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Operation Blackmail

Operation Blackmail

Titel: Operation Blackmail Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenk Saborowski
Vom Netzwerk:
wichtigsten Ziele seines Lauschangriffs hier im Hotel. Die
räumliche Nähe – oder, besser: die Nähe innerhalb des Hotelnetzwerks – war
dabei der entscheidende Faktor. Denn im Gegensatz zu den Jungs mit ihren
Zufällen konnte er so weitaus planvoller vorgehen. Dazu ließ sich Mao vom
Router des Hotels zunächst eine IP-Adresse zuteilen, die ihm seine
Systemeinstellungen anzeigte:
    192.168.105.206
    Okay, dann wollen wir mal sehen, ob wir dich finden können.
Frenetisch auf der Tastatur seines Laptops tippend, begann Mao, mit einem
Programm zur Fernwartung von Computern auf verschiedene IP-Nummern in seiner
unmittelbaren Netzwerkumgebung zuzugreifen. Dafür reichte es aus, die entsprechenden
Zahlenkombinationen einzugeben und die letzten Ziffern zu variieren.
    192.168.105.200 – nichts.
    192.168.105.201 – Ein Anmeldeschirm mit der Nutzerkennung
reception05 erschien auf dem Bildschirm in Zimmer 216. Aha, die Rezeption.
Weiter.
    Bei den Nummern 202 bis 212 handelte es sich um Rechner des Hotels,
die Mao nicht weiter beachtete. Unter der 213 fand er erstmals ein komplett
offenes System, in das er sich ohne Passwort einloggen konnte. Unter der
E-Mail-Adresse Sunny44 betrog offensichtlich eine Frau ihren Mann. Die
entsprechende E-Mail war mehr als pikant. Das Spiel begann ihn zu
interessieren. Mao liebte es, Fremde zu beobachten, und labte sich an ihrer
Unbedarftheit. Mal sehen, was ihm heute ins Netz gehen würde.
    Unter der 216 entdeckte Mao jemanden, der sich offensichtlich die
Zeit mit schlüpfrigen Filmen vertrieb. Seine Vorlieben gingen selbst ihm zu
weit. Nun, wem’s gefällt. Auch dies war sicher nicht die Beamtin im Schlepptau
von dem Arschkriecher. Mao probierte sämtliche Nummern bis 222 und amüsierte
sich über allerhand weitere Details seiner unwissenden Hotelnachbarn, unter
anderem zwei Kreditkartennummern inklusive der Sicherheitskennzahl und ein
prall gefülltes Bankkonto. Unter anderen Umständen hätte sich Mao davon
ablenken lassen, aber in diesem Fall ging das höhere Ziel vor, und er setzte
seine Jagd unbeirrt fort.
    Unter 192.168.105.228 fand er einen Anmeldebildschirm, der einen
vielversprechenden Eindruck machte: SLang289099, lautete der Benutzername. Das
sieht doch schon besser aus. Eine Buchstaben-Zahlen-Kombination, so machen es
die Profis. Wollen wir mal sehen. Er ließ ein selbst geschriebenes Programm die
gesamte Substanz eines deutschen und eines englischen Wörterbuchs als
Passwörter ausprobieren, ohne Erfolg. Ihm schwante, dass hinter diesem
Usernamen die brünette Ermittlerin stecken musste: So gekonnt schützten sehr
wenige Privatleute ihre Computer.
    Um sicherzugehen, suchte er noch eine halbe Stunde in den
IP-Adressen nach einem weiteren auffälligen Rechner, wurde aber nicht fündig.
Beinahe alle waren eindeutig dem Hotel zuzuordnen oder binnen Minuten zu
knacken. Es lief auf SLang289099 hinaus. Mit einem für Laien erschreckend
einfachen Befehl wandelte er ihre IP-Adresse in die MAC-Adresse um, die es ihm
jederzeit erlaubte, ihren Rechner zweifelsfrei zu identifizieren.
    Zum x-ten Mal überprüfte er das kleine Programm, das er auf ihren
Rechner überspielen würde, wenn sie sich bei ihm einloggte. Es war nur wenige
Kilobyte groß, und er konnte es als jedwedes Format tarnen. Sollte sie eine
Webseite aufrufen, würde er es als Bild ausgeben und ihr vorgaukeln, es sei ein
Teil der entsprechenden Seite. Ihr Browser würde es auf ihrer Festplatte brav
zu den anderen Dateien legen und ihm so ein unentdecktes Eigenleben gestatten.
Obwohl das Programm so klein war, enthielt es eine unschätzbar wertvolle
Funktion. Es übermittelte ihm jederzeit den aktuellen Standort und die
IP-Adresse des Rechners, auf dem es gespeichert war. Damit würde er den Rechner
aufspüren können, sobald er mit dem Internet verbunden war. Er wechselte zu
seinem »Sniffer«-Programm, in dem die langen Kolonnen über den Bildschirm
rauschten wie Wellen am Strand eines Ozeans, und lehnte sich zurück. Die Privatsphäre
von mittlerweile zwölf in seinem Honeypot verfangenen Hotelgästen breitete sich
auf dem digitalen Teppich vor seinen Augen aus, während er auf SLang289099
wartete.
    KAPITEL 20
    Paris, Hotel La Villa
    Tag 2: Dienstag, 8. Januar, 18:09 Uhr
    Dominique gewann zusehends Vertrauen in die Fähigkeiten
der ECSB. Das Labor hatte sogar eine halbe Stunde schneller gearbeitet,
momentan

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