte Eddy rollte
wortlos zum Konferenztisch, klappte einen teuren Laptop auf und glotzte
erwartungsvoll in die Runde. Paul fragte sich, ob er seine Gedanken erraten
hatte, und setzte sich ihm gegenüber neben Agent Lang.
Nach einer kurzen Einleitung durch William Thater begann Vanderlist
mit seinem Bericht. Mit militärischer Präzision schilderte er knapp, aber
umfassend die Ereignisse der letzten 72 Stunden: der Mord in Paris, der
Erpresserbrief, die Besorgnis der Führungsriege der EuroBank und sein Treffen
mit den Vizepräsidenten des BKA.
Er schloss mit den Worten: »Die deutschen Behörden haben
Informationen in Paris angefordert, aber bisher haben wir nur die Obduktion und
den Tatortbericht der leitenden Ermittlerin, einer gewissen Catherine Fallot,
erhalten. Das BKA macht uns Hoffnungen auf einen
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